Simon Carl Kuhlenhölter wurde am 9.
April 1820 als Sohn des
Johann Henrich Kuhlenhölter und seiner Ehefrau Anna
Louise Clara Trin geb. Tappe in Oberwüsten als erstes Kind geboren. Schon zwei Tage
später, am 11. April, wurde er von Pastor
Friedrich Konrad Krüger
in der reformierten Gemeindekirche zu Wüsten
getauft. |
Sein Vater stammte als nicht erbender
Sohn von dem Mittelkötter-Hof auf dem Giershagen,
Oberwüsten Nr. 6. Er wurde Soldat und kehrte
vermutlich aus den Napoleonischen Kriegen als
"schwerbehinderter Soldat"
zurück. Später soll er den Beruf
eines Schäfers gehabt haben. Im Wüstener Kirchenbuch
ist vermerkt, dass er als Einlieger mit seiner
Familie bei "Arendmeier aufm Neuen Dorf" Oberwüsten
Nr. 51 gewohnt hat. Hier wurde auch Sohn Simon
geboren. Von weiteren sechs Brüdern blieben aber nur
zwei, Wilhelm und August, am Leben. Er hat in der
Folgezeit als Einlieger an verschiedenen Stellen
gewohnt. Bei der Geburt seines letzten Sohnes war er
Einlieger auf Steinbeck |
Schon mit zwei Jahren kam Simon zu
seinen Großeltern mütterlicherseits,
dem Ehepaar Tappe, die
bei Möller in Oberwüsten Nr. 10 Einlieger waren.
Seine Großmutter, die sehr fromm gewesen sein soll,
hat ihn erzogen. Zu ihr hatte er ein inniges
Verhältnis. Sein Großvater war Schäfer und zumeist
auch des nachts bei seiner Herde. |
Simon Kuhlenhölter
besuchte die erst im Jahre 1809 eingerichtete Oberwüstener Schule. Lehrer war zu der Zeit Johann
Heinrich Plöger (1814-1843), der häufig pietistische
Bibelkreise besuchte. Pastor - bei dem er am Kofirmandenunterricht teilnahm
- war Ludwig
Volkhausen (von 1826 bis 1843 Pastor in Wüsten), der
stark zum Rationalismus neigte und Controverspredigten gegen die im
Entstehen begriffene Erweckungsbewegung hielt.
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In diesem Feld der auseinanderstrebenden
Glaubens-richtungen in Wüsten wuchs der junge Simon
Carl Kuhlenhölter auf und sie haben ihn geprägt.
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Lohmeier, dem die Schrift von Hoefer "Lebensbild von
Simon Kuhlenhölter ..." vorlag, schreibt: "Mit 20
Jahren von der Erweckung in Wüsten ergriffen, ist er
der fruchtbarste Liederdichter der lippischen
Erweckungszeit gewesen." Er hatte sich
also der Erweckungsbewegung angeschlossen und war
dadurch mit Jobstharde und Künne aus Welstorf, zwei
führenden Köpfen dieser neuen christlichen Bewegung, in Kontakt.
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Er
wurde Schäfer wie sein Großvater und sie versorgten
gemeinsam die großväterliche Herde, in der auch
Schafe anderer Oberwüstener Bauern gehütet wurden. |
Nachdem
die Großmutter und auch sein Vater gestorben waren,
zog seine Mutter zum Großvater und führte ihm den
Haushalt. So war Simon wieder mit seinen Brüdern
zusammen. Wie Simon 18 Jahre alt war, verließ seine
Mutter den Großvater mit ihren beiden jüngsten
Söhnen. Simon blieb beim Großvater. |
Am 24.
September 1848 heiratete er die Tochter seines
Hauswirtes, Sophie Wilhelmine
Möller, die Tochter von Hans Herm Möller, Kolon von
Nr. 10 in Oberwüsten. Sie blieben auf dem Hof ihrer Eltern auf dem Giershagen
wohnen. |
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Das
Haus seines Schwiegervaters Hans Herm Möller, in dem
Simon Kuhlenhölter seit seiner Kindheit bei seinem
Großvater, der Einlieger dort war, und auch später
nachdem er die Tochter des Hauses geheiratet hatte,
gewohnt hat. |
Am
13.
November 1849
wurde ihnen eine Tochter geboren. Louise Wilhelmine
starb aber schon nach etwas mehr als zwei Monaten am
1. Dezember 1849 an Schürken. |
Am
28. Juli 1851 wurde ihr Sohn Simon August geboren.
Die Taufe, am 4. August 1851, wurde nicht - wie noch
bei der Tochter - von dem zuständigen Wüstener
Pastor Heinrich August Knoll vorgenommen,
sondern von dem Pastor der neuen evangelischen
Gemeinde in Lemgo, Emil Johann Heinrich Steffann in
der Wüstener Kirche vollzogen. Dieses war nur mit
der ausdrücklichen Genehmigung des Wüstener Pastors
Knoll möglich, denn noch zwei Jahre vorher war es
Steffann untersagt, sich mit Taufen und Copulationen
in die Amtsführung anderer Prediger einzumischen. Steffann war ein glühender Verfechter der Erweckungs-Bewegung.
