Die „Neue Mühle“
- Unterwüsten Nr.
62 |
von Georg Heil, Lemgo |
„Es will
aber keiner anbeißen, weil ein jeder befürchtet, dass er als ein Bettler daraus lauffen müsste“. |
A.
Geschichte der "Neuen Mühle" |
Die
„Neue Mühle in der Wüsten“ ist im Jahre 1738 von Johan
Henrich Jungeblut in der Waldemeine errichtet worden. Die
von ihm aufgebrachten Baukosten gab Jungeblut mit 370 Rtlr.
an. Ein alter und verfallener Mühlteich war 1738 mit dem
sogenannten „Walcken Teich in der Unterwüsten“ bereits
vorhanden. Diese Ortsbezeichnung bewahrte die Erinnerung an
eine Walkenmühle, die das Salzufler Tuchmacheramt an diesem
Platz von etwa 1590 bis Ende des 17. Jahrhundert unterhalten
hatte. Neben der Wiederinbetriebnahme des Mühlenteiches hat
Jungeblut noch einen „Garten“ bei der Mühle „auf seine
Kosten ausgerottet“ |
Von
Beginn an fungierte die „Neue Mühle“ als „Herrschaftlichen
Mühle“. Im näheren Umkreis der „Neuen Mühle“ lagen zwar
mehrere Mühlen, die allesamt älter waren[1],
aber als Privatmühlen und adelige Mühlen nur eingeschränkt
für Fremde mahlen durften. Die Bewohner der Bauerschaften
Oberwüsten und Unterwüsten waren gezwungen ihren Roggen ohne
Ausnahme auf die „Neuen Mühle“ zu tragen. Neben dem
Mahlzwang hatten die Wüstener Untertanen als
Zwangsmahlgenossen der „Neuen Mühle“ ungemessene Hand- und
Spanndienste für die „Neue Mühle“ zu leisten. Die „Neuen
Mühle“ verteuerte das Brot der Zwangsmahlgenossen und
erhöhte die Einnahmen des Landesherrn, in dessen Kasse die
Mühlenpacht floss. Die Mühlendienste waren an verschiedenen
Anlässen zu leisten; bei Baumaßnahmen, Arbeiten am
Mühlenteich oder dem Anfahren von Mühlsteinen. Im Jahre 1780
führte das „Verzeichnis der Mühlendienste“ aus der
Bauerschaft Oberwüsten 2 Spanndienste und 44 Handdienste und
aus der Bauerschaft Unterwüsten 4 Spanndienste und 20
Handdienste auf. Spanndienste konnten nur die Kolonate
leisten, die über Pferd und Wagen verfügten. Die Dienste
hatte der herrschaftliche Müller bei der Amtsverwaltung zu
beantragen. Wenn diese zustimmte, oblag den Wüstener
Baurrichtern die Ladung zu den Diensten und die
Beaufsichtigung ihrer Ableistung. Geladen wurde in der
Reihenfolge, in der die Mühlendienstpflichtigen im
Dienstverzeichnung eingetragen waren. Zwangsmahlrecht und
Mühlendienste führten naturgemäß zu vielen Konflikten
zwischen den Beteiligten. So verbot 1748 der Amtmann Küster
auf Ersuchen des Müllers den zur „Neuen Mühle gehörigen
Mahlgenossen“, insbesondere Schemmel und Schalck im Sundern,
auf Mühlen im nahegelegenen „Brandenburgischen“ mahlen zu
lassen. |
Die von
Jungeblut errichtete Mühle verfügte über ein
oberschlächtiges Wasserrad und einen einfachen Mahlgang.
|
Bereits
1745 befand sich Jungeblut in wirtschaftlichen
Schwierigkeiten und wurde 1748 von der Mühle gesetzt. Mit
Jungbluts Entfernung aus dem Pachtkontrakt setzte eine Reihe
von Pächtern ein, die sich ebenfalls mit der Pacht der
„Neuen Mühle“ ruinierten. Bereits Jungebluts Nachfolger
Conrad Klueßmeyer, der im Mai 1748 die Mühle auf 6 Jahre
pachtete, musste diese schon Ende 1750 wieder aufgeben. Um
aus dem Pachtvertrag herauszukommen „überredete er“, so
stellte es jedenfalls sein Nachfolger dar, den Müller Cord
Henrich Huep, in seinen laufenden Pachtvertrag einzusteigen.
Besagter Huep, seit Ende 1750 Pächter, musste nach wenigen
Monaten im Februar 1751 der Rentkammer in Detmold mitteilen,
dass die Pacht von 110 Rtlr. jährlich von ihm auf der Mühle
nicht zu erwirtschaften sei. Als großes Hindernis die Mühle
wirtschaftlich zu führen, sah er den chronischen
Wassermangel an. Der Mühlteich verfügte über keinen
Wasserzulauf, sondern sammelte ausschließlich Wasser von
umliegenden Quellen. Huep schlug vor, das Wasser eines
kleinen, nahe der Mühle vorbeiführenden Baches in den
Mühlteich umzuleiten. Von diesem Zeitpunkt an sollte der
Wassermangel ein bleibendes Thema bis zur Aufgabe der „Neuen
Mühle“ sein und zu unterschiedlichsten Lösungsansätzen
führen. Im Februar 1751 verließ Huep die „Neue Mühle“ und
ging auf die von Wredesche Mühle auf dem Gut Steinbeck. Die
„Neue Mühle“ blieb monatelang pächterlos und verschlossen. |
Amtmann
Küster, von der Rentkammer angewiesen „einen tüchtigen und
sicheren Pächter“ ausfindig zu machen, konnte die Mühle im
November 1751 an einen Johann Christoph Pohlmann
verpachten, der jedoch wegen „Vermögenslosigkeit“ erst gar
nicht die Pacht antreten konnte, weil ihm, so Pohlmann, sein
Schwager Huttenmeyer aus Kalldorf (Kalletal) nicht, wie
versprochen, das Pachtgeld geliehen habe. Küster verlangte
deshalb im Dezember 1751, Pohlmann solle ins Gefängnis
eingeliefert werden. In einem Schreiben an die Rentkammer
urteilte Küster über Pohlmann: „Er schicket sich besser in
den Karren als in die Mühle, weil er sein Brodt und nicht
das Landesherrliche Interesse gesucht, sondern er sich nicht
erkühnet haben würde, eine Pacht anzutreten, die er seines
schlechten Vermögens halber nicht ausführen kann.“
Tatsächlich befand sich Pohlmann Mitte Dezember 1751 im
Gefängnis. |
Anlässlich der öffentlichen Versteigerung der Pacht am
11.12.1751 gab der noch gut bekannte Jungeblut mit 88 Rtlr.
das höchste Gebot ab und bekam tatsächlich den Zuschlag der
Pacht bis Ostern 1754. Aber bereits im Sommer 1752 war
Jungeblut erneut am Ende. Amtmann Küster schrieb an die
Rentkammer, Jungblut sei bankrott. „Nicht mehr ein Heller“
sei von ihm „zu erzwingen.“ Wenige Tage später legte Küster
nach: Jungeblut sei „dergestalt in Miserie gerathen, dass
man von ihm wenig oder gar nichts erpressen“ könne. Im
September 1752 schlug Küsters Nachfolger Amtmann
Wistinghausen vor, Jungeblut die Pacht zu nehmen, da er
neben allen anderen Schwierigkeiten zudem „seinen geringen
Verdienst versauffe.“ Am 10.10.1752 ist Jungeblut dann nach
Detmold in das Gefängnis transportiert worden. Ihm wurde
vorgeworfen eine Pachtschuld von 12 Rtlr. nicht beglichen zu
haben und er sollte nun „dieses Geld mit Handarbeit im
Zuchthaus verdienen“. Im Folgenden wurde Jungeblut zudem
gepfändet. Ende November 1752 schrieb er an seinen
Landesherrn: Amtmann Wistinghausen habe sein „wenig Zeug, so
(er) noch habe, ja sogar Bette und Lacken, wie auch (seiner)
Frauen Zeug, dass sie nichtemahl nach dem Gotteshauß gehen
kann, auf die Pfand gezogen“. Er beklagte, er könne mit
„Frau und Kindern bei der kalten Witterung nicht auf bloßem
Stroh schlafen“. Er könne als „blutarmer Mann die Pfande
nicht einlösen“. Schlussendlich bat er seinen Landesherrn
ihm „auß Landesväterlicher Barmherzigkeit die 12 Rtlr.
gnädigst zu erlassen“, damit er seine Sachen wiederbekomme.
Wenig später ordnete der Angerufene an, Jungeblut die „alten
Bette“ zurückzugeben. |
Einen
neuen Pächter zu finden gestaltete sich äußerst schwierig.
