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Unterwüsten Nr. 110 – Lechner – Becker – Haubrock

Möbelfabrik Martin Lechner in Unterwüsten auf der Loose. Foto aus den 1920er Jahren.

Briefkopf der Möbelfabrik Martin Lechner, Loose bei Bad Salzuflen. Links mit der Kleinbahn Vlotho - Herford.
Stark idealisiert.

Unterwüsten Nr. 110
Etwa ab 1952 Krutheide Nr. 12 und
ab 1. Januar 1969 Loosestraße Nr. 40
Möbelfabrik Lechner 1920er Jahre bis 1934

Martin Josef Lechner wurde in Berg ob Landshut, einem Dorf in der Nähe von Landshut, am 27. März 1874 als uneheliches Kind geboren. Der Vater war Martin Berg, gebürtig aus Stallwang, einem Weiler im Stadtgebiet von Landshut, früher die Gemeinde Frauenberg, und die Mutter war Franziska Lechner aus Oberahrain, Landkreis Landshut.
Er erlernte das Schreiner-Handwerk in Landshut und ging, wie es früher üblich war, nach seiner Lehr- und ein oder zwei Gesellenjahren auf Wanderschaft. Sein Weg führte ihn nach Ostwestfalen, in die aufstrebende Holz- und Möbelindustrie. Hier wird er seine Meisterprüfung abgelegt haben. Wir finden Martin Lechner Mitte der 1890er Jahre als Werkmeister in der Möbelfabrik Stücker in Herford. In Herford lernt er auch seine spätere Ehefrau Anna Luise Emilie Düning kennen. Am 7. September 1897 heiraten sie im Kreise seiner Familie in Landshut.

Brautpaar Anna Düning und Martin Lechner.

Bevor Martin Lechner als Betriebsleiter in der Firma Hoberg (später Möbelfabrik Droste, dann Möbelfabrik Rose und ab etwa 1960 Firma Dico) tätig wurde, hat er noch Meisterstellen bei Firmen in Bielefeld und Essen-Kray bekleidet.

Möbelfabrik Hoberg in Hagenmühle, Exter, in der
Martin Lechner Betriebsleiter war.

Bis Anfang der 1920er Jahre arbeitete er in der Möbelfabrik Hoberg, dann wagte er den Schritt zur Selbständigkeit. Er kaufte von dem Bauern Jobstmeier alias Schwarzejobst, Unterwüsten Nr. 32, ein Stück sumpfiges Wiesenland auf der Loose, dicht an der Salze auf Unterwüstener Seite gelegen. Hierauf baute er die Fabrik für moderne Küchenmöbel "M. Lechner, Loose bei Bad Salzuflen". Seit ein paar Jahren (1902) bestand die Kleinbahn von Vlotho bis Herford und weiter bis Enger, Spenge, Wallenbrück mit einer Haltestelle an der Loose und einem Anschluss an die Köln-Mindener-Eisenbahn in Herford. Er wählte den Bauplatz in der Nähe der Kleinbahn. Er versprach sich sicher hierdurch für den Absatz seiner Möbel eine gute Transportmöglichkeit.

Die Dampfmaschine ...

... und der Stromgenerator.

 
Strom gab es Mitte der 1920er Jahre auf der Krutheide und der Loose noch nicht. Es war in dieser Zeit, in der Martin Lechner seine Küchenmöbelproduktion aufbaute durchaus üblich, den Strom durch einen Dieselgenerator oder durch eine Dampfmaschine herzustellen. Da er davon ausging, dass in seiner Möbelfabrik so viel Holzverschnitt anfiel, der verfeuert werden konnte, um genügend Wasserdampf zu erzeugen, entschied er sich für eine Dampfmaschine, die gleichzeitig eine Transmission antreiben sollte. 
Wir können heute nicht mehr feststellen, warum Martin Lechner entschied, zusätzlich zur eigenen Stromversorgung die Fabrik an das öffentliche Netz anzuschließen. War es die Störanfälligkeit der eigenen Stromversorgungsanlage oder war es ein erhöhter Elektrizitätsverbrauch der moderner werdenden Holzbearbeitungsmaschinen? Eine an Masten geführte Leitung aus Kupferdraht, vom Schnittpunkt der Heidestraße und der Alten Vlothoer Straße (heute Waldemeinestraße) zu seiner Produktionsstätte, musste er selbst bezahlen. Die Länge der Kabelverlegung war immerhin etwas über einen Kilometer lang und muss für dieses junge Unternehmen immense Investitionskosten verursacht haben.
Während der Inflationszeit und auch danach florierte das junge Unternehmen. Zeitweilig waren bis zu 10 Mitarbeiter mit der Möbelproduktion beschäftigt. Küchenmöbel - die seinerzeit beliebten Wohnküchen-Schränke - aber auch Schlafzimmermöbel wurden hergestellt. Zudem war es aber auch ein Familien-Unternehmen. Arbeiteten neben ihm selbst auch sein Sohn Emil Lechner, er war Holzbildhauer, und sein Schwiegersohn Gustav Pumpenmeier als Tischler in der Fabrik mit.    

