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Simon August Nacke, geb. Schemmel
Gutsherr und Mitbegründer Grünaus
Von Stefan Wiesekopsieker |
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Simon August
Nacke,
geb. Schemmel
1860er Jahre |
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Juliane Nacke, geb. Meyer zu Büxten, Ehefrau des
Simon August Nacke, geb. Schemmel. |
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Inschrift an der früheren
Leibzucht des Hofes Nacke heute Vehrlingstraße 6,
mit einem Hinweis auf die Erbauer August Nacke. geb.
Schemmel und
Julie Nacke, geb. Meyer zu Büxten. |
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Simon August Schemmel (ab 1834 Nacke), der
Stammvater der heute auf dem Hof in Ehrsen
(Mittelstraße 19) ansässigen Familie Nacke, wurde am
10. April 1812 auf dem Hof Schemmel, Unterwüsten Nr.
6 (heute Bad Salzuflen-Wüsten, Sundern 1), geboren.
Er war das jüngste Kind des Gutsbesitzers Johann
Barthold Schemmel, geboren am 16. November 1768 und
verstorben am 2. August 1844, und seiner aus
Unterwüsten Nr. 7 (heute Bad Salzuflen-Wüsten,
Hellerhausen 2) stammenden Ehefrau Luise Charlotte
Friederike Sparbrodt, geboren am 3. März 1781 und
verstorben am 30. März 1853. Aus der am 26.
September 1801 in der Kirche zu Wüsten geschlossenen
Ehe waren fünf weitere Kinder hervorgegangen, und
zwar der als Säugling verstorbene Johann Friedrich
Wilhelm (1802-1802), der Hoferbe Philipp Wilhelm
(1803-1881), Christoph-Philipp (1805-1849),
verheirateter Hartig Meier an der Bega, Wilhelmine
Luise (1808-1889), verheiratete Brinkmeyer, Werl,
sowie der ebenfalls früh verstorbene Friedrich
Christoph (1810-1814). |
Als zuletzt geborener Sohn bestand für Simon August
Schemmel kaum eine realistische Aussicht, den
väterlichen Hof zu übernehmen. Aus diesem Grund
musste für ihn eine passende, d.h. wohlhabende
Braut, möglichst von einem anderen großen Hof,
gesucht werden. Für dieses Vorhaben kam Louise
Friederike Plöger (1807-?), die 1829 ein Kind von
dem selbst erst 17-jährigen Simon August erwartete,
freilich nicht in Frage; schließlich war sie
lediglich die Tochter eines auf verschiedenen
Wüstener Höfen tätigen Einliegers. „Wegen
Schwängerung“ wurde ihr daraufhin eine
Abfindungs-summe in Höhe von 95 Talern gezahlt, die
gemeinsame Tochter Louise Henriette (1829-1837)
starb noch im Kindesalter. Die Gelegenheit zur
Eheschließung ergab sich dann eher aus Zufall, wie
eine entsprechende in der Familie Nacke überlieferte
Anekdote zeigt. |
Henriette Friederike Wilhelmine Griemert
(1805-1835), die den Hof Nacke (damals Ehrsen-Breden
Nr. 2) von ihrer Tante geerbt hatte und sich von der
testamentarischen Bestimmung, einen Verwandten aus
der Familie Husemann, Wülfer, heiraten zu müssen,
1833 freigekauft hatte, hielt zu eben dieser Zeit
nach einem Ehepartner eigener Wahl Ausschau. „Sie
lud den ältesten Sohn des Vollmeiers Schemmel aus
Sundern nach Ehrsen ein. Dieser bewog seinen
jüngeren Bruder Simon August mitzukommen. Beide
fuhren mit einem prächtig aufgeputzten Gespann in
Ehrsen vor. Während der jüngere Bruder bei den
Pferden blieb, betrat der ältere das Haus. Er wurde
begrüßt, kurz gemustert und zum Platznehmen
aufgefordert. Obwohl sich beide über den Zweck des
Besuches im klaren waren, konnte Henriette
Friederike Wilhelmine ihre Enttäuschung nicht
verbergen, und sie schritt nachdenklich zum Fenster.
