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Wüstener Persönlichkeiten – Rudolf Düstersiek

 
 

Rudolf Düstersiek (links)
und sein Bruder August auf einem alten Adler auf dem väterlichen Hof in Wüsten.

Rudolf Düstersiek
mit Tochter Christine auf seinem Hof in Exter. Das Foto entstand anläßlich seines siebzigsten Geburtstages im Jahre 2002.

Landrätin Lieselore Curländer überreicht Rudolf Düstersiek anläßlich seines 70. Geburtstags die Verdienstmedaille des Verdienstordens der Bundesrepublik Deutschland.

 
 
 
 
 
 

Rudolf Düstersiek wurde am 11. Oktober 1932 in Oberwüsten Nr. 15 geboren. Seine Eltern waren der Hofbesitzer August Düstersiek und die aus Barntrup stammende Luise Kaufmann. Seine Jugend verlebte er auf dem väterlichen Hof. Er ging in Wüsten zur Schule und absolvierte in der schwierigen Nachkriegszeit eine Landwirtschaftslehre. Schon früh engagierte er sich in der dörflichen Gemeinschaft. Anfang der 1950er Jahre war er Mitbegründer der Wüstener Volkstanzgruppe, die eine gute Gemeinschaft pflegte, bei Festlichkeiten auftrat und noch heute in bester Erinnerung ist. Seine Mitgliedschaft und seine mannschaftsdienlichen Spiele im legendären Wüstener SuS Feldhandballverein, der zu seiner Zeit von der Kreisklasse bis in die Landesliga aufstieg, sind ebenfalls unvergessen. Seine bescheidene immer freundliche Art machte ihm viele Freunde nicht nur unter den Jugendlichen im damaligen Wüsten.

Den Hof in Oberwüsten übernahm in der Tradition des lippischen Anerbenrechts sein älterer Bruder August Düstersiek. Rudolf verließ den Hof und wurde Pächter des Becker-Hofes in Wehrendorf. Nach der Übernahme des Hofes durch die Becker-Söhne pachtete er Ende der 1950er Jahre den Hof Pieper in Exter. Hier lernte er seine spätere pferde- und reitsportbegeisterte Frau Marlene kennen und lieben. Sie war nach dem Tod ihres Vaters Hofbesitzerin und Chefin auf dem Hof. Sie "infizierte" ihn; und wenn Rudolf Düstersiek etwas in die Hand nahm, dann auch richtig. War es zu Beginn noch Hobby, so wurde es schon bald zur Passion. Doch während seine Frau für den Reit- und Fahrverein Exter "von Bismarck e.V." Springprüfungen bis zur Klasse L bestritt, wurde aus dem neuen Verwalter und Ehemann kein Reiter. Er interessierte sich für die Pferdezucht, lernte in Verden den versierten Hippologen Erich Klausen kennen und wurde von ihm in die Geheimnisse der Blutlinien und Abstammungen eingeweiht.

Mit zwei Stuten begründete Rudolf Düstersiek seine Hannoveranerzucht. "Damals habe ich einen umgebauten Lkw-Aufsatz hinter meinen Traktor gehängt und bin im Schneckentempo zur Deckstelle nach Stedebergen getuckert," erinnert er sich. "Dort wurden die Stuten gedeckt, ich bekam ein Bett und etwas zu essen und am anderen Morgen fuhren wir nach Exter zurück." In den nächsten Jahren bevölkerten immer mehr Hannoveraner den Hof an der Herforder Straße. 

Seine Pferdezucht war von großem Erfolg gekrönt: Bis zu fünfundvierzig in seinem Privatbesitz befindliche Pferde stehen in den großzügig angelegten heimischen Stallungen. In der Mehrzahl Zuchtstuten, Jährlinge, Zwei- und Dreijährige.

Rudolf Düstersieks Pferde haben landauf, landab einen hervorragenden Ruf. Allen voran der Welthengst For Pleasure, der unter Lars Nieberg und Marcus Ehring auf den Turnierplätzen der Welt so ziemlich alles gewonnen hat, was es zu gewinnen gab. Aber auch Fürst Heinrich, Stakkato, Gralshüter, Goldfever, u.v.a.m. sind bekannte Deckhengste seiner Stuten.