Amtmann Küster meinte im Juli 1752: „Es will aber keiner
anbeißen, weil ein jeder befürchtet, dass er als ein Bettler
daraus lauffen müsste.“ |
Anläßlich der öffentlichen Versteigerung
der Pacht am 17.Oktober 1752 gab ein Berend Henrich
Crutemeyer mit 80 Rtlr. das höchste Gebot ab und pachtete
die „Neue Mühle“. |
Aber
auch Crutemeyer scheiterte und unterverpachtete an Johan
Henrich zur Heide aus Wüsten. Obwohl der neue Amtmann
Detering bereits im Mai 1757 in Hinsicht auf zur Heides
wirtschaftlicher Lage bemerkte, es fände sich „bey gedachten
Müller bereits der Hinckende Bote ein“, wurde sie ihm 1758
auf volle 6 Jahre verpachtet, da er bei der Versteigerung
der Mühlenpacht mit 86 Rtlr. das höchste Gebot abgegeben
hatte. Bereits im folgenden Jahr berichtete das Amt Schötmar
der Rentkammer, „das Johanni-Quartal mögte noch wol von dem
zeitigen Müller zur Heide mit genauer Noht zu erpressen seyn,
allein weiter sehe (man) platterdings kein Auskommen damit,
und stehet der Kerl dem Vernehmen nach selbst im Begriff die
Mühle zu verlauffen“. Tatsächlich machte sich besagter zur
Heide wenige Tage später davon, so dass die „Neue Mühle“
wieder einmal mangels eines Pächters stillstand. Tage später
wurde zur Heide, die Tradition seiner Vorgänger nahtlos
fortsetzend, in Arrest genommen und Ende August in das
Gefängnis eingeliefert. Zur Heide verteidigte sich, er habe
die Mühle verlassen, „weilen (er) darinnen arm und zum
Bettler würde.“ Trotz seiner Not habe ihn der Amtmann wegen
Pachtrückstandes in Arrest genommen. Er bat die Rentkammer
dem Amtmann Detering aufzuerlegen, „mich in Ruhe und Frieden
zu lassen“. |
Ist es
schon erstaunlich, dass sich bei der öffentlichen
Versteigerung der Mühlepacht im Spätsommer 1759 überhaupt
Interessenten einfanden, so vermag der Chronist kaum
glauben, dass sich unter den Interessenten zwei Expächter
einfanden und kräftig mitboten, nämlich Crutemeyer und zur
Heide. Zur Heide gab zwar das höchste Gebot ab, man
entschloss sich jedoch die Pacht an Crutemeyer zu vergeben,
weil laut Amtmann Detering, Crutemeyere sich in der „Neuen
Mühle wohl gehalten“ habe. Am 13, September 1759 erhielt
Crutemeyer einen sechsjährigen Zeitpachtvertrag, der ihm
eine jährliche Pacht von 75 Rtlr. auferlegte. Nach Ablauf
der 6 Jahre ersteigerte der Müller Franz Bartold Kamp aus
Lemgo im Jahre 1765 die Pacht. Auch bei dieser Versteigerung
gab wiederum zur Heide das höchste Gebot ab, das aber nicht
weiter beachtet wurde. Allerdings stieg Kamp nicht in einen
Zeitpachtvertrag ein, sondern in einen Erbpachtvertrag, der
zeitlich unbegrenzt und vererbbar war. Infolge des
Erbpachtvertrages musste Kamp zusätzlich zur Pacht in Höhe
von 75 Rtlr. auf der „Neuen Mühle“ eine Herrschaftliche
Hundefütterungsstelle übernehmen. Er hatte also einen
herrschaftlichen Jagdhund zu ernähren und auf der Mühle zu
halten, der dann von den lippischen Förstern bei Bedarf
abgeholt und eingesetzt wurde. |
Um es gleich vorwegzunehmen, auch Kamp
landete wie seine Vorgänger im Gefängnis, allerdings nicht
wegen Bankrottes, sondern um dort 8 Tage wegen Ehebruchs
abzusitzen. Wirtschaftlich vollführte Kamp einen Tanz immer
knapp am Abgrund. Seit Anfang 1769 war regelmäßig von
Schwierigkeiten bei der Zahlung der Pacht die Rede. 1772
schlug Kamp vor, das Quellwasser, das auf einem benachbarten
Hof entsprang, in den Mühlteich zu leiten, um die ewige
Wassernot der „Neuen Mühle“ zu mildern. Kamps Ende kam im
Mai 1780, nachdem er dem Amtmann seine völlige
Mittellosigkeit mitteilen mußte. Allerdings war Kamp zugute
zu halten, dass er beträchtliche Verbesserungen an dem
Mühlenkolonat auf seine Kosten vorgenommen hatte und wohl
die ersten nennenswerten Reparaturen seit Errichtung der
Mühle. Er hatte 1777 das Mühlrad repariert und 1779 den
Mühlenteich mit Unterstützung von 48 Diensten der
Zwangsmahlgenossen aufgeräumt. Ferner hatte er den Radstuhl
erneuert. Er muß auch neue Mühlsteine angeschafft haben, da
er bei Pachtantritt 12 Zoll (ca. 29 cm) dicke Steine
vorgefunden hatte, aber beim Verlassen der Mühle 18 ½ Zoll
(ca. 45 cm) Steine vorgefunden wurden. Den Baumbestand hatte
er mit Obstbäumen und Weiden verbessert und einen neuen
Backofen angeschafft. Beim Abgang von der Mühle verlangte er
für die Mühlenverbesserung 13 Rtlr. und, „weil er nicht alle
Bäume mitnehmen durfte“ 2 Rtlr. für die Bäume. 1781 erhielt
Kamp zusätzlich 9 Rtlr. ausgezahlt. |
Noch 1780 ordnete die Rentkammer die
Neuverpachtung zu folgenden Bedingungen an, wobei man von
der Erbverpachtung wieder Abschied nahm: |
·
Zeitpachtvertrag auf 3, höchstens 6 Jahre.
·
Das Pachtgeld ist an Ostern und Michaelis an das
Schötmarsche Rentenregister zu zahlen.
·
Der Pächter zahlt eine Kaution in bar in Höhe der
Jahrespacht zu 4 % Zinsen oder reicht eine Bürgschaft ein.
·
Der Pächter hat beglaubigte Zeugnisse über seine
Kenntnisse im Mühlenwesen beizubringen.
·
Der Pächter darf die Mühle nicht auf andere
(Unterpächter) übertragen. · Die Mahlgenossen
dürfen nicht über das hergebrachte Malter beschwert
werden und der Müller darf nicht den einen oder anderen bei der
Abfertigung vorziehen. · Dem Pächter
stehen die hergebrachten Hand- und Spanndienste der
Mahlgenossen zu. · Die
herrschaftliche Hundefütterungsstelle bleibt bestehen. · Der Pächter hat
aufzupassen, dass die Mahlgenossen nicht im Ausland
mahlen lassen.
|
Aus der
öffentlichen Versteigerung am 23. Juni 1780 ging Caspar
Brinckmann, seines Zeichens Kötter auf dem im Amt Schötmar
belegenen Gut Bexten, mit einem Gebot von 86 Rtlr. als
Sieger hervor. Das Amt hielt ihn nicht für „besonders
kreditwürdig“ und seine Vermögensumstände seien „nicht die
besten“. Wenig später erklärte Brinckmann, er müsse die
Mühle mit „leeren Händen“ antreten, da er wegen Krankheit
eine „zur Arbeit unfähige Ehefrau“ habe. Er würde auf der
„Neuen Mühle in äußerste Dürftigkeit“ geraten, so dass er
die Pacht nicht aufbringen könne. Diese Aussage Brinckmanns
wirft ein leider viel zu seltenes Licht auf die Leistungen
der auf den Mühlen mitarbeitenden Ehefrauen und
Familienmitglieder. Da Brinckmann ein gültiges Gebot
abgegeben hatte, musste er zu allem Schaden auch noch die
Kosten für die neuerliche Verpachtung aufbringen. |
1783
wurde darüber nachgedacht, auf der „Neuen Mühle“ einen
Zweiten Mahlgang anzuschaffen. Das folgende abschlägige
Gutachten des Landesbaumeisters Teudt verhindert jedoch die
Ausführung. Er war der Überzeugung, dass dazu die vorhandene
Wassermenge nicht ausreiche. |
Nach
Ablauf der sechsjährigen Pacht äußerte Stratemann seinen
Willen die Pacht fortzusetzen, jedoch zu geänderten
Modalitäten. Er schrieb in einem Bittgesuch an den
Landesherrn: „Die in denen verfloßenen 6 Jahren aber
entrichtete Pachtgelder so schwer sind, daß ich für mein
Gesinde kaum den nothdürftigsten Lebens-Unterhalt oder etwas
Kleidung davon haben können, ohnerachtet ich mit meinen
Leuthen Nacht und Tag unermüdet darüber ausgewesen bin; Und
dann landkundig ist, daß Eüer Hochgräfliche Gnaden bei
Verpachtungen Höchsdero Domainen, daß gnädigst und tiefest
zu verehrende Principium habe, daß der Pächter doch so
einigermaßen Subsistiren und seyn übernommenes Locarium doch
ohne Seüfzen abtragen könne.“ Während Stratemann im
September 1786 noch erklärte, er wolle die Pacht weitere 6
Jahre verlängern, äußerte er sich wenig später dahin, dass
er die „Neue Mühle“ unterverpachten wolle. Als Unterpächter
benannte er einen Jobst (richtig – Johan Henrich) Schalck.
