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1870 - 1871 Der Deutsch-Französische Krieg

Im Turmzimmer der Kirche zu Wüsten ist eine marmorne Gedenktafel für die vier Wüstener angebracht, die im Krieg 1870/71 gegen Frankreich gefallen sind.

Simon Heinrich August Schäfer
Füsilier der 11. Comp. Inf. Reg. Nr. 55
verw. den 14. gest. den 15. August 1870

Heinrich Christoph Brüningsmeier
Füsilier der 11. Comp. Inf. Reg. Nr. 55
verm. den 14. August 1870

Heinrich Friedrich August König
Füsilier der 11. Comp. Inf. Reg. Nr. 55
verw. den 18. gest. den 21. August 1870

Friedrich August MeierJohann
Unteroffizier der 11. Comp. Inf. Reg. Nr. 55
verw. 27. September gest. d. 17. Oktober 1870

Der Deutsch-Französische Krieg 1870 - 1871
An dem Deutsch-Französischen Krieg nahm unter preußischem Kommando auch das Lippische Infatrie-Regiment 55 teil. August Otto, der in diesem Regiment seinen Dient versah, schreibt in seinem Kriegstagebuch "Meine Erlebnisse 1870-71 in Frankreich" am 26. September 1870: "... Um 11 Uhr war Gottesdienst in der Klosterkirche [von Peltre, südlich von Metz], einem großen und geschmackvollen Saale. Pastor v. Bodelschwingh hielt die Predigt, sehr ernst, wie immer: Er ermahnte uns, doch nicht ungeduldig zu werden in dieser schweren Zeit und Gott dem Herrn zu vertrauen. Eine solche Ansprache tut wohl, man spürte, daß sie aus aufrichtigem und frommen Herzen kam." Nach der Schilderung von Tageserlebnissen schreibt er weiter: "Es war ein ganz prachtvoller Abend. Von der untergehenden Sonne voll beschienen, sah ich den Unteroffizier Meierjohann [aus Unterwüsten Nr. 4, heute der Hof Dr. Siefert, Hellerhausen Nr. 5] von der 11. Kompagnie an einem Tische im Klostergarten mit Schreiben beschäftigt. Man konnte seine Freude an diesem kräftigen, vor Gesundheit strotzenden Manne haben. Dieser herrliche Septemberabend sollte für ihn der letzte sein; am folgenden Tage ist er gefallen." Der Autor berichtet ausführlich über das am 27. September stattgefundene Gefecht und zieht das Fazit:

"Unser Bataillon hatte 125 Mann an Gefangenen verloren. ... Gefallen oder an ihren erhaltenen Wunden bald gestorben sind zwei Offiziere, die Leutnants Schultz und Ernst der Unteroffizier Meierjohann und 14 Füsiliere, verwundet wurden 25 Mann."

Dieses Scharmützel beschreibt auch Georg Hill in seinem Buch "Der Französische Krieg" in dem damals gepflegten patriotischen Stil: "... Dennoch vermag die Stellung des Feindes nicht genommen zu werden, der seine ganze Kraft gegen diesen Punkt hin gesammelt hat und von zwei Seiten die Preußen unter Feuer nimmt. Die 13. Division hält mit Aufwand aller Kraft die Stellung vor Colombey; ob es ihr gelingen wird, sie zu behaupten, das konnte niemand mit Bestimmtheit sagen, als die Uhren die sechste Abendstunde zeigten. Fortwährend von den Geschossen des Feindes umschwirrt, von seinen Vorstößen bedroht, harrte diese heldenmüthige Division im Tosen des Kampfes der Hülfe, welche ihr kommen sollte, sich dem wüthend kämpfenden Feinde oft an drei Stellen zugleich mit verhältnißmäßig geringen Kräften stellend. Hoch auf dem Steinhaufen flattert die Fahne des Füsilierbataillons des Regiments Nr. 55. Die Sektion, welche das Zeichen bewacht, ist decimirt, denn der Feind richtet seine Geschosse dahin. Der Fahnenträger Fincke blutet, aber er hält wacker seine Fahne, erst, als eine zweite Kugel seinen Arm durchbohrt, giebt er das Banner ab. Der Unteroffizier Vögeding übernimmt die Fahne. Er hat sie kaum ergriffen, als auch ihm eine Granate den rechten Arm abreißt. Jetzt wird sie dem Serganten Möller übergeben, er trägt sie in die Reihen der Kompagnie zurück, und noch ein Mal versucht das Füsilierbataillon vorzudringen, - vergeblich."

Die Fahne des 6. Westfälischen Infaterieregiments Nr. 55.

Einen anderen Aspekt dieses Krieges beleuchtet Pastor Krücke, er schreibt in seinem Pastoralbericht an das Kosistorium in Detmold: "Der Kirchenbesuch, der in Wüsten 25 bis 36% beträgt, stieg im Sommer zu Anfang des Krieges so, daß oft alle Gänge der Kirche voll standen [...]. Erfreulich war es zu sehen, wie nicht nur bei denen, die Verwandte im Kriege hatten, sondern auch bei den anderen Gemeindegliedern sich zeigte, daß noch die Not unser Volk lehrt, aufs Wort zu merken. Auf dem Dorfe, wo wenige Zeitungen lesen und wo viele den falschen Gerüchten ausgesetzt sind, schien es mir auch keine Entweihung der Kanzel zu sein, wenn sonntäglich in den Abendkirchen ein kurzer Bericht über die Ereignisse auf dem Kriegsschauplatze gegeben wurde."


Quellen: Otto, August: Meine Erlebnisse in Frankreich 1870/71. Kriegserlebnisse eines Füsiliers vom Infanterie-Regiment Nr. 55. Oldenburg i. Gr., o.D.
  Hill, Georg: Der Französische Krieg von 1870 und 1871. Verlag von Velhagen & Klasing, Bielefeld und Leipzig, 1873.
  "Unter dem Volke und mit dem Volke gelebt..." Die vertraulichen Berichte der Pfarrer an das Fürstlich Lippische Konsistorium 1840-1880. Herausgegeben im Auftrage der Lippischen Landeskirche von Volker Wehrmann, Detmold, 1988, S. 319.