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Hofstätten in Oberwüsten
Hofstätten in Unterwüsten
   
   
   

Die alten Hausnummern

Auf den Dörfern und den Bauerschaften kannte im 16. und 17. Jahrhundert jeder jeden. Auch der Bauerrichter, der die Geldabgaben der Freien und Leibeigenen auf den Colonaten erhob, hatte eine Namensliste mit den zu entrichtenden Contributionen, die er an die Amtsvorsteher und Vögte abzuliefern hatte. Die Verwaltung dieser Gelder war unübersichtlich und wurde häufig von den Beamten zum Nachteil des Landes Lippe gehandhabt. Oder wie es in der Verordnung heißt: "... deren alte Benennung, zur schädlichsten Folge für die Lagerbücher und alle andere Register nicht verdunkeln, oder gar unausforschlich machen mögten; ..." Diese Vergabe von Hausnummern war nicht für den Bürger, sondern ausschließlich zur besseren Handhabung der Adminisration und zur leichteren Überprüfung. "Die Hebungen aber waren im allgemeinen ungenau und ungeordnet, eine scharfe Kontrolle war nicht vorhanden ... Die Beamten, die die Verhältnisse der Bewohner kannten, hatten bei der allgemeinen Geldknappheit ein Einsehen und  ließen sich auf Stundungen und dergl. ein, in manchen Fällen werden sie auch an sich gedacht haben." schreibt Bröker in seiner Arbeit.

In der Ergänzung der Verordnung von 1766, die am 14. September 1779 erschien, wird vorgeschrieben, dass die "Neubauer" eine "auf die letzte Nummer eines Straßenkötters" folgende Nummer erhalten soll, auch wenn ein "Halbmeiers, Groß- Mittel- oder Kleinkötters folgen werde". Diese Regelung der Nummernvergabe war bis in die 1950er Jahre in Kraft.

Bis die Hausnummern nach 1766 auch in den Wüstener Kirchenbüchern ihren Niederschlag fanden, dauerte es noch ein bis zwei Jahrzehnte. Aber sie erleichtern auch heute noch die Zuordnung der dort eingetragenen Bürger bei gleichen Familiennamen zu ihrer Familie sehr.

Wüsten bestand im 18. Jahrhundert aus den beiden Bauerschaften Ober- und Unterwüsten mit jeweils einem Bauerrichter und später getrennten Ortsvorstehern. In Ober- und Unterwüsten wurden somit getrennte Haus-nummern vergeben. In Oberwüsten Nr. 1 Kixmöller, Nr. 2 Drake, Nr. 3 Möller, beide auf dem Voßhagen, Nr. 4 Rasche, Nr. 5 Pecher usw. In Unterwüsten Nr. 1 Limberg an der Salze, später der Schwaghof in der Zeit, in der er zu Unterwüsten gehörte. Nr. 2 Schuckmann in Pehlen, Nr. 3 Meise, der später die Nr. 48 in Exter bekam, die freie Nr. 3 bekam Albertsmeier nach dem Gebietsaustausch mit Preußen, Nr. 4 Meierjohann  und Nr. 5 Thiesmeier in Hellerhausen, Nr. 6 Schemmel in Sundern usw. Das Rittergut Steinbeck bekam keine Hausnummer. Zu seinen Privilegien gehörte es keine Steuern bezahlen zu müssen. Steinbeck benötigte also keine Hausnummer.

Diese 1766 und in den späteren Jahren vergebenen Hausnummern hatten in Oberwüsten bis 1939 Bestand. In Unterwüsten sogar bis in die 1950er Jahre, bis unser Gemeindedirektor August Brinkmeier wegen der erhöhten Bautätigkeit und der Unübersichtlichkeit der Nummernvergabe, schrittweise Straßennamen einführte und Hausnummern  straßenweise vergab.

Im Jahr 1939 wurden die beiden Bauerschaften Ober- und Unterwüsten zu einer Dorfgemeinschaft verschmolzen. Alle Wohnhäuser in Oberwüsten bekamen neue Nummern von Nummer 165 aufwärts, in Unterwüsten wurden die alten Nummern beibehalten. Begonnen wurde an der Grenze zu Unterwüsten, etwa dort, wo heute das Schild "Historische Grenze" steht. Ausgenommen aus der Neunummerierung war der Hof Kixmöller (später Lohmeier, heute Stuckmann) mit der Nummer 1. Die Nummer 1 war in Unterwüsten frei und konnte somit beim größten Hof in Oberwüsten verbleiben.

Verordnung wegen Numerirung der Häuser, von 1766.

"... mit rother Farbe gezeichneten Vierek, weiß gesetzet werde."
Leider ist m.W. keines dieser Schilder oder gezeichneten Vierecke auf den Wüstener Höfen erhalten geblieben.







 
Verordnung wegen Numerirung der Häuser auf dem Lande, von 1779.

Verordnung wegen Numerirung der Häuser, von 1766.