Dieser war sein Vetter und hatte eine Mühle im Amt Vlotho an
der Salze gelegen in Pacht. Anfang Oktober 1786 unterschrieb
Stratemann dann doch einen neuen sechsjährigen Pachtvertrag
(81 Rtlr. Pacht), nachdem er überraschend seinen Willen
erklärt hatte, weiter auf der „Neuen Mühle“ bleiben zu
wollen. Im März 1789 schließlich kehrte Stratemann der
„Neuen Mühle“ in Richtung Salzufler Stadtmühle den Rücken
zu, deren Pacht er Ostern 1789 antrat. Die Unterpacht der
„Neuen Mühle“ trat der bereits erwähnte Johan Henrich Schalk
an. Ein beim Amt Schötmar vorgelegtes Zeugnis attestierte
ihm, dass er bei dem „Königlichen Stadtmüller“ Reinert in
Vlotho als Knecht gearbeitet habe. |
Im
November 1789 erhielt Johan Henrich Schalk rückwirkend ab
Ostern 1789 einen zwölfjährigen Pachtvertrag, der ihn
verpflichtete eine Pacht von jährlich 84 Rtlr. zu zahlen.
Auch Schalk bemängelte bald die Wassernot der „Neuen Mühle“.
Alles was ihm blieb, war das regelmäßige „Aufräumen“ der
vorhandenen Quellen, um sie „in Gang“ zu halten. Noch vor
Ablauf der zwölfjährige Pachtzeit, verlängerte Schalk Ende
1799 die Pachtzeit um weitere 6 Jahre bis Ostern 1807. |
Im Juni
1802 meldeten sich beim Amt Schötmar der Pächter der
Langenbrücker Tormühle in Lemgo, Christopf Hahne und der
Müller Wilhelm Conrad Zurheiden, der auf der der „Neuen
Mühle“ benachbarten „Sparbrodts Mühle“ als Müller tätig war. |
Kurz vor
Ablauf seiner Pachtzeit, im Juni 1806, teilte Müller Schalck
mit, er wolle weiter die „Neue Mühle“ in Pacht behalten. Im
gleichen Schreiben schilderte er Gründe für die angespannte
wirtschaftliche Lage der „Neuen Mühle“. Zunächst einmal
müsse er sich der Konkurrenz von mehreren in der Nähe
gelegenen Mühlen erwehren (Gut Steinbeck, Sparbrodts Mühle,
Hofmühlen auf Brünings Hof und dem Paekenhofe, zwei Mühlen
auf dem Hofe Kiksmoeller). Auch private Gründe erwähnte
Schalck, wie häufige Krankheiten seiner Frau und den 7
Kindern, den Tod von 3 Kindern, der anhaltenden Krankheit
seiner Frau und den schlechten Zustand der Mühle, den er
seinen Vorgängern Kamp und Zurheide vorwarf. |
Ende
Juni 1806 wurde die erledigte Pacht öffentlich versteigert.
Den Zuschlag erhielt bei einem unglaublichen Gebot von 137
Rtlr. der Erbpachtmüller Johann Heinrich Müller von der
Humfelder „Bruchmühle“. Allerdings hatte er die Pacht nicht
für sich, sondern für seinen Bruder Johann Conrad Müller
ersteigert, der als Einlieger in Lieme wohnte. Von 1795 bis
Ostern 1803 hatte dieser die Mühle des Vollmeyers Jost in
Leese in Pacht gehabt. |
Nachdem sein Bruder eine
Schuldverschreibung geleistet hatte, konnte Johann Conrad
Müller im Frühjahr 1807 die Pacht der „Neuen Mühle“
übernehmen. Im Pachtvertrag erhielt der neue Pächter die
Erlaubnis eine Gerstenmühle („Schelde-Gersten-Mühle“)
anzulegen. Die Hundefütterungsstelle wurde gegen eine
jährliche Zahlung von 3 Rtlr. aufgehoben. |
Bereits
im August 1809 war auch Müller wirtschaftlich am Ende, was
bei einer Pacht von 137 Rtlr. wenig verwunderlich war.
Müller schrieb, die „Neue Mühle“ verfüge über so wenig
Wasser, dass sie nur 4 – 5 Stunden täglich in Betrieb
gesetzt werden könne. Aus diesem Grund habe er auch auf die
Anlage der Gerstenmühle verzichtet.[2]
Weiter klagte er über seinen schlechten Gesundheitsstand,
der ihn zwinge „fast immer das Bett zu hüten“. Er sei zu
arm, um einen Müllerburschen zu halten, weshalb seine
Ehefrau die Arbeit auf der Mühle verrichte. Das Gesuch um
Pachterlaß wurde jedoch von der Rentkammer abgelehnt. Anfang
Juni 1810 teilte Müllers Ehefrau den Tod ihres Mannes am
28.Mai mit. Sie bat gleichzeitig von der Mühlenpacht
entbunden zu werden, wollte also so schnell als möglich die
„Neue Mühle“ verlassen. Weiter berichtete sie, dass ihr
Ehemann in den letzten 4 Jahren vor seinem Ableben
arbeitsunfähig gewesen sei. Von den 7 Kindern des Paares
lebten 1810 nur noch zwei.
|
Im
Dezember 1810 gab bei der zweiten öffentlichen Versteigerung
der Kixmöller Franz Hollensteiner mit 101 Rtlr. das höchste
Gebot ab. Am 15. Februar 1811 erhielt er einen sechsjährigen
Pachtkontrakt. Des Schreibens unkundig malte er unter den
Vertrag drei Kreuze. Ende 1816 gab Hollensteiner mit 103
Rtlr. das höchste Gebot ab und konnte weitere 6 Jahre auf
der Mühle bleiben. Im Juli 1821 beschwerte er sich über eine
Verringerung des Betriebswassers. Er führte dies auf den
Umstand zurück, dass ein Teil der den Teich versorgenden
Quellen bisher auf der Gemeinheit gelegen hätten, die
nunmehr aber nach der Gemeinheitsteilung unter den Pflug
genommen worden sei. Dies hätte einige der Quellen verstopft
oder in andere Richtungen abgelenkt. |
1823
verlängerte Hollensteiner die Pacht um weitere 6 Jahre. Sein
Versuch die Pacht auf 87 Rtlr. zu drücken scheiterte
allerdings. Er musste einer Pacht von 105 Rtlr. zustimmen.
Allerdings wurde ihm die Hundefütterungsstelle und die
Kosten für kleinere Reparaturen erlasse, was die Pacht auf
etwa 96 Rtlr. absenkte. |
Im
Frühjahr 1825 wurde der Ton seiner Klagen hinsichtlich der
Pachthöhe dringlicher. Er gab an, bei Dürre in 24 Stunden 8
Scheffel vermahlen zu können (ca. 324 kg Roggen); bei
anhaltener Nässe dagegen 10 Scheffel (ca. 405 kg).[3] Davon,
so Hollensteiner, könne er bei einer Pacht von 105 Rtlr.
