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Wüstener Persönlichkeiten Heinrich Beckmann

Brief des Enkelsohnes Heinz-Werner Beckmann an seinen Großvater Heinrich Beckmann
Bad Salzuflen, im Mai 2007

 

Lieber Großvater,

 

am 10. Mai 2007 hat im Bürgerhaus in Wüsten ein Erinnerungsabend und Gedankenaustausch über das Oberwüstener Schulleben zwischen etwa 1925 und 1944  stattgefunden. In gemütlicher Runde trafen sich Frau Elisabeth Düstersiek, Frau Esther Prüßner, Frau Ruth Rudolph, Herr Ralph Brandt, Herr Gustav Begemann, Herr Werner Dingersen, Herr August Düstersiek, Herr Werner Güse, Herr Gustav Limberg, Herr Klaus Pumpenmeier und Herr Rudolph Prüßner. Dein Wirken als Lehrer, Organist der Kirchengemeinde Wüsten und als Standesbeamter stand im Mittelpunkt der Unterhaltung. Dein Enkelsohn hat sehr aufmerksam zugehört. Respekt, Anerkennung und tiefe Zuneigung, das sind die beschreibenden Attribute Deiner ehemaligen Schülerinnen und Schüler.

Als geduldigen Klavier- und Orgellehrer und väterlichen Freund hat Dich Gustav Limberg geschildert. Es wird Dich freuen, dass Gustav Limberg als einer Deiner Nachfolger bis zum 1994 38 Jahre als Organist in der Wüstener Kirchengemeinde gewirkt hat.

Klaus Pumpenmeier hat mir von seiner Einschulung berichtet. Einen ängstlich an seine Mutter geklammerten Jungen hast Du mit dem Hinweis, er solle noch ein Jahr in der behüteten häuslichen Umgebung spielen aus der ungewohnten Schulumgebung befreit. Der junge Wüstener hätte sich in Deiner schulischen Obhut auch wohl gefühlt. Wie die anderen Kinder, mit denen Du auf den Schulbildern in der ersten Hälfte des vergangenen Jahrhunderts zu sehen bist. Die Bilder zeigen keinen lippischen Prügelpädagogen aus jener Zeit. Erwartungsfrohe, neugierige und fröhliche Kinder und einen ausgeglichenen, in sich ruhenden und warmherzigen Pädagogen sehe ich auf den Fotos. Als Großeltern haben mir Deine Schüler mit Begeisterung von Deinem 36jährigen Wirken an der Wüstener Schule berichtet. Ich bin stolz auf Dich, wenn mit dieser Bewunderung und Hochachtung von Lehrer Beckmann erzählt wird.

Standesamtlich hast Du meine Eltern in den heiligen Stand der Ehe entlassen. Das Sofa aus dem Zimmer des Standesbeamten Beckmann hat als Möbelstück im Wohnzimmer Deines Sohnes und Deiner Schwiegertochter für manche Erheiterung bei Besuchen gesorgt. Einige Gäste meiner Eltern konnten sich an die Sitzgelegenheit aus dem  Zimmer des Standesbeamten lebhaft erinnern.

Meine Mutter schilderte oft noch dankbar die erste zuneigende Begegnung mit ihrem späteren Schwiegervater. Das Treffen hat einen nachhaltigen Eindruck bei meiner Mutter hinterlassen. Neugierig geworden, habe ich Zeitzeugen Deines Lebens und beruflichen Wirkens befragt. Ich bin immer wieder erstaunt und erfreut, wenn Dich die Wüstener als liebevolle Respektsperson schildern, die eine Aura an natürlicher, unaufdringlicher Autorität ausstrahlte. Gerne hätte ich auf Deinem Schoß sitzend Deinen Erzählungen gelauscht. Noch lieber hätte ich mich neben dem Klavier- und Orgellehrer als Schüler platziert. Das Tastenhandwerk habe ich leider nicht erlernen können. Meine Liebe zur klassischen Musik teile ich mit Dir. Höre ich meine Lieblingsorgelmusik von Johann Sebastian Bach und Dietrich Buxtehude bin ich gedanklich ganz nah bei Dir.

Deine Dienstanweisung als 1. Lehrer in Oberwüsten, die  Du ab dem 29. März 1915 im Auftrag des Kreisschulinspektors des Schulkreises Lemgo zu beachten hattest, korrespondierte fast zeitgleich mit der Geburt Deines Sohnes. Das war einer der erfreulicheren und erfolgreichsten Zeitabschnitte in Deinem Leben.

Deine kritische Haltung gegenüber den Nazis hat Dein Nervenkostüm häufig beansprucht. Deine Auseinandersetzungen mit den Wüstener Obernazis hätte ich gerne belauscht. Als 1. Lehrer und Standesbeamter haben die Nazis von Dir einen Ariernachweis verlangt. Den Ahnenpass, den Du in mühevoller Recherche in Schwalenberg und Umgebung erstellt hast, hüte ich und werde ihn zu gegebener Zeit meinem Sohn Christoph überlassen.

Lieber Großvater, ein Bild wird mich mein ganzes Leben begleiten. Wahrscheinlich sitzt Du um 1935 an Deinem Schreibtisch, einen Pelikan-Füller in der rechten Hand haltend. Das Bild zeigt einen zufriedenen Menschen. Der Füller hatte bis vor zwei Jahren einen Ehrenplatz auf meinem Schreibtisch. Dann habe ich ihn Deiner Urenkelin Daniela zum bestandenen 2. Staatsexamen als Primarstufen-Lehrerin geschenkt. Daniela und ihr Vater pflegen die Lehrertradition im „Hause Beckmann“. Wir sind beide begeisterte Pädagogen.

Meine Taufe hast Du noch erlebt. Schade, Du bist viel zu früh gestorben.

 

Heinrich Beckmann

Die Vor- und Nachfahren Heinrich Beckmanns

Quellen: