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Lehrer und Schüler der Unter- und Oberwüstener Schule

Geschichte der Unterwüstener Schule

 

Geschichte der Oberwüstener Schule  
Lehrer und Lehrerinnen in den Schulen
Schulbilder

Wüstener Schule nach 1936

 

Schwanold-Schule  
Die private Plögerschule  
Schulgeschichte von Bergkirchen  

Kurzfassung der Wüstener Schulgeschichte

Träger des mittelalterlichen Bildungswesens war allein die Kirche. In den Klöstern lehrte man in lateinischer Sprache und förderte Kunst und Wissenschaften. Später entstanden in den Städten vor allem von den Söhnen der Patrizier besuchte Lateinschulen. Die Landbevölkerung konnte weder lesen noch schreiben. Durch seine Bibelübersetzung wurde der Reformator Martin Luther (1483-1546) zum Schöpfer der deutschen Schriftsprache. Dank der Erfindung der Buchdruckerkunst um 1450, dem Drücken beweglicher Lettern auf Papier durch Johannes Gutenberg (vor 1400-1467) in Mainz, konnte die Bibel und zahllose Schriften preisgünstig in umfangreicher Auflage vertrieben werden. Jetzt entstand auch unter der breiten Bevölkerung großes Interesse, das Analphabetentum zu überwinden. Die Landesfürsten im evangelischen Raum führten mit Hilfe ihrer General-Konsistorien die Schulpflicht auch auf dem flachen Lande ein. Ziel der Bildungspolitik war es, jedermann zu befähigen, Bibel und Katechismus ohne fremde Hilfe zu lesen, abzuschreiben und die Choräle der Reformation zu singen. Das Bildungswesen wurde auch weiterhin allein von der Kirche kontrolliert.

Noch während des 30-jährigen Krieges wurde die Schule in Wüsten im Jahre 1639 gegründet und Christian Brethauer als Küster (Custos = Aufseher) mit dem Unterricht der Kinder betraut. Direkter Vorgesetzter war der amtierende Pastor. Die soziale Lage aller Schulmeister war bejammernswert, zumal sie wenig geachtet von festgesetzten Abgaben der Bauern abhängig waren. Brethauer litt nach eigenen Angaben während der Kriegszeit "Hunger und Kummer". Der Unterricht erfolgte wahrscheinlich zunächst in der 1621 fertiggestellten Kirche. Erst 1662 erbaute man auf seine flehentliche Bitte hin ein bescheidenes Küsterhaus auf dem südöstlichen Zipfel des Kirchengrundstückes als eigene Herberge und Schulraum. Brethauer unterrichtete seine Schäflein noch im biblischen Alter 66 Jahre lang.

Eine Lehrerausbildung[1] gab es noch nicht. Die Küster unterrichteten ihre Söhne im Orgelspiel und den Elementarfächern selbst, so dass sie sich später um eine Lehrerstelle bewerben konnten.

Alle Küsterlehrer versahen ihren Dienst ohne Ruhestand, bis sie  unter der Last der Jahre zusammenbrachen.  Schulze war am Ende seines Lebens "blind, taub und blödsinnig". War ein Greis unter diesen Umständen noch in der Lage, als Organist tätig zu sein und pädagogisch zu wirken? Sicher konnte man die Zustände in der Schule nur als chaotisch bezeichnen. Als er mit seinen Kräften völlig am Ende war,  stellte ihm das Konsistorium den Seminaristen und Nachfolger Friedrich Adolf Knöner zur Seite. Seit 1781 wurden alle zukünftigen Küsterlehrer in dem in Detmold gegründeten Seminar zentral ausgebildet. Knöner war der erste in Wüsten tätige Pädagoge mit einem staatlich anerkannten Abschlussexamen. Bei Visitationen wurde er hoch gelobt und ausgezeichnet, seine "Singschule" war ein Vorbild für die ganze Grafschaft.

1812 erbaute die Unterwüstener Gemeinde in unmittelbarer Nachbarschaft der alten eine neue jedoch viel zu kleine Schule. Sie ging 22 Jahre später als Leibzucht in den Besitz des Krugwirtes Schuckmann über, heute Eigentum  der Fam. Dettmeyer. 1834 errichtete man neben der Gastwirtschaft eine drei Klassenzimmer- mit Wohnung. umfassende Küsterschule.