Wir Simon August, Regierender Graf und Edler Herr zur Lippe, Souverain von Vianen und Ameyden, Erb-Burggraf zu Utrcht ec.
Wir Simon August, Regierender Graf und Edler Herr zur Lippe, Souverain von Vianen und Ameyden, Erb-Burggraf zu Utrcht ec. Nachdem Uns Unsere treu gehorsamste Stände unterthänig gebethen, daß Wir das Numeriren der Häuser auf dem platten Lande einführen zu lassen, geruhen mögten, damit die öfters mit denen Verordnungen der Besitzer zugleich geschehende Veränderungen des Namens der Güter, deren alte Benennung, zur schädlichsten Folge für die Lagerbücher und alle andere öffentliche Register nicht verdunkeln, oder gar unausforschlich machen mögten; und Wir dann, in Landesväterlicher Erwegung dieser vorgebrachten gründlichen Bewegursachen, dem geschehenen unterthänigsten Suchen wilfaret und gedachte Numerirung gnädigst beschlossen haben: so wollen wir hierdurch nicht nur die Art, auf welche sie geschehen, sondern auch den Gebrauch, der davon zu Erreichung des wahren Endzwecks gemacht werden sol, bestimmen und fest setzen
 

1.                   Sollen auf dem platten Lande in allen Fleken und Dörfern die contribuable Höfe und Häuser auf diese Art numeriret werden, dass die Ziffer in einem, nach dem es am füglichsten geschehen kann, entweder auf der rechten oder linken Seite der Hauptthür des ordentlichen Wohnhauses, oder über derselben mit rother Farbe gezeichneten Vierek, weiß gesetzet werde.

2.                   Sol diese Numerirung in jedem Flecken und jeder Baurschaft besonders, und zwar in jenen nach der ordentlichen Lage der Häuser und in diesen nach der hergebrachten Unterscheidung der Unterthanen in Amtsmeier, Freimeier, Volmeier, Halbmeier, Gros- Mittel- Klein- und Strassenkötter dergestalt geschehen, daß bei der größten Gattung angefangen, bei denen folgenden in der eben gesetzten Ordnung fortgefahren, bei mehreren von einer Gattung der höhere dem minderen im Contributions-Anschlag vorgezogen, und wenn dieser bei verschiedenen von einer Gattung ähnlich wäre, alsdenn ohne weitere Unterscheidung das Numeriren nach der Lage der Häuser fortgesetzt werde.

3.                   Sollen Droste und Beamte vor der wirklichen Numerirung, wie diese nach der eben erwehnten Ordnung geschehen müsse, festsezzen, und demnächst jemand zu deren Volziehung in Beiseyn eines Unterbedienten für einen billigen von jedem Eigenthümer gleich zu bezahlenden Lohn dingen.

4.                   Sollen Droste und Beamte bis zur künftigen Errichtung rectificirter Catastrorum in denen vorhandenen Lager- und Zahlbüchern einem jeden darin eingeführten contribunablen Hofe oder Hause die Zahl der jetzigen Numerirung beifügen, auch eben diese in allen künftigen Ehe- und andern Protocollen bei dem Namen der Partheien anführen, die Herrschaftliche Rechnungsführer aber nicht weniger solche in ihren Hebungs-Registern und Rechnungen denen Contribuenten vorsetzen. Drost und Beamte haben nun mit Volziehung dieser Numerirung sogleich den Anfang zu machen, wie sie geschehen und vollendet binnen zweien Monaten Uns unterthänigst zu berichten, und übrigens überhaupt diese Unsere Landesherrliche Verordnung genau zu erfüllen.

Gegeben auf Unsrer Residenz in Detmold den 13. May 1766.

Verordnung wegen Numerirung der Häuse auf dem Lande, von 1779.

Da seit Erlassung der Circular-Verordnung vom 13. May 1766 sich viele Unterthanen in den Aemtern und Vogteien dieser Grafschaft neu angebaut haben, deren Häuser noch mit keiner Numer versehen sind, dieser Mangel aber aus den in jener Verordnung angeführten Gründen abgestellet werden mus: so haben die Aemter zu veranstalten, daß nicht nur vor die Häuser der jetzt schon vorhandenen Neubauer, auf deren Kosten, die fortlaufende Numer der Bauerschaft wozu sie gehören, auf vorschriftsmäßig eingerichtete Vierekke [rote Grundfarbe, Hs. Nr. in weißer Farbe] gesetzet, sondern daß auch damit bei künftigen Anbauern fortgefahren werde; wie man es denn zu Vermeidung einer Verwirrung und Verwechslung der Numern vorerst geschehen lassen mus, daß die im 2ten § mehrerwehnter Verordnung bemerkte Unterscheidung der Unterthanen nicht beachtet, mithin in dieser oder jener Bauerschaft auf die letzte Numer eines Straßenkötter jetzt vielleicht die eines bei Colonatsvertheilungen sich neu angebaueten Halbmeiers, Gros-, Mittel- oder Kleinkötters folgen werde, welche Irregularität jedoch bei der nahe seyenden Berichtigung der Lagerbücher vielleicht wieder abgestellet werden kann. Bis dahin nun, daß solches geschiehet, sind die jetzige und künftige Neubauer unter die auf sie kommende Numern zu bringen, und ist nach volzogener Numerierung von den jetzt daseyenden Neubauern ein Verzeichnis einzusenden, auch von den künftigen der Catastrations-Commission jedesmal Nachricht zu geben, nach der nun nahen Ueberlieferung der Saalbücher an die Aemter aber die Eintragung darin von diesen selbst zu besorgen.

Detmold, den 14. Sept. 1779. Aus Gräfl. Lippischer Regierung daselbst.


Quellen: Dank an Hans-Dieter Hibbeln, der die Abschrift der Verordnungen zur Verfügung stellte.
  Landes-Verordnung der Grafschaft Lippe. Zweiter Band. Lemgo, gedruckt mit Meyerschen Schriften, 1871. Seite 216f.
  Ebenda. Seite 625.
  Bröker, Wilhelm: Die Grafschaft Lippe am Ende des 18. Jahrhunderts. Einführung in die lippische Staats- und Wirtschaftsgeschichte. Verlag C. Schenks Buchhandlung, Albert Luwe, Detmold, 1924.