Als sie draußen den jüngeren Bruder bei den Pferden
erblickte, muß ihr Herz schneller geschlagen haben.
Auf die Erklärung des älteren, bei den Pferden warte
sein Bruder Simon August, entschied sie sich für
diesen.“ Soweit die Schilderung des
Familien-chronisten Hans Nacke-Erich (1910-1980). |
Tatsächlich kam es zur Eheschließung zwischen der sieben
Jahre älteren Erbin des Hofes Nacke in Ehrsen und dem
jüngsten Sohn des Hofes Schemmel in Unterwüsten, den man
landauf landab auch den „Roten Schemmel“ nannte. Mit dem
Tage ihrer Hochzeit, die am 7. November 1834 in der alten
Schötmaraner Kilianskirche stattfand, nahmen beide den Namen
Nacke an, der nach fast neun Jahren – so lange lag der Tod
der letzten Namensträgerin Nacke mittlerweile zurück –
„wiederbelebt“ wurde. Am selben Tag bescheinigten beide
Eheleute durch die Unterschrift mit ihrem neuen Namen dem
Vater bzw. Schwiegervater in Unterwüsten, dass dem Bräutigam
5.000 Taler, und zwar 3.000 in „Conventionsmünze“ und 2.000
„in grober preußischer Corant“, aber „nicht mit barem Gelde,
sondern mit ganz sicheren Obligationen als Brauthschatz
ausbezahlt“ worden sei. Die Ehe sollte jedoch nur von kurzer
Dauer sein: Am 28. Juli 1835 wurde dem Paar eine Tochter
geboren, die unmittelbar nach der Geburt starb. Die Mutter
sollte sich von den Strapazen der Geburt ebenfalls nicht
mehr erholen, sie verstarb am 20. November desselben Jahres
nach gerade einmal einjähriger Ehe. |
Nach kurzer Trauerzeit ging Simon August Nacke am 18. August
1836 eine zweite Ehe ein, und zwar mit Friederike Henriette
Juliane Meyer zu Büxten, geboren am 7. Oktober 1818 in
Lockhausen. Die Eltern der jungen Braut waren der
Gutsbesitzer Friedrich Meyer zu Büxten, geb. Meyer zu Vinnen
(1793-1863), aus Lockhausen (Lockhausen Nr. 6, heute Bad
Salzuflen-Lockhausen, Büxter Weg 43) und seine Frau
Friederike Henriette Brinkmeyer (1774-1858) aus Werl (Werl-Aspe
Nr. 1, heute Bad Salzuflen-Werl-Aspe, Am Meierhof 1). Aus
der über fünfzig Jahre währenden Ehe Simon August Nackes mit
Juliane Büxten gingen acht Kinder hervor, von denen sieben
das Erwachsenenalter erreichten und die Familie vor einem
abermaligen Aussterben bewahren sollten: Albrecht
(1837-1842), Wilhelm (1839-1911), Eduard (1841-1908), Robert
(1843-1913), Meta (1846-1913), Alwine (1849-1896), Auguste
(1854-1917) und Albrecht (1855-1941). |
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Wohnhaus
auf Hof Nacke. Aquarell von Hedwig Müffelmann, 1892. |
In der mündlichen Überlieferung der Familie Nacke
haben sich einige Nachrichten über äußerliche
Merkmale bzw. Charaktereigenschaften der Stammeltern
erhalten, die von früheren Chronisten notiert worden
sind. So weiß Hans Nacke-Erich über seinen Vorfahren
Simon August Folgendes zu berichten: „Simon August
war von stattlicher Figur, ein tüchtiger Landwirt,
ein großer Pferdefreund. Er besaß enorme Kräfte und
konnte mit den bloßen Händen ein Hufeisen
krummbiegen.“ Und Rose Nacke (Jg. 1923) schrieb 1941
in einer Schülerarbeit über ihren Urgroßvater:
