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Johan Friedrich Reinert (1769 – 1820)

Am Kastanienwall in Lemgo ist für den in Unterwüsten geborenen Gymnasialrektor Johann Friedrich Reinert ein Denkmal errichtet.

Inschrift:
DEM ANDENKEN
JOH. FRIEDR. REINERTS
SETZTEN
DIESEN STEIN
DANKBARE SCHÜLER
 UND
FREUNDE

 
 

Johann Friedrich Reinert wurde am 21. Januar 1769 in Unterwüsten als Sohn des Johann Anton (Tönnies) Reinert und der Catharina Ilsabein Dethards geboren. Sie wohnten als Einlieger bei Limberg a.d. Salze.

Als die Eltern nach der Luhe bei Lemgo verzogen, trat der zehnjährige Johann Friedrich in das Lemgoer Gymnasium ein und fand in dem umfassend gebildeten Rektor Mensching seinen Förderer. Reinerts starke Begabung und wachsende Aufgeschlossenheit für die geistige Welt und sein Fleiß zeichnen ihn aus. Er verlässt Lemgo und studiert bei dem berühmten Philologen Wolf in Halle

"Reinert widersteht den Verlockungen eines akademischen Amtes; er will seinem 'Vaterland' Lippe, das ihm 'durch nichts ersetzt werden' kann, die Treue halten, und kehrt nach Beendigung seines Studiums in die geliebte Heimat zurück. Seine Tätigkeit als Hauslehrer in der Braker Familie des Herrn Rodewald vertauscht er 1797 mit einer Lehrerstelle an der Lemgoer Schule, die sich nach seiner Berufung als Rektor bald einen Ruf erwirbt, der weit über die Stadt- und Landesgrenzen hinausreicht."

Am 29. April 1797 erhält er als Prorektor unentgeltlich das Einkömmlings-recht  d.h. das Bürgerrecht in Lemgo.

"Johann Friedrich Reinert erweist sich nun als einer jener wahrhaft schöp-ferischen Erzieher. Das Geheimnis seiner Methode, liegt in der fruchtbaren Anwendung des schlichten Satzes, daß ein Mensch desto früher 'ein anständiger Kerl' wird, je eher er als solcher behandelt wird."

"Die Tatsache, daß Reinert sich seinem Goetheschen 'heiligen Ernst' verpflichtet fühlte, 'der allein das Leben zur Ewigkeit macht', daß er ganz seiner Aufgabe und Arbeit lebte und alle oberflächliche Geselligkeit mied und verbot, sollte ihm zum Verhängnis werden. Törichtes Geschwätz, üble Nachrede und Verleumdung blühten um ihn auf und suchten ihn zu vergiften. Man stieß sich an seiner bäuerlichen Herkunft, an seinem 'Stolz'. tuschelte von seiner antikirchlichen und unreligiösen Haltung, tat empört und gab sich sichtlich entrüstet über die Schulden, die er bei seinem kärglichen Einkommen gemacht hatte."

In dieser Zeit schuf  er sich in Kirchheide einen "Zweitsitz", in den er sich zurückzog und in dem er die notwendige Ruhe nach vielfältigen Anfeindungen in Lemgo genoss.

"Als er schließlich notgedrungen und schweren Herzens und ohne von der edlen Fürstin Pauline in seiner Stellung gehalten werden zu können, ins 'Ausland', nach Soest, geht, da bricht das Unwetter los. Der ganzen Erde Niedrigkeit, alle Gehässigkeit und boshafte Verachtung, deren Menschen fähig sind, fallen über ihn her und brechen dieses edle Herz trotz aller Verehrung und Liebe seiner Schüler. Der Pöbel, zu dem auch viele 'Gebildete' rechnen, die 'schmutzige, wankelmütige Menge', rottet sich an seinem letzten Lemgoer Schultage zusammen und dankt ihm mit Hohn und Spott für all seine Selbstlosigkeit und Treue." 

24 Lemgoer Schüler folgten ihm nach Soest an seine neue Wirkungsstätte. U.a. Heinrich Adolf Schierenberg, der spätere Professor und Gymnasialdirektor in Detmold.

"Nie wieder hat er sich von diesem furchtbaren Schlage erholt; er war ins Mark getroffen, begann zu kränkeln, und zwei Jahre darauf ging, fern der Heimat, sein edler Geist zur ewigen Ruhe ein." Friedrich Reinert starb einsam und verbittert über seinen unrühmlichen Abschied am 19. Mai 1820 mit nur 51 Jahren in Soest.

Erst spät, einige Jahre nach seinem Tode (1828), erkannten seine ehemaligen Schüler das großartige Wirken ihres Lehrers und setzten Ihm zu Ehren ein Denkmal.


Quellen: Hoppe, Hans: Bürgerbuch der Stadt Lemgo von 1506 bis 1886. Lippische Geschichtsquellen. Band 9. Detmold, 1981, S. 257, Pos. 7458.
  Stache-Weiske, Agnes: Welch tolle Zeiten erleben wir. Detmold 1999
  Staercke, Max (Hrsg.): Menschen vom lippischen Boden. Detmold 1935. [mehrfach wörtlich zitiert]
  Wüstener Kirchenbücher von 1642 bis 1922 im Archiv der Lippischen Landeskirche in Detmold.
Fotos: Rainer Mewes, Bad Salzuflen OT Wüsten