nicht leben. In einem Schreiben an die Rentkammer vom Mai
1825 bemühte Hollensteiner sich noch einmal seine schlechte
wirtschaftliche Lage drastisch zu schildern: „Ich habe
während des ganzen Winters mit allen meinen Hausgenossen
fortwährend gesponnen, um meine Pacht zu erschwingen und für
mich und meine 5 Kinder Brot zu haben. Daß ich mir redlich
angelegen seyn lasse, durch die Welt zu kommen, darüber
würde auch schon ein Bericht des Amts Schötmar Zeugniß
ablegen. In meinen jetzigen Hülflosen Tage haben vor einigen
Tagen schon die Unterbedienten angefangen, meine Mobilien
aufzuschreiben, und sind nur durch Vorstellung vorläufig zum
Einhalten bewogen worden, daß ich mich wiederholt an diese
hohe Behörde wenden zu wollen. Durch strenge Maßregeln würde
der Ruin einer ganzen Familie herbeigeführt werden und bitte
ich Hochfürstliche Rentkammer so dringend als unterthänig
mir die Pacht für dieses Jahr teilweise zu erlassen, den
anderen Theil aber zu stunden.“ Tatsächlich wurden
Hollensteiner für das Jahr 1825 20 Rtlr. Pacht erlassen. Im
Frühjahr 1829 und 1832 wurde Hollensteiners Pacht um jeweils
3 Jahre verlängert. |
Im März 1832 prüfte man, wie das Wasser
des „Steinbecker Mühlenbaches“ für die „Neue Mühle“ nutzbar
gemacht werden könnte. Man plante der Mühle das Bachwasser
mittelst einer 500 Fuß (ca. 160 m) langen Wasserleitung
zuzuführen, die z.T. unterirdisch verlaufen sollte.[4]
|
Bei der
öffentlichen Pachtversteigerung im Januar 1833 erhielt der
Müller Hahne aus Wendlinghausen den Zuschlag. Mitgeboten
hatte auch der vom Kolonat Nr. 60 in Oberwüsten stammende
Johann Bernd Boberg. Da Hahn einen Rückzieher machte, ging
die Pacht in Höhe von 111 Rtlr. an Boberg. Er hatte zuvor
die nahegelegenen Mühlen auf Brüningmeiershof und Kixmöllers
Mühle in Pacht gehabt. Boberg betrieb die Mühle jedoch nicht
selbst, sondern unterverpachtete sie an einen Johan Henrich
Schukmann, über den weiter nichts bekannt ist. Bereits im
September 1834 mußte Boberg um Pachterlaß bitten und gab
nach 3 Jahren die „Neue Mühle“ auf. |
Ihm
folgte 1836 der Müller Deppe, der bis Ostern 1835 die Mühle
auf dem Gut Steinbeck gepachtet hatte. Er übernahm die „Neue
Mühle“ in Erbpacht. Der Erbpachtbrief wurde am 26.Februar
1836 ausgestellt. In ihm verpflichtete sich Deppe zur
Übernahme einer Pacht von 105 Rtlr. Zusätzlich wollte er 30
Rtlr. übernehmen, wenn der „Wüstener Mühlenbach“ abgeleitet
werden dürfte. Deppe kam also wieder auf den Plan einer
besseren Wasserversorgung der „Neuen Mühle“ durch Ableitung
eines Wasserlaufes zurück. Nach vielen Jahren erfolgloser
Bemühungen gab Deppe im Juli 1851 diesen Plan endgültig auf.
Gescheitert war er an der fehlenden Zustimmung der dem
Mühlenkolonat benachbarten Kolonen, insbesondere Kolon „Pauk
oder Lambracht“. Deppe bezeichnete Lambracht gegenüber dem
Amt Schötmar als seinen „Hauptgegner“ in dieser Sache. |
Für den
weiteren Verlauf der Dinge waren zwei weitere Abschnitte im
Erbvertrag von 1836 bedeutsam, in dem festgehalten wurde,
dass die Erbpacht nach Deppes Tod an den von ihm „an
Kindesstatt angenommenen, jetzt dreijährigen Schwestersohn
August Busekros und dessen Ehefrau“ fallen sollte und das
Deppe das Recht bekam, „auf dem Mühlengrund eine Rossölmühle
anzulegen“ oder „nach seiner Auswahl eine Windoelmühle“. |
Bereits
Ende 1836 suchte Deppe um Genehmigung zum Bau einer
Windmühle nach. Der Mühlteich enthalte so wenig Wasser, dass
er täglich nur 6 Stunden mahlen könne. Der Grund und Boden
der „Neuen Mühle“ eigne sich nicht zur Anlage einer Mühle.
Er habe deshalb ein Grundstück in Oberwüsten auf dem Boberg
erworben, um dort eine Windmühle zu errichten, deren
Mahlgang die „Neue Mühle“ ablösen sollte. Die „Neue Mühle“
wollte er zu einer Ölmühle umbauen. Im Mai 1837 hatte Deppe
auf dem neuen Grundstück bereits ein Haus errichtet. Im Juni
1837 erteilte die Rentkammer die Erlaubnis zum Bau der
Windmühle auf dem Neuen Grundstück, das die Kolonatsnummer
73 erhielt. Zu diesem Zeitpunkt war der Windmühlenbau
bereits abgeschlossen. Wahrscheinlich 1842 ist Deppe auf das
Windmühlengrundstück auf den Boberg gezogen. Im Juni 1842
unterverpachtete er die „Neue Mühle“ an den Müller Ernst
Vietmeier aus Büllinghausen. Zu Vietmeiers Pachtzeit haben
er oder Deppe auf der „Neuen Mühle“ eine Ölmühle angelegt.
Diese wird 1856 erstmalig erwähnt. Im Februar des selben
Jahres suchte Deppe um Pachterlaß nach. Er schrieb, die
„Neue Mühle“ habe er nach Pachtantritt umbauen lassen und
die „ganze Mühleneinrichtung“ neu erstellen lasssen. Das
habe ihm etwa 2000 Rtlr. gekostet. |
Im
September 1848 löste der Müller Karl Rahm Vietmeier als
Unterpächter ab. |
Im
Januar 1852 wollte Deppe die Erbpacht der „Neuen Mühle“ zu
Ungunsten seines Neffen Busekros auf Rehm übertragen lassen.
Busekros war um 1848 nach Amerika ausgewandert und hatte auf
sein Erbrecht verzichtet. Deppe, der sich als alt und
gebrechlich bezeichnete, wollte und konnte die „Neue Mühle“
nicht mehr selbst betreiben. So erschien er beim Amt
Schötmar und beantragte, „das sein Schwestersohn, August
Busekros, welcher ihn ruchlos verlassen, zugestandene
Erbrecht auf den miterschienenen Müller Karl Rahm und dessen
eheliche Desindenz zu übertragen."[5] Anfang 1854 löste
Deppe den Erbpachtkanon der „Neuen Mühle“ ab, die damit in
seinen Privatbesitz überging und ihre herrschaftlichen
Rechte damit endgültig verlor. Zu diesem Zeitpunkt war die
„Neue Mühle“ bereits stark verschuldet. Noch im gleichen
Jahr verkaufte Deppe die „Neue Mühle“ an seinen
Schwiegersohn, den Müller Meier,[6] der seit 1853 die „Neue
Mühle“ betrieb. Einen Kaufpreis entrichtete Meier nicht,
sondern übernahm die auf dem Kolonat ruhenden Schulden, ein
großer Fehler, wie sich bald herausstellen sollte. Aber das
ist eine andere Geschichte. |
1856
erhielt Meier die Konzession zur Anlage eines
Weizenmahlganges, den er anstelle der vorgefundenen Ölmühle
anlegte. Wie seine Vorgänger dachte auch Meier über eine
Lösung des Betriebswasserproblems der „Neuen Mühle“ nach.
Dabei ging er ganz neue Wege, indem er sich die Windkraft
nützlich machen wollte.1858 reichte er beim Amt eine
Handzeichnung zur „Anlegung eines Windmühlenflügels“ zur
Genehmigung ein. Die von ihm im folgenden erbaute Anlage
erfüllte jedoch nicht die in sie gesetzten Hoffnungen, so
dass er sie 1859 wieder abbaute.[7] 1866 äußerte Meier dann
die Absicht neben der „Neuen Mühle“ eine „kleine Windmühle“
anzulegen. Der steinerne Turm für diese Windmühle stand zur
Zeit des Antrages bereits. Bei der „kleinen Windmühle“
handelte es sich um einen sogenannten „Windfang“, der mit
seinen Windmühlenflügel die Windkraft einfing und diese
mittels eines Gestänges in die „Neue Mühle“ übertrug. Der
Müller konnte so in der „Neuen Mühle“ wahlweise die
Mahlgänge mit Windkraft oder Wasserkraft betreiben. Ende
1866 war der Windfang bereits in Betrieb. __________________________ |
[1]
Dies erklärt den Namen „Neue Mühle“. |
[2]
Auch hier fragt sich der Chronist, ob es denn nicht Brauch
war, vor Abgabe eines Gebotes das Objekt der Begierde genau
zu besehen. |
[3]
Bei einer Matte von 1/24 blieben Hollensteiner täglich 13,5
kg bzw. 16,9 kg Roggen. Davon mussten er und seine
Angehörigen Leben und die Pacht entrichten. Weiter gibt
Müller Hollensteiner an, dass 2/3 des Getreides „Bakkekorn“
sei und 1/3 „Schrotkorn“. |
[4]
Dieser projektierte Wasserzulauf ist auf der Abb. 3 zu
erkennen, dort als „Röhrenfahrt“ bzw. „Wasser Kanal“
bezeichnet. |
[5]
August Busekros soll laut Deppe keine Verbindung mehr zu ihm
unterhalten haben. Busekros, der sich in Amerika angesiedelt
und geheiratet habe, sollen Mutter und Geschwister auf
seinen Wunsch nachgereist sein. |
[6]
Johann Heinrich Meyer war mit Auguste Sophie Friederike geb.