„Schon rein äußerlich zeigte sich seine Willens- und
Arbeitskraft; daneben besaß er eine hohe Intelligenz
und großen Weitblick. […] Mein Urgroßvater hatte
eine starke Gesundheit, die ihn bei all’ seinen
Lebensleistungen geholfen hat.“ Von ganz anderer
Konstitution war hingegen seine Ehefrau; Rose Nacke
notierte: „Seine Lebensgefährtin war eine feine,
zarte Frau, die körperlich nicht den Anforderungen
des Landlebens gewachsen war; doch mit überragendem
Geist begabt, konnte sie dennoch zum Segen der
Familie und des Hofes vieles leisten. […] Um auch
ihren Hausgehilfinnen den Kirchgang am Sonntag zu
ermöglichen, ordnete sie für diese Tage ein
Eintopfgericht an für ihren Tisch. Ihr großer Geist
hat ihren schwachen Händen die Kraft gegeben, die
Bande in ihre[m] Haus und in ihrer Familie sorglich
zu halten und in ihrem Sinne zu führen.“ Und Hans
Nacke-Erich erfuhr: „Seine Frau war trotz ihrer
zahlreichen Kinder sehr zart. Sie saß jahrelang im
Ohrensessel mit Häubchen und einer Wolldecke um die
Füße.“ Erwähnt sei noch, dass Simon August und
Juliane Nacke die beiden ersten Familienmitglieder
sind, von denen fotografische Aufnahmen vorliegen. |
Mit der Landwirtschaft von Kindesbeinen an vertraut,
fand sich Simon August Nacke auf seinem eigenen Hof
offenbar recht bald in seine Aufgaben ein.
Angesichts der Tatsache, dass der Betrieb seit
vielen Jahren von Verwaltern geführt worden sein
dürfte, könnte auch manches im Argen gelegen haben,
was nun von dem neuen jungen Hofeseigen-tümer ins
rechte Lot gebracht werden musste. Aus diesem Grund
kaufte er sich wohl auch vom Militärdienst frei,
d.h. ein anderer trat an seiner Stelle den Dienst
an, wofür Simon August Nacke diesen mit einem
Geldbetrag entschädigte. Anfang März 1838 war dafür
noch eine Restsumme in Höhe von 30 Talern zu zahlen.
In den folgenden Jahren bemühte sich Simon August
Nacke vorrangig darum, den Hof von Schulden und
Abgaben zu befreien. So beglich er zum einen
kleinere Außenstände bei Einzelpersonen, die häufig
durch eine „Gegen-Forderung“ erledigt werden
konnten, zum anderen löste er gemäß den gesetzlichen
Vorgaben von 1838 die seit Jahrhunderten auf dem Hof
liegenden grundherrlichen Lasten ab. Zumindest in
einem Fall kam es im Zusammenhang mit der Ablösung
zu einer gerichtlichen Auseinander-setzung: Nachdem
Simon August Nacke 1841 die Zehntpflicht des Hofes
gegenüber dem Organisten der Herforder Münsterkirche
abgelöst hatte, strengten die früheren Rechteinhaber
einen Prozess an, der Jahrzehnte andauern sollte.
Nach Simon August Nackes Tod hielt sein Neffe
Wilhelm Schemmel (1835-1909) dazu fest: „[Er] sah
sich nach jahrelangem kostspieligem Prozesse zu
einem ungünstigen Vergleiche gezwungen, der ihn
schweres Geld kostete.“ |
Von besonderer Bedeutung waren jedoch Simon August
Nackes Grundstückskäufe, -verkäufe und
Tauschaktivitäten, die offenbar in dem Bestreben
ausgeführt wurden, bessere Ackerflächen in die Hand
zu bekommen bzw. vorhandene Flächen zu arrondieren.