Die Bedeutung dieses einmaligen
Vorgangs war dem Wüstener Pastor Knoll wohl bewußt,
denn er schreibt in der Taufeintragung im
Kirchenbuch "Von Steffann getauft". (Pastor Steffann
und der Wüstener Hofbesitzer Barthold Jobstharde waren die Förderer
der 1850 entstandenen lutherischen Kirche in
Bergkirchen, in der
ab dieser Zeit viele Oberwüstener Eltern, die mit dem
in Wüsten gepredigten Rationalismus nicht
einverstanden waren, ihre Kinder
taufen ließen. Ein Portrait von Steffann hängt noch
heute im Vorraum der Bergkirchener Kirche.) |
Was mag Simon
Kuhlenhölter bewogen haben, mit seiner Frau und
seinem einjährigen Sohn nach Amerika auszuwandern?
Waren es die furchtbaren Hungerjahre um die Mitte des
19. Jahrhunderts, diese bedrückende wirtschaftliche
Lage, oder waren für ihn als tiefgläubigen Menschen,
die damaligen kirchlichen Auseinanderset-zungen in
Lippe, insbesondere in Wüsten, entmutigend? Waren es
Lockbriefe, die frühere Wüstener Auswanderer in die
Heimat schrieben?
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Simon
Kuhlenhölter verkaufte die von seinem Großvater
geerbte Schafherde und stellte am 9. April 1852 den Antrag für sich und seine Familie nach
Amerika auswandern zu dürfen. Der Konsens muss bald
erfolgt sein, denn schon am 1. September kam es zum
Aufbruch. Mit der Eisenbahn von Herford nach Bremen
und mit dem Weserkahn weiter nach Bremerhaven. Am 27. Oktober
erreichte nach stürmischer Überfahrt das Segelschiff
den Hafen von New-Orleans.
Von dort ging es den Mississippi und Ohio hinauf bis
Evansville, im Staate Indiana. Er fand dort bei
Freunden Aufnahme. Hier starb sein Sohn Simon August
im Alter von eineinhalb Jahren. |
Bald
zogen er und seine Frau in das nahe Posey-County, wo
sie unter Landsleuten lebten, die der dortigen
evangelischen Zionsgemeinde angehörten. Hier wollte
er ein Stück Land kaufen und sich als Farmer
niederlassen. Freunde rieten ihm aber, bei dem Mangel
an Predigern, seiner Frömmigkeit und seiner Begabung, doch diesen Weg einzuschlagen. Nach
der Überwindung einiger Schwierigkeiten, seine Frau
musste allein zurückbleiben, entschloss er sich als
33jähriger Mann noch einmal die Schulbank zu
drücken. Freunde bahnten ihm den Weg ins
deutschsprachige Predigerseminar der evangelischen
Synode von Nord-Amerika, nahe Marthasville im Staate
Missouri, Aufnahme zu finden. |
Er studierte mit
unermüdlichem Fleiß und mit seltener Ausdauer zwei
Jahre lang. Im Juni 1855 auf der Synodalversammlung
in Burlington, Iowa, wurde er nach bestandener Prüfung ordiniert. Er war nun
befähigt, ein Pfarramt zu führen. |
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Er wurde angewiesen, in
Cumberland, Indiana, seine erste Pfarrstelle
anzunehmen. Er vereinigte sich wieder mit seiner
Frau und sie reisten gemeinsam von Indianapolis mit
der Eisenbahn nach seinem zukünftigen Wohnort. Dort
wurde ihnen bald eine Tochter geboren, die wie ihre
Mutter, Wilhelmine hieß. |
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Pastor Simon C. Kuhlenhölter. |
Im Sommer 1860, nachdem
er fünf Jahre lang das Pfarramt in Cumberland
geführt hatte, bekam er den Ruf, die Pfarrei in der Salems-Gemeinde in Quincy, Illinois, zu übernehmen.
Mit Frau und Kind ging es nun westwärts, dem neuen
Arbeitsfelde zu. |
Auf der Reise machten
sie einen Abstecher nach Evansville, wo seine beiden
jüngeren Brüder Wilhelm und August sich inzwischen
etabliert hatten. Sie hatten - sicher auf
Veranlassung ihres ältern Bruders - 1853 die Reise
nach Amerika angetreten. Nach ein paar Tagen
Aufenthalt ging es nun nach Quincy, wo sie am 11.