Rethemeier verheiratet, die Erbpachtmüller Deppe adoptiert
hatte. |
[7]
Von dieser einmaligen Maschine wird im Folgenden noch zu
berichten sein. |
|
B.
Das Kolonat „Neue Mühle“ – Unterwüsten Nr. 62 |
Das
Kolonat „Neue Mühle“ ist im Jahre 1738 auf der Unterwüstener
Gemeinheitsflur „Hohlengründen“ von Johan Henrich Jungeblut
gegründet worden. Auf dem Gelände bestand von etwa 1590 bis
in die zweite Hälfte des 17. Jahrhunderts[8]
eine vom Salzufler „Wandt- oder Tuchmacher Ambt“, betriebene
Walkenmühle. Bei Gründung der „Neuen Mühle“ war dieser alter
Mühlteich noch vorhanden[9],
den Jungblut wieder hergerichtet hat. Neben dem eigentlichen
Mühlengrundstück[10]
kam noch ein „Garten“ hinzu, den Jungblut vom
Gemeinheitsgrund ausgegrenzt und „ausgerottet“ hatte.[11]
Den Gemeinheitsgrund ausgewiesen hatte ihm die Stadt Ufeln.[12]
Neben dem Mühlenbetrieb hielten Müller, wie alle lippischen
Kolonate, Nutztiere, zogen Gemüse und Kräuter im Garten,
hegten Obst- und Nutzbäume und bauten ein wenig Getreide an
|
1781
werden im Inventar 38 Weiden und 9 Kirschbäume aufgezählt,
die sich „bei der Mühle herum befinden.“ Der Garten war mit
einer „lebendigen Hecke“ eingefriedet und besaß als Zugang
„eine Thür von zwei Eichenbrettern“ und „zwei Ständern“.
|
|
Abb. 1[13] |
|
An Hudeberechtigung besaß die „Neue
Mühle“ das Recht eine Kuh auf die Gemeinheiten „In dem
Hohlen Gründen“ und auf der „Untern Waldemeine““ treiben zu
dürfen. Ohne diese Hudeberechtigung hätte auf dem
Mühlenkolonat keine Kuh gehalten werden können, da es neben
den kleinen Weidenflächen, die sich im wesentlichen oberhalb
des Mühlteiches befanden[16], über
keine weiteren Weidenflächen verfügte. |
Mehrmals berichten die Quellen, dass die
Bewohner des Mühlenkolonats Leinen (Garn oder Tuch)
verfertigten. Dazu war die Verfügung über Flachsrotten
unentbehrlich. Die zur „Neuen Mühle“ gehörende Flachsrotte
befand sich wohl südwestlich der Mühle neben dem Weg, der
von der Vlothoer Straße zur Mühle führte. Am westlichen
Wegesrand lag eine Reihe von Flachsrotten.[17] |
|
Abb. 2[18] |
Ferner
hatte das Mühlenkolonat die Berechtigung zu „einem Fußsteig
vor Lambrachts Felde nach der Mühle in einer Breite von 4
Fuß“ (1,16 m).[19]
Dieses Wegerecht war für die „Neue Mühle“ von eminenter
Wichtigkeit, da der Großteil der Mahlkunden, die nicht den
Weg über die Waldemeine nahmen, diesen Zuweg zur Mühle
nahmen. |
Weiter
wird im Pachtkontrakt von 1833 das Recht zum „Torfstich am
Vierenberg“ erwähnt.[20] |
Mit der
Gemeinheitsteilung, die in Unterwüsten im Jahre 1832
abgeschlossen war, verlor das Mühlenkolonat seine
Hudeberechtigung. Zur Kompensation erhielt es den Großteil
der zwischen dem Weg zur Waldemeine und dem Mühlgarten
liegenden und mit Flachsrotten besetzten Fläche.[21]
|
Weiter wurden bis 1832 zwei kleine
Grundstücke von den benachbarten Kolonaten zur Vergrößerung
des Mühlenkolonats angekauft.[22] |
Im April
1833 sind dann als Abschluss der Gemeinheitsteilung die
Grundstücke des Mühlenkolonats neu vermessen und mit „Gränzsteinen“
besetzt worden. Zu diesem Zweck wurde „ein Fuder Gränzsteine
aus dem Steinbruche Firnberg nach der neuen Mühle“ gefahren.
Die bei dieser Gelegenheit angefertigte Karte (Abb. 3)
verzeichnet neben den zur „Neuen Mühle“ gehörenden
Grundstücken auch alle neu gesetzten Grenzsteine. |
|
Abb. 3[23] |
1833
standen auf dem Mühlenkolonat 26 Kernobstbäume, 34
Zwetschgenbäume, 6 weitere „nicht tragbare“ Zwetschgenbäume,
21 kleine Zwetschgenbäume, 16 Kirschbäume, 6 „nicht
tragbare“ Kirschbäume, 126 Weiden, 11 junge Eichen, 10 ½
Ruthen Hecke - teils Weisdorn (ca. 46 m), 5 ¼ Ruthen Hecke
(ca. 24 m) – gemischter Holzart mit vielen Lücken. Weiter
verfügte das Kolonat über 3 Spint (1287 qm) Saat „auf dem
neuen Lande mit Erde überschoben"[24], 3 Spint mit Roggen
bestellt, Klee 1 ¼ Einsaat, Mühle und Garten von 2 Scheffel
und drei kleine Plätze bei der Mühle, Fischerei im
Mühlenteich. |
Ein
Inventar aus dem Jahre 1836 gibt folgende Teich- und
Grundstücksgrößen an: |
Mühlteich |
2 Scheffelsaat 5 Ruthen (einschließlich
angrenzender Wiesen) |
= 3540 qm |
Baumhof |
6 Metzen |
= 1782 qm |
Gemüsegarten |
2 Scheffelsaat 1 Metze |
= 3648 qm |
Mühlenhof |
6 Metzen 6 Ruthen |
= 1416 qm |
|
__________________________ |
[8]
Letztmalig 1669 erwähnt. (StADt L 24 Salzuflen Nr. 99). |
[9]
„Bei
dem sogenannten Walckenteiche vor der Wüsten“. |
[10] Mühlengrundstücke mussten
mindestens so groß sein, dass Platz vorhanden war, um die
Mühlsteine zum „Strahlen“ ablegen zu können. Die
Müllerterminologie versteht unter „Strahlen“ das Schärfen
der Mühlsteine, eine Arbeit die von den Müllern regelmäßig
vorgenommen werden musste. |
[11]
Auf
der Situationskarte von 1833 (Abb. 1) ist der Garten ein
Teil des unter „C“ „Gemüsegarten“ eingetragen Grundstückes.
Er lag westlich der Mühle. |
[12]
1752 schrieb Jungblut, dass ihm die Herrichtung des Gartens,
den er als „Küchengarten“ nutzte, über 80 Rtlr. gekostet
habe. |
[13]
StADt
L 92 C Tit. 8 Amt Schoetmar Nr. 20. Die Zeichnung ist nicht
genordet, sondern Norden liegt unten. |
[14]Tiesmeier besaß ein großes Ackerstück, das südlich an den
Mühlengarten anschloss. |
[15]
Die Abbildung 1 verzeichnet den „Baumgarten“ unter „B“. |
[16]
Die Abbildung 1 verzeichnet diese Flächen unter „A“. |
[17] Die Abbildung 2 verzeichnet die Flachsrotten unter „B“
und „S“. |
[18] Die Karte ist genordet. |
[19]
Das Kolonat Lambracht Nr. 40 lag östlich der „Neuen Mühle“.
Der Garten des Lambrachtschen Kolonats grenzte an das
Mühlenkolonat (vgl. Abb. 3). |
[20]
Weiter wird zum Torfstich am Vierenberg bemerkt: Er halte
„auf der ganzen 86 Scheffel“. |
[21]
Die Abbildung 2 verzeichnet diese Fläche unter „B“. sie hat
eine Fläche von etwa 6 Metzen (ca. 1300 qm). |
[22]
Abbildung 2 verzeichnet diese, östlich der Mühle gelegenen
Flächen unter „a“ und „b“. |
[23]
Norden ist unten. |
[24] Es handelt sich um ein durch Melioration gewonnenes
Grundstück, vermutlich handelt es sich um das durch die
Gemeinheitsteil gewonnene Grundstück. |
|
C. Mühlengebäude und Nebengebäude |
Das
Mühlengebäude ist 1738 errichtet worden. Der Begründer der
Mühle, Johan Henrich Jungeblut, hat nicht nur an den
Bauarbeiten teilgenommen, sondern auch die Baukosten in Höhe
von 370 Rtlr. finanziert[25].