Die Familie Lechner vor dem Wohnhaus und der Möbelfabrik in Unterwüsten auf der Loose.
v.l.n.r. Sophie Pumpenmeier geb. Lechner, Gustav Pumpenmeier, davor Tochter Anni Pumpenmeier, Anna Lechner geb. Düning, Martin Lechner jr., Möbelfabrikant Martin Lechner, Anna Lechner geb. Niestrath und Emil Lechner.

Die Inflationszeit am Anfang der 1920er Jahre hatte das Unternehmen noch schadlos überstanden.  Handelsvertreter in mehreren deutschen Gegenden sorgten für den Absatz der Möbel.
Im Winter 1929/30 geriet Deutschland in den Strudel der sich aus dem Zusammenbruch der New Yorker Börse im Oktober 1929 entwickelnden Weltwirtschaftskrise. Auch Martin Lechner konnte sein Unternehmen nicht halten. Er musste die Arbeit einstellen und Grundstück und Gebäude an Wilhelm Becker verkaufen.

Er zog mit seiner Ehefrau vorübergehend in das Haus seines Sohnes Emil Lechner, Unterwüsten Nr. 118. Von dort zog er Anfang Februar 1934 nach Bad Salzuflen in die Salzsiederstraße Nr. 9. 

Das Kriegsende erlebte Martin Lechner nicht mehr, er starb am 11. März 1945.

Ein spätes Foto von Martin Lechner.

 

Martin Josef Lechner
* 27. März 1874 in Landshut By.
† 11. März 1945 in Bad Salzuflen
oo am 7. September 1897 in Landshut
Anna Luise Emilie Lechner geb. Düning
* 13. Januar 1877 in Herford

Kinder
Emil Martin Lechner
* 3. Juli 1898 in Bielefeld
in Wüsten
Sophie Martha Anna Lechner
* 26. März 1901 in Bielefeld
16. August 1992 in Herford
Martin Wilhelm Lechner
* 14. Mai 1944
21. Juli 1998 in Ibbenbühren

Nach einigen kleineren Umbaumaßnahmen in den Jahren 1935 und 1936
baut Wilhelm Becker 1938 ein neues Wohnhaus.

Sperrholzfabrik Wilhelm Becker ab 1934
Wilhelm Becker, geboren am 20. November 1881 in Schildesche, war bevor er das Anwesen auf der Loose kaufte, Betriebsleiter bei den Wiruswerken in Gütersloh.
Über die Sperrholz- und Tischlerplatten-Produkion der Vorkriegs-, Kriegs- und Nachkriegszeit ist wenig bekannt. Akten aus dieser Zeit sind nicht erhalten geblieben und ehemalige Mitarbeiter, die befragt werden könnten, gibt es auch nicht mehr.  
Wilhelm Becker starb in den 1960er Jahren. Sein Sohn Werner Becker, geboren am 29. Januar 1913 in Gütersloh, verheiratet mit Elli geb. Sieker verwitwete Teuteberg, übernahm nach dem Tod seines Vaters das Unternehmen. Elli Becker starb am 5. April 1964. Werner Becker erkrankte sehr. Den Haushalt führte in dieser Zeit Frau Elfriede Watermann, eine Nachbarin. Die Sperrholz-Produktion kam zum Stillstand. Teile des Grundstücks und einen Teil der Gebäude wurden verkauft. Werner Becker starb Anfang der 1980er Jahre. Da er ohne Erben und nahe Verwandte war, vermachte er seiner Haushälterin, die ihn während seiner Krankheit gepflegt hatte, das Grundstück mit Gebäuden.   
Ab den 1980er Jahren bis 2005 hatte das Wohnhaus und die Werkshallen diverse Mieter.
Im Jahre 2005 kaufte Herr Günter Haubrock, Bad Salzuflen, das Areal.
 

Lageplan der Werkshallen mit dem Neuen Wohnhaus.

Briefkopf der Fa. Becker aus den 1930er Jahren.

 
Günter Haubrock ab 2005
Günter Haubrock erwarb die Grundstücke und Gebäude im Jahr 2005 von der Erbengemeinschaft Watermann und Bollhöfer.

Günter Haubrock erwarb 2005 das Areal 142 wobei der Bereich 143 mit den Fischteichen bereits seit mehreren Jahren in seinem Besitz sind.

 
Fotos 2005

 
Quellen: Dank an Frau Irmgard Lechner, Ibbenbüren, Frau Marianne Lechner und Frau Else Göhnermeier, Bad Salzuflen, die Fotos und Hinweise für die Ära Lechner zur Verfügung stellten.
Dank an Frau Inge Hempelmann, Herford, und Herrn Günter Haubrock, Bad Salzuflen, die mir Daten, Fotos und Zeichnungen für diese Dokumentation (Ära Becker und und jetzt Haubrock) zur Verfügung stellten.