Zu Beginn versahen in der dreiklassigen und später im 20. Jahrhundert auch mehrklassigen Volksschule die Hauptlehrer in Zusammenarbeit mit den Nebenlehrern ihren Dienst. Die Unterstufe umfasste die Jahrgänge 1 und 2, die Mittelstufe 3 bis 5 und die Oberstufe 6 bis 8. Die Schülerzahlen stiegen so rasant an, dass in einzelnen Klassen bis zu 100 Kinder gleichzeitig durch Frontalunterricht und Stillbeschäftigung im Wechsel geschult wurden.

Die Kirchengemeinde Wüsten setzte sich von alters her aus den Bauerschaften Ober- und Unterwüsten zusammen. Lange Schulwege und der Wille, sich abzugrenzen, veranlaßten die Oberwüstener Bauern, eine eigenständige, einklassige  Zwergschule zu gründen. Während einer Übergangszeit von 1802-1809 fand der Unterricht auf dem Hof Kaspersmeier statt. 1809 kaufte "die Fürstliche Regierung das Zurheidensche Colonat zu Schulzwecken" für 1215 Reichstaler. Das Fachwerkgebäude steht noch heute. Die soziale Lage des Lehrers war mehr als dürftig. Die Bauern zahlten ein geringes Schulgeld in Form von Münze und Lebensmitteln und stellten oft regelwidrig die Zuwendungen ein, wenn sie nach eigenem Gutdünken ihre Kinder z. B. in der Erntezeit als Abeitskräfte unerlaubt von der Schule fernhielten. Da die Oberwüstener Lehrerstelle  nicht mit einem Küsteramt verbunden war, entfielen auch die  damit verbundenen Bezüge; so reichten die Einkünfte zur Bestreitung des nackten Lebensunterhaltes nicht aus. Unter diesen Umständen ist es nicht verwunderlich, dass die Lehrer dauernd wechselten. Während in Unterwüsten von 1639 bis 1936 zehn Lehrer die Schule leiteten, waren es von 1802 bis 1936 vierzehn; einer starb 25-jährig an der Schwindsucht. Erst als der lippische Staat eine feste Besoldung einführte, verblieb der Lehrer in seinem Amt. Heinrich Beckmann, 1908-1944, hielt seiner Schule 36 Jahre lang bis zu seinem Tode die Treue. 

Nach dem 1. Weltkrieg im Jahre 1918 entfiel die von vielen Lehrern als Belastung empfundene kirchliche Schulaufsicht, Lehrer und Küsteramt wurden getrennt. Eine Staatliche Schulbehörde übernahm die Verwaltung des Schulwesens, fachlich erfahrene Pädagogen als Schulräte die Überprüfung der Lehrkräfte.1936 erfolgte die Zusammenlegung der beiden Schulen. Ziel war ein effektiver Jahrgangaunterricht, durch den das Leistungsniveau der Kinder dem der Stadtjugend angeglichen werden konnte. Die Schulleitung übernahm Friedrich Sprick. Das dauernde Hin- und Herpendeln von Lehrern und Schülern zwischen den weit auseinanderliegenden Schulgebäuden war auf die Dauer untragbar; deshalb beschloß der Gemeinderat den Bau einer zentral gelegenen neuen Schule. Der Ausbruch des 2. Weltkriegs setzte allen Planungen ein Ende.

Die Nachkriegszeit stellte die Wüstener Schule vor beinahe unlösbare Probleme. Durch den Zuzug zahlreicher Evakuierten- und Flüchtlingsfamilien stieg die Schülerzahl so stark, dass nach der  Wiedereröffnung  der Schule im Herbst 1945 ein geregelter Unterricht nicht möglich war.  Jetzt rächten sich die Versäumnisse. Der Schulneubau war seit Jahrzehnten überfällig. Wohl in keiner lippischen Gemeinde waren die Schulverhältnisse so chaotisch wie hier. Einquartierte Fremdarbeiter hatten in Unterwüsten sämtliche Akten und Lehrmittel verheizt. 500 Kinder warteten bei fehlenden Heften und Schulbüchern in 5 weit auseinanderliegenden antiquierten Klassenräumen auf Betreuung durch wenige Lehrerinnen, denn die aus der Gefangenschaft heimkehrenden Lehrer wurden wegen ihrer politischen Tätigkeit während der Hitler-Diktatur vom Dienst beurlaubt; so konnte der Schulbetrieb nur provisorisch durchgeführt werden. Erst mit Beginn des Schuljahres 1947/48 wurde ein halbwegs geordneter Schulbetrieb möglich. 450 Kinder, unterrichtet von 7 engagierten Lehrern, darunter 3 gerade ausgebildeten, unter der Leitung von Ernst Hollmann, 1947-1961, drängten sich in überfüllten Klassenräumen. Ein Schulorchester unter der Regie des Hauptlehrers und späteren Rektors umrahmte Festlichkeiten, darunter Weihnachtsfeiern in großem Rahmen einschließlich Krippenspielen im Saal der Gastwirtschaft Hetland und später in der Kirche. Die Errichtung zweier neuer Gebäude mit 7 Klassenzimmern, erbaut 1949 und 1954 neben der alten Oberwüstener Schule, setzten der Wanderschaft vom oberen zum unteren Dorf ein Ende. Der 1960 beendete Bau einer Turnhalle ermöglichte einen geordneten Sportunterricht an den Geräten zur Vorbereitung auf die Bundesjugendspiele. 15 Jahre nach der Kapitulation waren die Versäumnisse der Vergangenheit nachgeholt.