Die Baumaterialien sind ihm vom Amt Schötmar unendgeldlich
zur Verfügung gestellt worden, da die Mühle ja den
Rechtsstatus der „Herrschaftlichen Mühle“ besaß. Im
Mühlengebäude waren neben dem Mühlenwerk die Wohnung der
Müllerfamilie, ein Backofen, der an die westliche
Traufenseite angelehnt war[26],
sowie ein Schweinestall im Gebäude und ein zweiter außen an
das Gebäude angebaut worden. Schweine sind auf allen Mühlen
des Landes gehalten worden, weil sie sehr gut mit den auf
den Mühlen anfallenden Mehl- und Getreideresten gefüttert
werden konnten. Da die Müller ihre Schweine gerne frei in
und an den Mühlen herumlaufen ließen, die Schweine konnten
so das in den Mühlen anfallende Staubmehl auflecken,
verboten Mühlenordnungen häufig diese Praxis.[27]
Jahre nach Fertigstellung der Mühle hat Jungblut noch „eine
Stube und Bette Cammer angebauet“.
|
Das
Mühlengebäude lag dicht unterhalb des Mühlteichdammes mit
der Wasserseite, also der Seite wo das Wasserrad seinen
Platz hatte, nach Osten. An der östlichen Traufenseite war
das hölzerne Wasserrad vor der aus dem Westen kommenden
Witterung geschützt. Das Betriebswasser wurde mittels eines
kurzen hölzernen Gerennes auf das Mühlrad geleitet (vgl.
Abb. 4/ Foto 1). Aufgeführt war es komplett in Stein. Das
Mühlengebäude war 32 ½ Fuß lang (9,43 m), 29 Fuß breit (8,41
m) und 13 ½ Fuß hoch (3,92 m); womit es eine Grundfläche von
weniger als 80 qm besaß. Das Walmdach war mit Hohlziegeln
belegt. |
|
Abb. 4[28] |
Auf den
knapp 160 qm, die Keller und Erdgeschoß aufwiesen, waren die
Mühle, die Müllerwohnung, Kuh- und Schweinestall
untergebracht. Bedenkt man, dass, um ein Beispiel zu nennen,
der Müller Schalk mit Ehefrau und 7 Kindern in der Mühle
gelebt hat, kann man erahnen, wie die Lebensbedingungen auf
der „Neuen Mühle“ beschaffen waren. 1780 wird erwähnt, dass
sich „unten“ in der Mühle ein Kuhstall von 3 „Ständen und
Tür“ befindet. Da zu dieser Zeit ein in der Mühle liegender
Schweinestall nicht mehr erwähnt wird, scheint dieser wegen
des Kuhstalles ausgelagert worden zu sein. 1780/81 wird dann
ein von Müller Kamp „neben der Mühle angelegter Stall von
Buchenholz“, erwähnt, der mit Stroh gedeckt war.Dieser
kleine „Stall“ hat offensichtlich nicht lange existiert,
denn 1807 wird eine „neuerbaute Scheune“ erwähnt. 1836 wird
die Größe dieses Fachwerkbaues wird mit 18 Fuß Länge (5,22
m), 18 Fuß Breite und 8 Fuß Höhe (2,32m) angegeben. Mit
einer Grundfläche von etwa 25 qm war das Stallgebäude
allerdings nicht sehr groß. Im Stallgebäude befanden sich so
auch nur eine Tenne und 3 Schweineställe. Die Kühe wurden
also auch weiterhin im Untergeschoß des Mühlengebäudes
aufgestellt. Die Karte von 1831 (Abb.4) zeigt, dass die
Scheune zwischen Garten und Mühle ihren Platz hatte. |
Folgen
wir nun den Männern, die im Februar 1781 ein Inventarium der
„Neuen Mühle“ aufstellten, bei ihrem Gang durch die Mühle,
wobei wir das Mahlwerk für eine spätere Darstellung noch
außen vor lassen[29]:
|
„Vom Damme gehet eine Treppe in die
Mühle, welche sieben von Sandsteinen gelegte Tritte mit
einer Lehne hat. Die obere Thür welche von daher in die
Mühle gehet, ist von Eichen Dielen mit einer Klinke und
Hängelse, auch zwei Hespen von Eisen.“ Wir gehen also vom
südlich der Mühle gelege-nen
Mühlendamm
herunter zur Mühle. Durch eine neben dem Flutkasten
(Flutgerinne) gelegenen Tür |
|
Abb. 5[30] |
gelangen wir auf das
Mühlenbett, auf dem sich der Mahlgang befindet. Vor dem
Mühlengerüst, das wir eine Treppe hinuntergehend verlassen
befinden sich die „Dehl(e)“. Ihr gegenüber liegt der
Backofen. Dieser „lieget durch die Wand außerhalb dem
Hauße“. Neben dem Backofen befindet sich „die untere Tür“.
Betritt man durch die „untere Tür“ die Mühle steht man in
der Küche. Links vom Eingang hinter „einer Thür von
Buchenholtz“ liegt eine Kammer, „darin ist ein Fenster mit
10 ganzen Scheiben“. Neben der Kammer „ist der Kuhstall ohne
Tür und Krippe. Das Loch was daran in der Wand ist, hat
weder Klappe noch Fenster.“ Um in die im Erdgeschoß liegende
Müllerwohnung zu gelangen, müssen wir zurück auf das
Mühlenbett, von dem eine Tür in die Wohnung führt. „Beim
Eingang in dieselbe zur rechten Hand ist ein Fenster mit 36
Scheiben … Gegen der Tür (d.h. gegenüber) ist das 2te
Fenster“ ebenfalls mit „36 Scheiben“. „Zur linken Hand ist
ein eiserner Ofen von 5 Platten (also ein Hinterlader), mit
2 Hand-Griffen und Schrauben."[31] „Ferner ist zur lincken
Hand im Winckel der Eingang in die Kammer … Das darin
befindliche Fenster hat 36 Scheiben[32]. Hinter dieser ist
noch eine kleine Kammer mit einer Eichen Thür … und zwei
Fenstern, davon jedes 6 Scheiben hat …"[33] Auf der anderen
Seite neben dem Schornstein befindet sich eine „kleine Kauer
mit einer Thür … und einem Fenster von 8 Scheiben.“ Es folgt
dann noch der von der Deele aus mittelst einer Treppe
erreichbare „Boden mit Dielen.“ Die Müllerfamilie verfügte
also über eine Wohnung von 4 kleinen Räumen, von denen einer
beheizbar war, eine Küche und eine „Kauer"[34]. Weiter wird
noch im Inventar vermerkt, das Dach sei „in schlechtem
Zustand, es regnet überall durch.“
|
|
Abb. 6 |
Ein
ausführliches Inventar aus dem Jahre 1836 erwähnt zusätzlich
eine „Rauchkammer“. |
Wie die
oben geschilderte wirtschaftliche Lage der „Neuen Mühle“
wohl hinreichend gezeigt haben wird, hatte das Gros der
Pächter kaum finanziellen Möglichkeiten, in den baulichen
Zustand des Mühlengebäudes zu investieren. Die Baumaßnahmen
nach 1738 sind deshalb auch schnell aufgeführt: |
Müller
Franz Kamp gab 1780 an, er habe das Backhaus („Bax“) neu
gebaut, „eine Kammer unter durch die Mühle neu machen
lassen, einen Schornstein und ein Fenster oben und eins
unten auf der Kammer“, ferner eine Tür „unten in der Mühlen
vor eine Kammer mit Hespen und Hacken“. |
Erst der
Pächter Deppe hat größere Arbeiten am Gebäude vornehmen
lassen, da es bei seinem Pachtantritt 1836 baufällig
gewesen sein soll. |
__________________________ |
[25] 1752 behauptete Jungblut
gegenüber der Rentkammer, der Bau der Mühle habe ihm „mehr
als 1000 Rtlr.“ gekostet. Von der Rentkammer anerkannt
wurden jedoch nur 379 Rtlr. |
[26] Der Backofen ist auf Abb.4
deutlich zu sehen. |
[27] Alte Volkslieder und Reime
betonen ab und an, dass die Müller die „fettesten Schweine“
besäßen. |
[28]
Norden ist unten. |
[29] Vergleiche Abbildung 5 und 6. |
[30]
Auf der Zeichnung ist Norden links. |
[31] Einem Inventarverzeichnis von 1836 ist zu entnehmen,
dass dieser Ofen 1822 „gegossen“ worden ist und die Form
eines „Kastens“ aufwies. Es war ein typischer
Hinterladeofen, der von außerhalb des Zimmers mit Brennholz
bedient wurde. |
[32] Einem Inventarverzeichnis von 1836 ist zu entnehmen,
dass diese Kammer als „Schlafstube“ diente. |
[33] Eine erstmals 1836 erwähnte „Rauchkammer“ lag über
dieser Kammer. |
[34] Herkunft von „kauern“ (hocken), also ein niedriger
Raum. |
|
D. Der Mühlteich |
Wie oben
geschildert war der Mühlteich wesentlich älter als die „Neue
Mühle“. Er lag südlich der Mühle und sammelt das Wasser von
den oberhalb des Teiches, auf Gemeinheitsgrund liegenden
Quellen (vergl. Abb.7). Die Fläche umfasste über 3000 qm.