Besonders zwischen 1839 und 1855 sind ausgedehnte
Anstrengungen in diesem Bereich zu vermerken. Ganz
oder teilweise wurden in diesem Zeitraum die
Kolonate Ehrsen-Breden Nr. 6 (Eggert), 21 (von
Sassen), 31 (Simon) sowie Gemeinheitsplätze
verschiedener Eigentümer gekauft. Auch Flächen, die
sich im Eigentum von Schötmaranern oder anderen
Auswärtigen befunden hatten, wurden in diesen Jahren
von Simon August Nacke angekauft. Vielfach konnten
aber Grundstücksinteressen durch Tausch geklärt
werden. Seit Ende 1842 durfte Simon August Nacke
entsprechende Angelegenheiten auch allein, d.h. ohne
die bis dahin notwendige Unterschrift seiner Frau,
erledigen, nachdem sie offiziell erklärt hatte, dass
sie ihrem Mann „eine getreue und sorgsame Verwaltung
des Gemeinguts sowie in specie des gedachten
Colonats zutraue“. Im Jahre 1862 stellte Simon
August sogar den Antrag, eine Fideikommiss-Stiftung
für sein nun deutlich größer gewordenes Gut
errichten zu wollen, der offenbar jedoch nicht
weiterverfolgt wurde. Parallel zur flächenmäßigen
Vergrößerung des Hofes ließ Simon August Nacke auch
zahlreiche Baumaßnahmen ausführen. Außer einem „Kotten“
(1841) und mehreren Wirtschaftsgebäuden, wie z.B.
einem „Pferdehaus“ (1852), ist vor allem der Bau
eines neuen Haupthauses aus Bruchstein (1857) nach
den Plänen des Detmolder Baurates Ferdinand Ludwig
August Merckel (1808-1893) hervorzuheben. Zugunsten
dieses Wohnhauses hatte Simon August Nacke die
ebenfalls von ihm genau 20 Jahre zuvor an gleicher
Stelle errichtete Leibzucht an einen Nagelschmied
verkauft, der das Haus samt alter Inschrift in
Schötmar (heute Vehrlingstraße 6) wieder aufbauen
ließ. |
Für die Ablösungen, den Neubau mehrerer Gebäude
sowie die Vergrößerung des Grundbesitzes hatte Simon
August Nacke eine Menge Geld aufgewandt – nach
eigenen Angaben (1862) zwischen 40.000 und 50.000
Taler. Weitere finanzielle Opfer verlangten die
Abfindungen der Töchter. In einer Vereinbarung vom
1. Oktober 1876 wurden sie z.B. für Meta und Auguste
Nacke neben einigen anderen Leistungen auf jeweils
5.000 Taler festgelegt. Wenngleich Simon August
Nacke hin und wieder auch Grundstücke verkaufte, u.a.