August 1860 ankamen. |
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Die
Kirche der Salems-Gemeinde in Quincy, Illinois,
die 1877, zu der Zeit als Simon Kuhlenhölter dort Pastor
war, gebaut worden ist. |
Quincy ist eine ältere
Stadt, welche am Illinoisufer des Mississippi,
landschaftlich sehr schön, auf einer Anhöhe liegt.
1860 zählte die Stadt etwa 30 000 Einwohner und 13
deutsche Kirchen. Der Anfang war bescheiden, aber
nach kurzer Zeit wurde ein neues Pfarrhaus gebaut,
die Kirche vergrößert, eine neue Orgel angeschafft,
ein neben der Kirche liegendes Grundstück
gekauft und letztlich ein Schulgebäude errichtet
und drei Lehrer eingestellt. |
Pastor Simon C.
Kuhlenhölter arbeitete segensreich. Die Zahl der
Glieder, die mit der Salems-Gemeinde verbunden
waren, wuchs auf schließlich 225 Familien und an die
500 Kinder an. |
Ein Kollege
charakterisierte Kuhlenhölter einst so:
"Die Hauptaufgabe eines Seelsorgers ist die
öffentliche Predigt des Evangeliums. Unserem
Kuhlenhölter waren dazu die Gaben verliehen. Ein
gutes Gedächtnis, reichliche Lebenserfahrung,
tüchtige Bibelkenntnis und lebendiger Glaube machten
ihn zu einem erfolgreichen Zeugen des Evangeliums."
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Noch befanden sie sich nicht
lange in Quincy, da wurde ihnen wieder ein
Töchterlein geboren (Maria A.
*
6. Februar 1861 - † 16. November 1865) und ein paar
Jahre später ein Sohn (F. P. Simon
*
21. September 1863 - †
1. Juli 1864) aber beide starben früh. Bald nach dem
Tod der Kinder starb auch seine Ehefrau am 14.
Oktober 1868. |
Nun war ihm nur die in
Cumberland geborene Tochter geblieben. Sie führte
eine Weile den Haushalt. Nachdem er aber sein Kind
konfirmiert hatte, brachte er es ins Töchterinstitut
der Brüdergemeinde nach Hope, Indiana. Da bot Bruder
August mit seiner Frau an, ihm den Haushalt zu
führen. August war schwächlich und
hatte gerade seine Farm verkauft. Der leidende
Bruder mit seiner Frau zogen nach Quincy und
übernahmen den Haushalt des alleinstehenden Pastors. |
Im Mai 1872, Pastor
Kuhlenhölter war 52 Jahre alt, lernte er Laura
Meier, eine Landsmännin aus Oerlinghausen kennen.
Etwa 10 Wochen später fand die Trauung statt. Fünf
Kinder wurden ihnen noch geboren, das fünfte erst
nach dem Tod seines Vaters. Eines starb bald. Von
ihm sind die Daten bekannt: M. Ada H. Kuhlenhölter,
* 16. April 1878, † 30. Juli 1880. |
Nach 21 Jahren
segensreicher Tätigkeit als Pastor an der
Salems-Gemeinde in Quincy starb Pastor Simon C.
Kuhlenhölter, erst 61jährig, am 1. Januar 1882. Er
hinterließ seine schwangere Frau und drei unmündige
Kinder. |
Am Beerdigungstag war
die Kirche mit über 2000 Trauergästen überfüllt.
Viele standen noch im Eingang und fanden keinen
Einlass. Während der Trauerfeier, die sein
Schwiegersohn, Pastor Johannes Nollau hielt, brach
ein Stück der Galerieumrandung ab. Unter
den
Trauernden, die glaubten die Galerie stürze ein,
brach eine Panik aus. Alle strebten zum Ausgang und
stürzten übereinander. Viele wurden verletzt. Diese
Trauerfeier blieb lange Zeit im Gedächtnis der
Gemeinde.
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Nachzutragen ist noch:
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Etwa zwei Jahre bevor
Simon Kuhlenhölter starb, heiratete am 5. September
1879 seine Tochter aus erster Ehe den Pastor
Johannes Nollau. Nach Jahresfrist wurde ihnen ein
Kind geboren. Pastor Kuhlenhölter taufte sein
Enkelkind in der Kirche zu Quincy. |
Simon Kuhlenhölters
Bruder August, der eine zeitlang seinen Haushalt
geführt hatte, bekam ein Angebot in einer 20
Kilometer von Quincy entfernt gelegenen
Landgemeinde, die Jugend zu unterrichten und in der
Kirche als Vorleser tätig zu sein. Er nahm das
Angebot an, bildete sich weiter und wurde
schließlich zum Pastor ordiniert. Sieben Jahre blieb
er in der Gemeinde, danach betreute er eine Gemeinde
in der Nähe von Evansville, seinem alten Heimatort.
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