Das vom Teich gesammelte Wasser reichte jedoch nicht aus,
die Mühle kontinuierlich mit Betriebswasser zu versorgen.
Der chronische Betriebswassermangel sorgte dafür, dass die
„Neue Mühle“ selten wirtschaftlich sinnvoll zu betreiben
war. |
|
Abb. 7[35] |
Die
Länge des Mühlendammes wird 1836 mit 300 Fuß (87 m) und die
Breite mit 18 Fuß (5,22 m) angegeben. |
Der
Mühlteich war bereits vor 1769 als „Fischteich“ verpachtet.
Der erste namentlich erwähnte Pächter war der „Obrist“ von
Donop. 1791 übernahm der „Amtsschreiber“ Falckmann die
Pacht, die er in der Folge mehrfach verlängerte. Im
September 1803 entstanden Streitigkeiten zwischen Müller
Schalck und Falckmann. Im besagten Monat machte Schalck den
Vorschlag, den Mühlteich als Fischteich zu nutzen. Deshalb
meldete sich wenig später Falckmann schriftlich bei der
Rentkammer und teilte mit, dass er den besagten Mühlteich
seit Jahren in Pacht habe. Die ganze Pachtzeit habe er den
Teich mit Forellen besetzt, aber beim Ausfischen sei der
Mühlteich „jedesmahl fast ganz leer gefunden“. Er habe
deshalb seit Jahren den Teich nicht mehr besetzt. Die
Amtsverwaltung teilte der Rentkammer mit, das Verhalten des
Müllers „hat bewürket, dass kein Dritter zur Pachtung des
Teiches Lust behalten hat“. Aus diesem Grunde solle man an
Müller Schalck verpachten. Im Februar 1807, nach Ende der
Pachtzeit von Falckmann, übernahm Schalck den Mühlteich in
Pacht. |
Letztmalig wird die Mühlteichpacht im März 1807 erwähnt. |
Auf der
Karte von 1831 (Abb.7) ist am nord-östlichen Teichufer ein
„Bleichplatz“ eingezeichnet. Der Bleichplatz lag am
Mühlteich, da zum Bleichen von Leintuch viel Wasser
gebraucht wurde. Wer hier sein Leinen gebleicht hat geht aus
den gesichteten Archivalien nicht hervor. Da er aber an den
Garten des Kolonats Stuckmann Nr. 36 anschloss, ist
anzunehmen, dass er zu diesem Kolonat gehörte. |
__________________________ |
[35]
Norden ist unten. |
|
E. Die Mühle |
Die
„Neue Mühle“ hatte eine recht simple Mühlentechnik, die
schnell beschrieben ist.[36] Das Mühlengebäude lag
unmittelbar hinter dem Mühlendamm (vergl. Abb. 8), so dass
das Betriebswasser mittels eines kurzen Gerennes auf das
Wasserrad geleitet werden konnte. Das oberschlächtige
Wasserrad trieb über Mühlenwelle, Kammrad, Stockgetriebe,
Mühleisen und die in den Läuferstein eingelassene Haue,
einen einfachen Roggenmahlgang an, auf dem Roggen geschrotet
und zu Mehl ausmahlen werden konnte. Kleie, Roggenschrot und
Roggenmehl dienten der Ernährung von Vieh und Mensch. Das
Mühlenbett mit dem Mahlgang lag im südlichen Bereich des
Mühlengebäudes. |
|
Abb. 8 |
Im Jahre
1781 waren Mühlwerk und Mühlteich der „Neuen Mühle“
folgendermaßen beschaffen: |
-
Der
oberhalb der Mühle gelegene Mühlenteich mit Damm.
-
Am
Damm befindet sich ein „Mönch, welcher bei Wassergüssen
und Fischen zum Weglasssen des Wassers gebraucht wird.“
„Derselbe mit seinen Stau Brettern“ (vergl. Abb. 4/7)
-
Der
auf „dem Teichdamme befindliche Flutkasten von Eichen
Pösten“ der „beim Einschuß mit einem Gitter von Eichen
Latten versehen ist. Hieraus gehet eine Eichen Renne zum
Rade, aus einem Stück gehauen“. Mühlenrad mit Radstuhl.
Welle des Mahlganges. (21 Jahre alt) mit 4 eiserne
Bänder und zwei eisernen Zapfen.
-
„Vom
Damme gehet eine Treppe in die Mühle, welche sieben von
Sandsteinen gelegte Tritte mit einer Lehne hat. Die
obere Thür welche von daher in die Mühle gehet, ist von
Eichen Dielen mit einer Klinke und Hängelse, auch zwei
Hespen von Eisen.“
-
Das
Mühlenbett mit Eichendielen. Darauf eine gangbare Mühle.
Lagerstein, Läuferstein. „Beide sind ausländische
Steine.“ „Schlitten[37],
Kreutz, Schlitten-Schuh, Rump, und die mit 3 hölzernen
Bändern umgebende Büdde[38]“
(vergl. Abb. 5/9/10) Auf dem Mühlenbett ein „Matte
Kasten von Eichenholtz mit 2 eisernen Hespen und einer
Krampe zum Beschluß."[39]
Länge 4 Fuß 9 Zoll, Breite 2 Fuß, Höhe 1 ½ Fuß. „Er
stehet auf 4 Stehlen“. „An der rechten Seite beim
Eingange auf das Mühlenbette ist in der Mauer ein Loch
ohne Fenster oder sonstige Lade. Im Zoll-Kasten befindet
sich eine kupferne Mahl-Matte.[40]“
-
„Über dem Mühlenbette im Kamm – Hause ist ein Kamm-Rad“.
“Der Trieb mit zwei eisernen Bändern versehen ...
Triebbank und Stahl-Pfanne ... die Ahnewelle mit dem
Einzuge und Unterlager ... Lichtewerk[41]“.
-
„auf
der Dehl ist ein Mehl-Trog mit dem Beütel-Bret.[42]
|
|
Abb. 9 |
1786
werden die wichtigsten Maße des Mühlenwerkes wie folgt
wiedergegeben: |
Wasserrad 12 Fuß hoch (3,48 m) und 2 ½ Fuß breit (0,73 m);
Kammrad 7 Fuß hoch (2,03 m), Mühleisen („Spille“) 3 Fuß hoch
(0,87 m). |
Die
Länge der Mühlenwelle wird 1807 mit 20 Fuß (5,8 m)
angegeben. |
Zwischen
1836 und 1849 hat dann der Pächter Deppe nicht nur das
Mühlengebäude umbauen lassen, sondern auch die
„Mühleneinrichtung neu erstellen lassen“.[43]
Die Baukosten gab Deppe mit 2000 Rtlr. an.[44]
Es ist zu vermuten, dass Deppe anlässlich des Umbaues eine
Ölmühle hat einrichten lassen. Bereits 1854 wollte Deppe die
Ölmühle wieder abwerfen und stattdessen einen Weizenmahlgang
anlegen. Um 1856 ist der Weizenmahlgang dann in Betrieb
gegangen. Die Anlage des Weizenmahlganges bezeugt einen
Ernährungswandel der ländlichen Bevölkerung, die neben
Roggenbrot nun auch verstärkt feinere Weizenmehlprodukte wie
Weißbrot und Kuchen konsumierte. Die Menge des konsumierten
Roggenmehls war zusätzlich, sehr zum Bedauern der Müller,
durch den Kartoffelanbau gemindert worden. Eine
Handzeichnung des Pächters Meier aus dem Jahre 1858
(Abb.10) zeigt das in wesentlichen Teilen erneuerte
Mühlenwerk mit Kammrad, Stirnrad, Stockgetrieben und
Spillen, die die Roggen- bzw. Weizenmühle antreiben.
