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Entlang der Salze – Immer lieblicher wird nun das Tal

In den 1950er Jahren erwandert und beschrieben von Karl Bachler

   Murmelnd und plätschernd durcheilt die Salze das idyllische Salzetal. Droben an der Steinegge bei Exter liegt das Quellgebiet der Salze. Als Bergbach rieselt sie durch grüne Wiesen, an Wallhecken vorbei, durch gewundene Waldschluchten zu Tal, um dann in vielen Windungen durchs anmutige Tal, begleitet von sanften Hängen und waldbekränzten Uferhöhen fortzusetzen und später hinter Salzuflen in die Bega zu münden.

   Ihr soll heute unser Besuch gelten. Mit offenen Augen wollen wir dieses liebliche Stückchen Heimaterde durchstreifen, lauschen was uns des Flüßchens Wellen aus längst vergangenen Tagen erzählen.

   Von der Kleinbahnstation Horst treten wir unsere Wanderung an. Steil erhebt sich die waldige Wand des Kulsberges. Neben der Bonneberger Papiermühle, der ältesten des Ravensberger Landes, erklimmen wir die Höhe des Berges.

   Ein reizvoller Blick in die westfälisch-lippische Hügellandschaft lohnt uns für kurze Mühe.

   Massiv erhebt sich gegenüber nach Osten der breite Rücken des Winterberges. Im Tal zwischen diesem und der nächsten Höhe nach Süden, der großen Egge, liegen verstreut die Gehöfte von Valldorf.

    Hier fand im 30jährigen Kriege eine Schlacht zwischen den verbündeten Schwedischen und Evangelischen gegen die Kaiserlichen, die Katholiken, statt. Während die Kaiserlichen unter dem Befehl des Grafen Hatzfeld ihre Batterien auf dem Winterberg aufgestellt hatten, stand die andere Partei unter dem Kurprinzen Rupprecht von der Pfalz an der Egge. Die Schweden verloren die Schlacht. Kronprinz Rupprecht mußte eiligst über die Weser nach Minden fliehen.

   Aber nicht allein die wüsten Kriegsvölker durchtobten diese stillen Täler, auch Fürsten in glänzender Pracht fanden sich hier zur Beratung ein. Am 21. Juni 1510 fand drüben auf der Höhe des Bonstapels, dem König dieser vielen Bergkuppen, ein Fürstentag statt. Es galt Grenzstreitigkeiten zwischen Vlotho und Lippe beizulegen. An dieser Zusammenkunft nahmen teil: Der Herzog von Braunschweig, die Grafen von Lippe, Waldeck, Rietberg und Schaumburg und der Bischof von Paderborn. Infolge Unwetters mußten die Teilnehmer nach Röntorf reiten. Erst 1836 wurde die Grenze endgültig festgelegt.

   Das Quellgebiet der Salze, die wir hier als rechten Bergbach antreffen, liegt noch etwa 20 Minuten höher am nördlichen Abhange der Steinegge unweit des Kolons Kelle.

   Über grüne Wiesen, durch eine enge gewundene Bergschlucht mit hohen, von Jungwald bewachsenen Wänden, über Geröll, durch Moos und Farne springt das Wässerchen zu Tal.

   Ehe wir nun talab des Baches Lauf folgen, sehen wir uns den hier in der Nähe des Kolons Hartwich am Wege stehenden uralten Wittekindstein an. Unsere Gedanken schweifen zurück. Über diese Höhen, durch diese Täler ist der unbeugsame Recke Wittekind gezogen. Hier waren seine besten Jagdgründe, wenn er vom nahen Werder bei Rehme auszog. 

Der Wittekindstein

   Hier auf der Steinbank mag er wohl oft Rast gehalten haben. Sinnend steht heute noch mancher Wandersmann still und sucht aus den Schriftzeichen des Steines Bedeutung zu erforschen. Der Stein ist etwa 1,10 Meter breit und 1 Meter hoch. Durch Bearbeitung des Steins ist eine Bank von 0,28 Meter Sitzfläche und 0,80 Meter Lehnenhöhe geschaffen. Die Lehne weist am oberen Rande folgende Inschrift auf: D HORST DIESEN STEIN ERNEVERN LASSEN ANO 1659. Unter der Inschrift finden wir drei Schilde mit stark verwitterten Figuren. Unter diesen steht unmittelbar über dem Sitze vor einem Zeichen, das wohl als Steinmetzzeichen zu deuten ist, die Jahreszahl 1584. Es wird erzählt, auf diesem Stein habe Wittekind dem Kaiser Karl die Hand zur Versöhnung gereicht. Andere berichten, Wittekind habe auf ihm Gericht gehalten...

Das Waldrestaurant Zur Lose um 1910.