Im Herbst 1961 wurde Friedrich Sprick wieder mit der Leitung der Wüstener Schule betraut. Nach einer Abschwächung stiegen die Schülerzahlen erneut. Man senkte die Klassenfrequenzen, ein 9. Schuljahr wurde eingeführt. Jetzt herrschte starker Lehrermangel, überwiegend Frauen wählten ein pädagogisches Studium. Die Zahl der Klassenzimmer reichte nicht mehr aus, fehlende Funktionsräume als Vorbedingung für einen zeitgerechten naturwissenschaftlichen, hauswirtschaftlichen und Werkunterricht bereitzustellen, war das Gebot der Stunde. Um der Raumnot zu begegnen, beschloß der Gemeinderat, eine neue Schule in Betonbauweise hochzuziehen.

Mit der Fertigstellung des ersten Bauabschnittes erfolgte im Rahmen der Gebietsreform die Großgemeindebildung. Wüsten verlor seine Selbständigkeit und ging in der Stadtgemeinde Bad Salzuflen auf. Zu gleicher Zeit trat die Schulreform in Kraft. An Stelle der aufgelösten Volksschule traten zwei neue Schultypen, die die Klassen 1 bis 4 umfassende Grundschule und die Hauptschule der Jahrgänge 5 bis10. Alle älteren Schulkinder besuchten, von Schulbussen transportiert, die weiterführenden Schulen im Pädagogischen Zentrum Lohfeld, Ortsteil Schötmar, das Gymnasium, die Real- und Hauptschule.

Durch die Umfunktionierung der Sonderräume konnte Wüsten den 350 Grundschulkindern 13 z.T. übergroße, brandneue, modern eingerichtete Klassenzimmer aus dem vergrößerten Schulbezirk, der weit in die Stadt reichte, anbieten. Mit Beginn des Schuljahres 1970/71 übernahm Erwin Schubert, der bereits seit 1947 in Wüsten als Lehrer tätig, die Schulleitung. Während seiner Amtszeit wurde der Schulversuch "Vorklasse" mehrjährig durchgeführt. Zwei qualifizierte Sozialpädagoginnen betreuten je 25 Kinder starke Gruppen Fünfjähriger, unterstützt von zwei Lehrkräften.

Zu gleicher Zeit erhielt die Wüstener Grundschule den Status einer Versuchsschule, in der nach einem neuen Bildungsplan des Kultusministeriums unterrichtet wurde. Das durch Weiterbildungslehrgänge bei voller Dreizügigkeit aus 15 Lehrkräften bestehende Kollegium war stark gefordert. Trotz erfolgreicher Arbeit brach man den  Schulversuch wohl in der Hauptsache  wegen fehlender finanzieller Mittel ab. Die Einweihung des Sportplatzes in unmittelbarer Nähe der Schule erfolgte im  August 1972. Künftig konnten leichtathletische Übungen den Sportunterricht bereichern. Nach der im Sommer 1980 erfolgten Pensionierung von Erwin Schubert löste Wilhelm Stölting ihn ab. Er führte die in zweijährigem Rhythmus stattfindenden Schulfeste ein. Seit 1986 leitete die Rektorin Christa Leesemann die Grundschule.

Wer interessante Einzelheiten aus der Geschichte der Wüstener Schule erfahren möchte, sei auf die Schrift von Erwin Schubert "Kirche und Schule in der Woiste" verwiesen. Sie ist im Kirchenüro  zum Preise von 3,00 € erhältlich.


Qellen: Der obige Artikel wurde mit freundlicher Genehmigung des Autors Herrn Erwin Schubert übernommen. Die Erstveröffentlichung war in: "Einladung zum Volksfest Wüsten vom 15. bis 18. Juni 1995".
  [1] Das Lippische Lehrerseminar wurde am 27. Dezember 1774 im Schloss zu Detmold eingeweiht.