um die Anlage von Neuwohnerstätten zu ermöglichen,
deckten diese Einnahmen doch bei weitem nicht die
getätigten Ausgaben. So musste er sich auch
gelegentlich Geld leihen, wie ein Schuldanerkenntnis
über 300 Taler vom 20. Januar 1844 gegenüber dem
Geheimen Medizinalrat Dr. Johann Albrecht Ludolph
Focke (1761-1849), Lemgo, belegt. Das Geld wurde zum
Ankauf des Eggert’schen Kolonats verwendet und nebst
Zinsen bis zum April 1860 an die Erben des
Gläubigers zurückbezahlt. Ansprüche auf das Vermögen
seiner Eltern und deren Hof in Unterwüsten hatte
Simon August Nacke übrigens nicht mehr, wie eine
entsprechende Verzichtserklärung vom 22. September
1848 dokumentiert. |
Simon August Nacke war in einem religiös geprägten
Umfeld aufgewachsen, das zeitlebens für sein Denken
und Handeln bestimmend war. In diesem Zusammenhang
sei daran erinnert, dass sein Geburtsort Wüsten in
der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts ein Zentrum
der lippischen Erweckungsbewegung war, und zwar
unter der Führung des Landwirts Johann Barthold
Jobstharde (1797-1858), eines Vetters von Simon
August Nacke. Und so ist es nicht verwunderlich,
dass sich auch Simon August Nacke einem geplanten
Werk christlicher Nächstenliebe gegenüber nicht
verschloss und es großzügig unterstützte. Dabei
handelte es sich um eine im Jahre 1849 im Geiste der
Erweckungsbewegung gegründete „Anstalt“ zur Rettung
verwahrloster Knaben, der alsbald der Name Grünau
gegeben wurde. Zur Errichtung der Gebäude sowie zur
Selbstversorgung stellte Simon August Nacke ein
knapp 1,8 ha großes Areal zur Verfügung, das er der
Rettungsanstalt 1853 zu guten Konditionen für 500
Taler verkaufte. In den folgenden Jahrzehnten
engagierte er sich im Vorstand und ließ der
karitativen Einrichtung immer wieder seine
wohlwollende Unterstützung zukommen. Auch Simon
August Nackes Ehefrau unterstützte die Einrichtung,
so dass es in der Familienüberlieferung heißt: „Sie
gründete mit die Stiftungsanstalt Grünau bei Ehrsen.
Als die Hausmutter fehlte, war sie täglich eine
Stunde dort und sorgte weitgehend für die Armen und
Kranken.“ |
Simon August Nacke dürfte nicht zuletzt durch das
gemeinsame Projekt „Grünau“ und die daraus
resultierende Vorstandsarbeit häufigen,
möglicherweise sogar freundschaftlichen Umgang mit
dem Schötmaraner Pastor August Weßel (1813-1868)
gepflegt haben. Und so war Simon August Nacke wohl
auch in den Neubau der Kilianskirche, zu dem erste
Überlegungen bereits in den frühen 1840er Jahren
aufgenommen worden waren, eingebunden. Zur
Grundsteinlegung kam es indes erst im April 1850,
die anschließende Bauphase erstreckte sich auf Grund
immenser Kosten über vier Jahre; am 26. Juli 1854
konnte das neue und nun weitaus größere Gotteshaus
eingeweiht werden. Durch freiwillige Hand- und
Spanndienste, aber auch durch die Stiftung von
Bauholz war es der Gemeinde gelungen, die Baukosten
nicht ins Uferlose ansteigen zu lassen. Insbesondere
die größeren Bauern aus dem Amt Schötmar – soweit
sie zum Pfarrbezirk gehörten – trugen mit ihren
Diensten zur Senkung der Kosten bei; die
Organisation und Abrechnung dieser Dienste scheint
Simon August Nacke koordiniert zu haben. Im Gegenzug
war er jedoch der Ansicht, dass ihm wie auch anderen
Großbauern auch weiterhin das Recht zustehe, in der
Kirche ein eigenes Gestühl zu haben. Die im Namen
von 22 „Reclamanten“ von Simon August Nacke erhobene
Klage gegen die Aufhebung des Besitzrechtes wurde
1860 allerdings abschlägig beschieden. |
Politisch stand Simon August Nacke dem
Konservatismus nahe und dürfte Mitglied der 1876
gegründeten Deutschkonservativen Partei gewesen
sein. Die damalige Ausrichtung der Konservativen