Als Züchter durfte er sich auch über außergewöhnliche Verkaufserfolge freuen. So kaufte der berühmte belgische Springpferdezüchter Leon Melchior (Gestüt Zangersheide) sein erstes Sportpferd bei ihm. Andere Vierbeiner gingen in den Stall von Paul Schockemöhle, der sie ausbildete und an Turnierreiter nach Spanien und Amerika weiterverkaufte. Aber auch namhafte Bereiter wie Fritz Koller und Lutz Merkel haben seine Zucht mitgeprägt.

Rudolf Düstersieks größte Freude war die  Pferdesportbe-geisterung seiner drei Töchter. Anne-Kathrin, die 1959 geboren, und zweimal deutsche Vize-Meisterin und fünfmal Westfalenmeisterin im Springreiten wurde. Sie gab inzwischen den Sport auf, heiratete und zog in den Geburtsort ihres Vaters nach Wüsten. Christine (1961), die 1997 die landwirtschaftliche Führung des 48 Hektar großen Hofes übernahm, die Pferde aus der Zucht des Vaters ausbildet und sie erfolgreich im Turniersport vorstellt. Und die 1963 geborene Nikoline, die heute verheiratet in Erder lebt. Hart traf ihn der Tod seiner Frau vor fünf Jahren. Seine Familie gab ihm in dieser schweren Zeit Trost und Halt.

Gleich zu Beginn, als er den Pieperschen Hof in Exter gepachtet hatte, wurde er in den Reiterverein "von Bismarck" eingebunden. Fünfundzwanzig Jahre leitete er den Verein als Präsident. Er organisierte unzählige Fuchsjagden, große Turniere und Meisterschaften. Die Jugendarbeit lag ihm immer besonders am Herzen. Sie spiegelt sich im beacht-lichen Erfolg der Erringung der Deutschen Meisterschaft der Junioren 2000 wieder. Nachdem er die Geschicke des 500 Mitglieder zählenden Vereins in jüngere Hände gelegt hat, wurde er zum Ehrenpräsident gewählt.

Große Ehre wurde Rudolf Düstersiek zuteil, als der Bundespräsident ihm für seine großen Verdienste um die Pferdezucht und den Pferdesport die Verdienstmedaille des Verdienstordens der Bundesrepublik Deutschland verlieh. Sie wurde ihm anlässlich seines 70. Geburtstages durch Frau Landrätin Lieselore Curländer überreicht.

Handball ist neben seinem Pferdeenthusiasmus seine Leidenschaft geblieben. Er ist Mitglied im TBV Lemgo, lässt kein Heimspiel als Zuschauer aus und die Mannschaft dankte ihm das durch einige Besuche auf seinem Hof in Exter.

"Der Mitsiebziger hat zwar mit seinem von harter Arbeit in der Landwirtschaft malträtierten Rücken gesundheitliche Probleme, doch seinen jugendlichen Charme, seine Ironie und seine geistige Fitness hat er sich trotz dieses Handicaps bewahrt," schreibt Norbert Herbst, der langjährige Ressortleiter Sport der Neuen Westfälischen so treffend.

Ein Artikel von Susanne Kappmeier zu seinem 70. Geburtstag schließt mit den Sätzen: "Pferdezucht und Ackerbau, Belange des Reitervereins, Freunde, Hobbys, eine große Familie – Rudolf Düstersiek hat immer zu tun. Wenn aber seine Enkel Julian und Paul da sind, nimmt Opa Düstersiek sich Zeit – und erzählt von den alten Tagen, als er vor der Schule noch die Kühe melken musste, in Wüsten Handball spielte und sein Glück selbst schmiedete."

Rudolf Düstersiek, langjähriger Vorsitzender des RV 2von Bismarck" Exter, ist plötzlich im Alter von 75 Jahren gestorben. Düstersiek, der dem Verein fast 30 Jahre vorstand, hinterlässt drei reitsportbegeisterte Töchter und zwei Enkelsöhne.


Quellen: Herbst, Norbert: Holsteiner-Blut soll's bringen. Zeitungsartikel, o:O., o.D.
  Kappmeier, Susanne und Heino Ueckermann: "Ich hab' Glück gehabt im Leben". Aus: Herforder Kreisblatt.
11. Oktober 2002.
  Lippische Landes-Zeitung Nr. 229, Dienstag, 30. September 2008