Gustav Brandt, gefallen im Zweiten Weltkrieg |
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Gustav Brand |
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Gustav Brandt |
Gustav Brandt wurde am 6. April 1902 in Unterwüsten
geboren. Seine Eltern Friedrich und Johanne Brandt
geb. Richter, waren Besitzer einer kleinen
landwirtschaftlichen Stätte im Salzetal. |
Gustav war das jüngste von drei Kindern.
Gezwungener-maßen übernahm er Besitzung nach dem
frühen Tod seines Vaters, als er die Volksschule zu
Wüsten verließ. |
Nach
einer zweijährigen Ausbildung als Fleisch- und
Trichinenbeschauer legte er im Alter von 38 Jahren
vor dem Veterinärrat Wegener in Lemgo seine Prüfung
ab. Mit Freude und Gewissenhaftigkeit übte er diesen
Beruf aus, der ihn in alle Ortsteile seines großen
Heimatdorfes führte. |
Im
Jahre 1929 lernte Gustav Brandt seine spätere
Ehefrau Herta geb. Korte kennen. Die Hochzeit fand
am 15. Mai 1931 in Wüsten statt. |
Während der junge Landwirt und einzige
Fleischbe-schauer des Ortes in den ersten
Kriegsjahren als unabkömmlich reklamiert worden war,
erhielt der Familien-vater den Einberufungsbefehl
zur Wehrmacht am 20. April 1943. |
Nach
der Grundausbildung in Soest wurde Gustav Brandt als
Kavallerist eingesetzt. Er nahm an den Kriegszügen
und Kämpfen in der Tschechoslowakei, in Ungarn und
in Rußland teil. |
Auf
dem Rückzug, kurz vor dem Ende des grauenvollen
Krieges, fiel Gustav Brandt durch ein
Artilleriegeschoß am Kopf bei Pniowek Kreis Pleß in
Oberschlesien für "Führer, Volk und Vaterland"; wie
Stabsfeldwebel Dunkel seiner Ehefrau mitteilte. Die
Kompanie habe einen ihrer besten Kameraden verloren.
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In
der Kirche zu Wüsten fand am 21. Mai 1945 eine
Trauerfeier für Gustav Brandt statt. In den
Mittelpunkt stellte Pastor Dr. Paul Jacobs das
Bibelwort: "Niemand hat größere Liebe, denn der sein
Leben läßt für seine Freunde." |
Gustav Brandt hinterließ
seine Ehefrau und drei Kinder, Margret 13, Inge 9
und Gerhard 2 Jahre alt. Lebenslang wird er von
seiner Familie betrauert. |
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Kein Tag wie jeder andere
von Margret Hain |
Gestern sind
meine Schwester und ich von unserer geplanten Reiseroute
durch Polen abgewichen, um den Spuren der Vergangenheit
nachzugehen. |
Alles, was wir wußten, war, daß unser Vater in
den letzten Kriegswochen, am 11. März 1945 in
Oberschlesien, in einem Ort namens Pniowek (Kreis
Pleß) gefallen war. Die Kriegsgräber-fürsorge hatte
uns mitgeteilt, daß Pniowek heute zu Jastrzembie
Zdroy, dem ehemaligen Bad Königsdorf, gehöre. Unsere
Breslauer Reiseleiterin, Frau Ula, erinnerte sich,
als Kind dort ihrer Großmutter in die Badewanne
geholfen zu haben. Mit Bolek, dem Taxifahrer, ging
es in flotter Fahrt über die private Autobahn
Richtung Südwesten.
Wir fanden Prczyna, ehemals Kreisstadt Pleß,
mit einem Schloß, das heute Museum ist; sonst aber
sah man schon am Stadtbild, daß vieles durch Kämpfe
zerstört war.
In Pawtowice fing Bolek, dessen Sprachkenntnisse wir
leider überschätzt hatten, an, auf einem Fabrikhof
nach deutsch-sprachigen Menschen zu suchen. Ein Fax
in polnischer Sprache, das Gregor freundlicherweise
übersetzt hatte, verwies auf einen Deutschen
Freundeskreis, dessen Vorsitzenden Helmut Hodura wir
per Handy erreichten.
Er nahm uns an der Straße in Empfang und ging
mit uns auf einen kleinen evangelischen Friedhof, wo
ein Grab eines unbekannten Soldaten zu sehen war,
bepflanzt mit gelben Stiefmütterchen. Auch der
Pfarrer wurde geholt, war sehr hilfsbereit und
sprach gut deutsch.
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Herr Hodura, heute 66 Jahre
alt, erzählte, daß sein Vater im Elsaß gefallen sei, daß in
ihrem Gebiet 6 Monate lang die Front gewesen sei mit
heftigsten Kämpfen. Auch sein Elternhaus war zerschossen.
Seine Mutter hauste mit ihren beiden Söhnen fünf Jahre lang
im Keller, und es sei sehr schwer für Deutsche dort zu
leben. |
Herr Hodura
sprach anfangs gebrochen Deutsch, das besserte sich
aber immer mehr. Er berichtete von zwei großen
Massengräbern in einem Wald bei Pniowek und fuhr mit
uns dorthin. Dort war noch eine Zeche in Betrieb.
Ein Arbeiter wurde geholt, der recht gut deutsch
sprach und etwa 500 Meter bis zum Wald vor uns
herging. Dann wurden wir in einen großen Wald
geführt, wo zwei Stellen gekennzeichnet waren. Eine
kleine Holzeinfassung symbolisierte ein Grab,
stellvertretend für die vielen Gefallenen, die unter
den hohen Bäumen ruhten. Ein paar weiße
Deutzienzweige lagen in dem Viereck. Auch die Männer
standen stumm davor, und es würgte einen im Hals.
Ein paar hundert Meter weiter, ebenfalls
im Wald, fand sich eine zweite Stelle. Aus dem Haus
gegenüber kam eine Frau und wies uns den Weg. Es
dauerte eine Weile, bis wir begriffen, daß sie es
war, die eine Schneise durch die hohen Nesseln
gebahnt und am Fuße einer dicken Eiche eine kleine
Tagetespflanzung angelegt hatte, begrenzt durch zwei
Vasen mit künstlichen Blumen. Ich mußte immerzu an
den Spuch denken, der auf einem Findling vor der
kleinen Kirche in Bosau am Plöner See steht: Hier
endet unser aller Weg. Übrigens sah man der Frau an,
wie gut sie eine kleine Zuwendung hätte gebrauchen
können. Aber sie war nicht zu bewegen, etwas
anzunehmen. Ob man etwas Ähnliches hätte in
Deutschland erleben können?
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Reisen haben auch
den Sinn, Vorurteile zu überprüfen, indem man die Menschen
eines anderen Landes näher kennenlernt. Wenn ich noch einen
Rest von Vorurteilen gegenüber polnischen Menschen hatte –
im Wald von Pniowek ist er geschwunden. |
Ergriffen machten wir uns auf den
Rückweg und fanden ein gemütliches polnisches Restaurant in
Prczyna. Hier stärkten wir uns mit einem kräftigen Essen. –
Das Leben hatte uns wieder! |
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