lässt sich mit den Attributen monarchistisch,
Bismarck-orientiert, anti-sozialdemokratisch,
protestan-tisch, gegen Zentralismus und
Parlamentarismus, aber auch antisemitisch
umschreiben. Dominiert wurde die Partei von den
ostelbischen Großgrund-besitzern, die sie auch
finanzierten. Zur lippischen Landtagswahl im Oktober
1880 kandidierte Simon August Nacke in der zweiten
Klasse im Wahlkreis VII (Ämter Schötmar und
Oerlinghausen) für die Konservativen und konnte bei
zwei Mitbewerbern 53 von 120 Stimmen auf sich
vereinigen. Da er dadurch nicht die absolute
Mehrheit erreicht hatte, musste er sich im November
einer Stichwahl stellen. In diesem Wahlgang unterlag
er jedoch dem bislang zweitplatzierten Kandidaten,
seinem Nachbarn August Griemert (1838-1904), der für
die Liberalen angetreten war, knapp mit 68 zu 76
Stimmen. |
Am 18. August 1886 konnten Simon August und Juliane
Nacke das seinerzeit sehr seltene Fest der Goldenen
Hochzeit begehen. Aus der Vielzahl der Glückwünsche
ragt ein Schreiben des Amtsrates August von Meien
(1814-1900), des höchsten Verwaltungsbeamten des
Amtes Schötmar, heraus, in dem dieser im Namen der
Gemeindevorsteher, Rittergutsbesitzer und
Domänenpächter die langjährigen Verdienste der
Eheleute Nacke würdigte: „Sie Herr Jubilar, haben in
den langen Jahren Ihres Lebens zu Ehrsen neben dem
Wandel als treuer Familienvater und guter Landwirth
Ihre Kräfte zugleich auch dem öffentlichen Wohle als
Vorsteher Ihrer Gemeinde und Mitglied des
Amtsgemeinderaths von Schötmar mit Eifer und Erfolg
gewidmet, gleichwie Sie vordem als Landesvertreter,
Kirchen- und Schulvorstand und in vielen Ihnen
übertragenen Commissionen das allgemeine Vertrauen
und den Dank der Amtsgemeinde […] verdient haben
[…]. Aber vor Allem haben Sie in Ihrem mitleidvollen
und gefälligen Herzen für die Armen und Elenden
stets bereite Fürsprache und willige Hand gehabt,
und, unterstützt von dem echt weiblichen Mitgefühl
Ihrer geehrten Hausfrau, den Nothleidenden
opferbereit hülfreiche Unterstützung verliehen und
verschafft, und keine Mühe gescheut, Ihren
Nebenmenschen gute Dienste und Gefälligkeiten zu
leisten, so daß Viele Ihrer dafür dankbar gedenken.“ |
Nach
einem langen und erfüllten Leben verstarb Simon
August Nacke, der Begründer der „neuen“ Familie
Nacke, am 25. Januar 1888 auf seinem Hof in Ehrsen
an den Folgen eines Schlaganfalls. Innerhalb von
fünf Jahrzehnten hatte er nicht nur mehrere Gebäude
neu errichten oder modernisieren lassen, sondern
auch die Wirtschaftsflächen deutlich vergrößert oder
durch Tausch verbessert; schließlich konnte er den
Hof von zahlreichen Lasten befreien. Durch sein
karitatives Engagement für die „Rettungs-Anstalt“
Grünau begründete er eine bis heute andauernde
Verbindung zwischen dieser Einrichtung und der
Familie Nacke. Dennoch darf nicht übersehen werden,
dass Simon August Nacke auf Grund seiner Aktivitäten
bei seinem Ableben große Schulden hinterließ, die
seine Nachkommen vor nicht unerhebliche Probleme
stellten. Juliane Nacke überlebte ihren Ehemann um
etwas mehr als ein Jahr und verstarb – ebenfalls auf
dem Hof in Ehrsen – am 13. März 1889. Beide wurden
auf dem Funeke-Friedhof beigesetzt, wo sich ihr
Grabstein noch heute finden lässt. |
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Quellen: |
Dank an Herrn Dr.
Stefan Wiesekopsieker, der den Text und die Fotos für diese
Dokumentation zur Verfügung gestellt hat. |
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Thau, Bärbel
/Stefan Wiesekopsieker: Die Stiftung Grünau und ihr
Mitbegründer Simon August Nacke. Bad Salzufler Haus- und
Hofgeschichten Heft 7. 2012. S. 20-27 |
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