Home |
 |
Zurück zur Übersicht |
 |
|
|
|
|
|
|
|
|
|
Wüstener Persönlichkeiten
von Ute Gronemeyer, geb. Kaspersmeier |
|
|
Gustav Kaspersmeier (1896 – 1959) |
Eine tote Maus legte ein kleines
Mädchen auf seinen Schreibtisch. Ein Racheakt, weil
er seinen Eltern Zimmer beschlagnahmt hatte und sie
jetzt beengt wohnen mussten. Eine ganze
Bauernfamilie mit allen Mitarbeitern erschien eines
mittags bei ihm im Haus, weil sie aus Platzmangel
angeblich nicht mehr kochen konnten. Ein Mann drohte
mit dem Beil in der Hand ihn umzubringen, wenn er
nicht sofort eine Wohnung bekäme. |
Ja, mein Vater hatte 1945, als er das Amt des
Bürgermeisters übernahm, nicht nur Freunde im Dorf.
Aber zumindest äußerlich blieb er bei all den
Schwierigkeiten des Kriegsendes ganz ruhig, verlor
wenig Worte, versorgte aber konsequent Flüchtlinge
und Evakuierte mit Unterkünften. Daher gibt es noch
heute Menschen in Wüsten, die ihm das nie vergessen
haben. |
Simon Heinrich Gustav Kaspersmeier wurde am 1. Dez.
1896 als dritter Sohn der Eheleute Friedrich Heinrich
Hermann Topehlen al. Kaspersmeier und Henriette, geb.
Brand in Oberwüsten geboren. Aufgrund einer
angeborenen Fußdeformität konnte er nur spezial
angefertigte Schuhe tragen und war dadurch in seiner
Mobilität eingeschränkt und für militärische Dienste
untauglich. Er erlernte auf dem kleinen elterlichen
Hof die Landwirtschaft und musste schon früh dafür
die Verantwortung übernehmen, denn er war erst 18
Jahre alt, als sein Vater starb. Sein älterer Bruder
war viel krank und starb als junger Mann. |
Erst 1936 begegnete ihm eine Frau, die ihn, den
eingefleischten Junggesellen, zum Heiraten bewegen
konnte. Sie war eine Zugezogene, ohne jegliche
Ahnung von Landwirtschaft (von Beruf Hebamme) und
ohne die geringste Mitgift. Wie viel Mut und
Selbstbewusstsein gehörte dazu, so aus der Reihe zu
tanzen! Galt doch ganz klar immer die Devise: Hof bi
Hof, und sparsam und arbeitsam musste sie sein, die
Zukünftige. Als fleißig, gelehrig und stark erwies
sie sich dann doch seine Frau, gebürtig aus Lodz und
aufgewachsen im Ruhrgebiet. Rückblickend auf ihr
Leben sagte mir meine Mutter kurz vor ihrem Tod
1991: „Meine schönsten Jahre waren die, als dein
Vater und ich gemeinsam den Hof bewirtschaftet
haben.“ |
Gustav Kaspersmeiers Vorväter waren sehr gläubige
Männer, deren Wirken und Segen auch ihn geprägt
haben. 1940, als die Volkskirche auf Abwege geriet,
trat er ganz bewusst in den Kirchenvorstand ein und
arbeitete dort mit bis zu seinem Tode. |
In seiner Amtszeit, zunächst als Bürgermeister und dann als
einstimmig gewählter Gemeindedirektor, wurden unter anderem
die Schwanoldschule, die Gemeindeverwaltung und die
Turnhalle gebaut. Als ganz sparsamer Lipper war er sicher
bei allen Erneuerungen nicht nur bedacht in schwarzen Zahlen
zu bleiben, sondern auch Rücklagen zu bilden. Das galt auch
für den kirchlichen Haushalt. |
Als Standesbeamter hat er in den Fünfzigerjahren viele junge
Paare getraut. |
Zum Büro fuhr er immer mit dem Fahrrad. |
Das dörfliche Leben lag ihm sehr am Herzen. Er war
Mitglied im Männergesangverein und dem
Landwirtschaftlichen Verein. Ganz wichtig war die
alljährliche Wüstener Kirmes. In den Tagen war er
fast gar nicht zu Hause anzutreffen. In beschwipster
Stimmung bat er einmal zusammen mit einigen Männern
das Fahrunternehmen Steuer mitten in der Nacht noch
einmal für sie das Raupenkarussell fahren zu lassen.
Steuers gingen darauf ein, stellten es aber lange,
lange nicht ab! Die ausgedehnte Karussellfahrt der
älteren Herren nachts um 3 Uhr war Gesprächsthema in
den nächsten Tagen in Wüsten. – Auch das war mein
Vater. |
 |
Gustav Kaspersmeier als
Landwirt vor
seinem Hof in Oberwüsten Nr. 25, später Nr. 257. |
|
 |
 |
|
|
Quellen: |
Einen herzlichen Dank an Frau Ute
Kaspersmeier, die ihren Vater in einer ganz persönlichen
Lebensgeschichte beschrieben sowie Fotos und
Zeitungsartikel zur Verfügung gestellt hat. |
|
Aus den diversen, damals in Lippe
erschienenen Zeitungen "Lippische Rundschau", "Lippische
Landeszeitung" und "Freie Presse", Artikel und
Todesanzeigen. |
|
|