|
|
Abb. 10 |
Die
Handzeichnung von 1858 (vergl. Abb. 10/11/12) hatte Meier
allerdings für einen anderen Zweck angefertigt. Er wollte
die unbefriedigende Wasserkraft mittelst eines
„Windmühlenflügels zur Verstärkung des Getriebes“ durch
Windkraft kompensieren, da ihm die seit langem geplante
Wasserleitung als zu teuer erschien. Diesen
„Windmühlenflügel“ hat Meier nicht nur gezeichnet, sondern
in die Tat umgesetzt. Meier war, wie der Unterwüstener
Gemeindevorsteher 1858 schriftlich bezeugte, ein
„geschickter Mühlenbauer“. |
Meier
erläuterte seine Maschine folgendermaßen[45]:
„Diese stehende Welle könnte vor die Wasser Mühle herauf zu
stehen durch Boden und durch das Dach und oben gehen die
Flügeln. Das Stirnrad was unten auf der stehenden Welle
sitzt mit J bezeichnet fasst in das Stirnrad was die beiden
Mühlen zieht mit D bezeichnet.“„Diese stehende Welle mit
Stirnrad, Scheibe und Flügeln ist die Anlegung die ich wohl
mögte anlegen auf die Wassermühle wan es mir von der
Hochfürstlichen Kammer gestattet wird. Ich bitte Gehorsamst.“
|
Diese,
nach Wissen des Autors, in Lippe singuläre Maschine hat denn
auch nicht funktioniert. Das Amt Schötmar schrieb im Oktober
1859: „Der Müller Meier hat angezeigt, dass die Anlegung
eines Windmühlenflügels auf seiner Mühle, wie zu erwarten
unpraktisch sich ergeben hat und er denselben habe wegnehmen
müssen (und) auch neue Kosten zu einem weiteren Versuche
nicht verwenden möge“. |
Die in
Erwägung gezogene Anschaffung einer Locomobile „wie auf der
Salzufler Stadtmühle“ war Meier ebenfalls zu teuer. 1866 hat
Meier dann einen sogenannten “Windfang“ errichtet. Dies war
eine in Lippe bereits erprobte Technik (Öl- und Sägemühle
Klenke Hohenhausen und Getreidemühle Matorf). Auf einen
steinernen Turm (Foto 2/3/4) setzte Meier eine drehbare
Windmühlenhaube mittels der er die Windmühlenflügel in den
Wind stellen konnte. Ein Gestänge übertrug die Energie in
die Wassermühle, wo die beiden Mahlgänge dann angekoppelt
werden konnten. |
Weiter
ist über die Technikgeschichte der „Neuen Mühle“ nichts
bekannt. |
|
Abb. 11 |
|
Abb. 12 |
__________________________ |
[36] Vergl. Abbildung 7/ 8/9/10 |
[37] Im „Schlitten“ sind „Rumpf“ und „Schuh“ eingehängt (vergl.
Abb. 9). |
[38] „Büdde“ wurde die hölzerne Verkleidung des Mahlganges
genannt. |
[39] Hier füllte der Müller das gemattete Korn ein. |
[40] Die „Mahlmatte“ ist das Gefäß, mit dem der Müller die
„Matte“ ausgemessen hat. |
[41] Mit dem „Lichtewerk“ konnte der Müller den Läuferstein
vom Lagerstein abheben. |
[42]
Hier konnte der Müller feines Mehl aussieben oder „sichten“,
wie die Müller sagten. |
[43] Das umgebaute Mühlengebäude zeigt Foto 1. |
[44] Hierbei handelt es sich um eine beträchtliche Summe.
Zum Vergleich: nach dem Umbau nahm Deppe von seinem
Unterpächter eine Pacht von 120 Rtlr. jährlich. |
[45] Vergl. Abbildungen 10/11/12. |
|
F. Die „Neue Mühle“ auf Fotos |
|
Foto 1 |
Blick
von Nord/Ost auf die Wasserseite der „Neuen Mühle“ mit einem
hölzernen, oberschlächtigen Wasserrad. Offensichtlich ist
das Wasserrad nicht mehr in Betrieb, da das Gerenne oberhalb
des Wasserrades fehlt. Bei den abgebildeten Personen soll es
sich um Bewohner der „Neuen Mühle“ handeln. |
|
Foto 2 |
Blick
von Nord/Ost auf die „Neue Mühle“ von Süd-West. Links der
auf dem Mühlteichdamm stehende, 1866 erbaute Windfang. Er
besteht aus einem steinernen Turm, auf dem eine drehbare
Kappe aufliegt. Mit dem an der Kappe befestigten
Mühlenschwanz, der bis auf den Boden herunterreicht, können
Kappe und Flügel in den Wind gestellt werde. Rechts liegt
das Mühlengebäude. Der Blick fällt auf die östliche
Giebelwand (vor dem Umbau zwischen östliche Traufenseite)
und die nördliche Traufenseite.Vor dem Wasserrad steht der
an der hellen Kleidung erkennbare Müller. Das auf der
Zeichnung von 1832 (Abb. 8) und 1858 (Abb. 11) vorhandene
Walmdach ist nicht mehr vorhanden. Das Mühlengebäude scheint
auch vergrößert zu sein. |
Hinter
dem Mühlengebäude ist der Ostgiebel der Scheune zu erkennen. |
|
Foto 3 |
Blick
von Süden über den teilweise mit Schilf bewachsenen
Mühlteich auf die „Neue Mühle“ mit dem Windfang. Links von
der Mühle ist die Scheune zu sehen. |
|
Foto 4 |
Der Turm
des Windfanges der „Neuen Mühle“ im Jahre 2007. |
|
G. Pächter und Müller auf der „Neuen Mühle“ |
|
|
H. Resümee |
Die im
Jahre 1738 errichtete „Neue Mühle“ in Bad Salzuflen-Wüsten
war im Vergleich zu anderen Herrschaftlichen Mühlen in Lippe
klein und unbedeutend. Die in der Nähe gelegenen
konzessionierten Mühlen und die Privatmühle auf Gut
Steinbeck verfügten über ausreichend Kapazität, um die „Neue
Mühle“ mühelos ersetzen zu können. Motiviert war ihre
Gründung wohl durch die Absicht der Rentkammer auch im
östlichen Bereich des Amtes Schötmar die herrschaftliche
Matte erheben zu können und damit den von der Bevölkerung
konsumierten Roggen zu besteuern. Im Vergleich zur
herrschaftlichen Heerser Mühle bei Schötmar waren die
Erträge der „Neuen Mühle“ im Kassenbuch der Rentkammer
wesentlich geringer. Trotz ihrer geringen Bedeutung ist die
Beschäftigung mit der Geschichte der „Neuen Mühle“ lohnend,
da sie einige Besonderheiten aufweist. Da sind zum einen die
Versuche, die mangelnde Wasserkraft der „Neuen Mühle“ durch
Windkraft zu kompensieren. Der 1858 von Johann Heinrich
Meyer konstruierte „Windmühlenflügel“ stellt nach Wissen des
Autors eine einmalige technische Konstruktion dar. Der in
der Folge im Jahre 1866 von Meyer errichtete „Windfang“ war
lediglich auf zwei weiteren lippischen Mühlen zu finden. |
Weiter
zeigt die Geschichte der „Neuen Mühle“ am Schicksal vieler
Pächter auf, wie wenig wirtschaftliches Denken bis in das
19. Jahrhundert hinein in Bevölkerung und Verwaltung
ausgebildet war. Viele Motive mögen auf Seiten der Pächter
der „Neuen Mühle“ vorhanden gewesen sein, sich auf die Pacht
der „Neuen Mühle“ einzulassen, ökonomische können es auf
keinen Fall gewesen sein. Erst in der bisweilen äußerst
drastischen Praxis mussten viele verzweifelt zur Kenntnis
nehmen, dass auf der „Neue Mühle“, auch bei ehrlicher
Arbeit, das tägliche Brot nicht zu erwirtschaften war.
Armut, Not und Verzweiflung waren oft die Mitbewohner auf
der „Neuen Mühle“. Auf der anderen Seite ist das Verhalten
der beteiligten lippischen Verwaltungen bemerkenswert. Wo
sonst, wenn nicht hier, hätte zumindest obrigkeitliche
Fürsorge viele Pächter vor dem Ruin bewahren müssen. In der
Regel ist aber eine gnaden- und erbarmungslose Behandlung
der völlig verarmten und verzweifelten Pächter zu
konstatieren. Das Verwaltungshandeln war zumeist
ausschließlich auf die Herbeischaffung von Geld
ausgerichtet. |
Anhang I
Mühlenkonzession von 1738. Anhang II
Pachtvertrag von 1742 |
|