   Nachdem wir uns nun, hier im anmutigen Tale verweilend, mit dem Ursprung des Wittekindssteins genügend befaßt haben, brechen wir auf und folgen des Flüßchens Lauf. Rechts steigt allmählich die Steinegge bis zur bewaldeten Kuppe an. Links vertritt der Solterberg der Salze den Weg, so daß sie nach rechts biegt. An alten eichengeschmückten Höfen vorbei, wandern wir und haben bald die Bauerschaft Solterwisch (der Salze Geburtsstätte) hinter uns und durchstreifen jetzt das Bergdörfchen Exter. Weit zerstreut liegen die Gehöfte zwischen Berg, Tal und Busch versteckt. Aus halber Höhe grüßt uns von rechts das alte Dorfkirchlein (1566 erbaut) mit seinem stimmungsvollen Friedhof. Nacheinander treibt das Wasser hier zwei Mühlen. Kurz hinter Hagenmühle mündet links der Grenzbach, die Gliembecke in die Salze, die von hier bis zur Loose die Grenze zwischen Preußen und Lippe [und auch dem Amt Herford und Wüsten K.P.] bildet. Immer lieblicher wird nun das Tal. Während rechts sanfte Höhen den Fluß begleiten, wird er links von Wiesen [Brokmeiers Weiden. K.P.] und Waldbüschen eingefaßt. Unterhalb Hollenhagen ist das Tal am schönsten [Auf Wüstener Seite, der Krutheide liegen die kleinen Höfe Kleimann, Frodermann, Brand und Koring. K.P.] Bei der Loose (1354 Laze, vielleicht von Loh-Holzung stammend) mündet der Finnebach (von Femie, mooriges Weideland abgeleitet), von rechts kommend in die Salze. Er entspringt im Schwarzenmoor und bildet z. gr. Teil die Grenze. An Ihm stand noch vor langen Jahren eine Buche – Schmugglerbuche genannt. Sie erinnert an die Blüte der Kleinstaaterei und des Zollwesens. Es wird vor allem Salz über die Grenze geschmuggelt worden sein, welches zum Beispiel in Herford viermal soviel kostete wie bei uns...

Die ganze Idylle des Salzetals hier im Bild das sogenannte
Bornhaus auf dem Weg zur Loose.

   Nun stößt der Salzufler Wald mit einem kleinen Zipfel direkt bis an den Fluß. Der Teil des Waldes heißt None, mundartlich Mittagsruhe, wahrscheinlich so genannt, weil hier das Vieh Mittagsruhe hielt. Die Weiden der Ufer gingen früher bis hierher.
   Im stillen Wiesentale weiter wandernd tritt bald wieder herrlicher Wald an die Salze heran. Von rechts grüßt nun das schön gelegene Bornhaus. Wir sind am schönsten Teil unserer Wanderung, denn nun breitet sich das Tal, pulsierendes Leben tönt uns schon entgegen.
   Bevor wir uns nun der Stadt zuwenden, streifen wir nochmals rechts ab über die ehemalige Pfarrwiese, die Flachsheide, wo früher noch bis in die 80er Jahre des vorigen Jahrhunderts der Flachs der Salzufler in 500 Rotten zersetzt und dann auf der Heide gebleicht wurde.l

   Murmelnd durchfließt die Salze den Kurpark und gibt ihm einen heimlichen Reiz. Früher hieß dieser Teil des Salzetals "Unter Liet", d.h. "Unter dem Abhang" und die Brede von Breite gleich ebene Fläche stammend. Dort wurde vom Mittelalter bis in die achtziger Jahre des vorigen Jahrhunderts, als in Salzuflen die Leinenweberei noch in Blüte stand, das Leinen gebleicht. Ein altes Bleichhaus stand vor nicht langen Jahren als Ruine mitten im Kurpark.

   Jetzt mündet die Salze vor der Stadtmauer in den Mühlenteich. Westlich zweigten mehrere Gräben ab. Beim Schliepsteiner Turm vereinigten sich die Gräben. Das Wasser floß dann als Beke, Bach, durch die Lange Straße, dessen Teil früher "An der Bache" hieß, an der Steege wieder in die Salze, die früher als offenes Flußbett durch die Stadt floß. Daß die Salze versteckt, die Beke verschwunden ist, mögen wir dem Verkehr schuldig gewesen sein, daß der Schliepsteiner Turm noch steht, freut uns, daß aber das Glöckchen dort oben verstummt ist, erfüllt uns mit Wehmut, ist doch mit ihm ein Stück Poesie verschwunden, das vielen Uflern und auch den Fremden lieb war.


Quellen: Der Text wurde entnommen dem Allgemeiner Anzeiger, Freitag 14. Dezember 1979, Seite 5.
  Dank an Herrn Wilfried Sieber, Geschichtswerkstatt Exter, der das Foto vom Wittekindstein zur Verfügung stellte. Weitere Informationen: http://www.gwexter.org/geschichte.php?id=wittekindstein
  Ansichtskarte vom Waldrestaurant Loose. Sammlung Klaus Pumpenmeier.
  Das Foto mit dem Bornhaus wurde dem Buch von Gerhard Bachler "Salzuflen Anno dazumal" Lemgo, 1977, S. 125,  entnommen.