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Zaunkönig (Troglodytes troglodytes)

Systematik:

Ordnung:
Sperlingsvögel
(Passeriformes)
Unterordnung:
Singvögel (Passeri)
Familie:
Zaunkönige (Troglodytidae)
Gattung:
Troglodytes
Art:
Zaunkönig
(Troglodytes troglodytes)
 

Abb. 2 Zaunkönig in typischer Haltung mit gestelztem Schwanz

Abb. 3 Zaunkönig mit deutlicher Flügel- und Rückenfärbung.

Abb. 4 Zaunkönig mit
gefangenem Insekt

Abb. 5 Das kugelförmige Zaunkönig-Nest mit seitlichem Ausgang.

Abb. 6 1999 gaben die Färöer eine Briefmarke mit Zaunkönigen als Motiv heraus. 

Abb. 1 Singender Zaunkönig

Kennzeichen:
Der Zaunkönig ist einer unserer kleinsten Vögel. Sein geschmettertes Lied ist das ganze Jahr über zu hören, dabei wird der kleine Schwanz häufig gestelzt.

Färbung:
Der Gesamteindruck ist dunkelbraun. Unterseits ist er etwas heller. Die Flügel, Flanken und der Schwanz sind schwach quergebändert. Deutlich ist der helle Streifen über dem Auge.

Stimme:
Der Gesang ist auffallend laut mit langen Strophen.

Fortpflanzung:
Gewöhnlich wird 2x im Jahr gebrütet. Das kugelförmige Nest mit seitlichem Einschlupfloch wird in Bodennähe, in geringer Höhe oder auch in Erdlöchern angelegt. Es wurden schon Nester in verlassenen Eisvogelröhren, in Wurzeltellern umgestürzter Bäume, in Türkränzen und in versteckten Plätzen an Gebäuden gefunden. Der Einfallsreichtum des Zaunkönigs bei der Wahl eines Nistplatzes ist groß. Kommt man in Nähe seines Nestes, hört man oft den Warnruf des Vogels, ein scharfes „Tek-Tek“.
Die 5-8 weißen Eier mit kleinen dunklen Punkten werden ausschließlich vom Weibchen gut 2 Wochen lang bebrütet, danach füttern beide Vogeleltern bis zu 2 1/2 Wochen. Nach dem Verlassen des Nestes werden die kleinen Zaunkönige noch eine Zeitlang von den Altvögeln versorgt und zur Selbständigkeit angeleitet.
Selten baut das Zaunkönigmännchen nicht nur 1 Nest, sondern bis zu 5 Stück oder sogar noch mehr. Zunächst sucht das auserwählte Weibchen eins von den Nestern aus, das erst danach innen mit Federn ausgepolstert wird. Während das erste Weibchen brütet, verpaart sich das Männchen manchmal mit einem noch freien Weibchen und beginnt mit ihm eine weitere Brut. Diesen Vorgang nennt man Polygamie. Oft füttert das Männchen dann später sogar am anderen Nest mit und hat reichlich zu tun, um alle hungrigen Vogelkinder zu versorgen. Auf diese Weise werden Verluste aus extrem kalten Wintern schneller ausgeglichen.

Nahrung:
Die Nahrung besteht überwiegend aus Insekten, deren Larven und kleinen Spinnen. In strengen Wintern kann ein großer Teil der Zaunkönigpopulation zugrunde gehen und es dauert mehrere Jahre, bis der Bestand sich wieder erholt hat.

Biotop:
Man trifft ihn in Parkanlagen, Wäldern und auch in der Nähe von Häusern an.

Verbreitung:
Zaunkönige sind über weite Teile Europas mit Ausnahme des hohen Nordens verbreitet, 

Vorkommen in Wüsten:
Bei uns in Wüsten ist der Zaunkönig kein seltener Brutvogel. Durch sein unauffälliges Gefieder und durch sein Huschen dicht auf dem Boden und unter Büschen wird er weniger wahrgenommen. In der Waldemeine hat er in den Willkommenskränzen, zweier täglich mehrfach begangener Haustüren Nester gebaut und auch Junge darin großgezogen.

Wanderung:
Nur einige Zaunkönige suchen in der kalten Jahreszeit wärmere Gefilde auf („Teilzieher“).

Verhalten:
Zaunkönige sind Einzelgänger. Nur in der Brutzeit kann man sie selten paarweise beobachten. Auch im Winter sollen sie gelegentlich gemeinschaftlich übernachten.

Anmerkung:
Die Gebrüder Grimm haben den Zaunkönig in einem Märchen verewigt.
http://www.grimmstories.com/de/grimm_maerchen/der_zaunkoenig

Aus der lippischen Vogel-Literatur:

Heinrich Schacht schildert in seinem 1931 erschienenen Buch seine Beobachtungen in unnachahmlicher Weise: 

"Von allen Sängern erfreut sich keiner einer größeren Popularität, als der jedermann bekannte Zaunkönig, auch Winter- oder Schneekönig genannt. Er gehört zu den wenigen Vögeln, die jahraus, jahrein in der Heimat bleiben und deren Lieder auch in jener Zeit unser Herz erfreuen, wenn alle anderen Sänger verstummt oder verschwunden sind. An den schönen Herbstmorgen, wenn zu unsern Häupten die wanderlustigen Scharen lockend oder lautlos dahinsegeln, läßt der kecke Vogel aus dem Reisighaufen des Baumhofes plötzlich seine lustige Weise erschallen, als wollte er der Wanderer spotten, die, um dem Mangel und der bitteren Not zu entgehen, gezwungen sind, ihr Vaterland zu verlassen. Und wenn dann später der Winter in sein silberglänzendes Gewand Wald und Flur eingehüllt hat und die Strahlen der aufgehenden Wintersonne durch die blumenbemalten Scheiben glitzern, da erklingen unter unserm Fenster wieder dieselben Lieder mit gleicher Kraft und gleichem Wohlklang. Ein solcher Sänger muß mit seinen Liedern unser Herz erobern und unser Interesse im hohen Grade erregen.

Betrachten wir ihn in seinem täglichen Leben, in seinen Sitten und Gewohnheiten einmal näher, so finden wir, daß er schon früh am Morgen, wenn am östlichen Himmel "die dämmernde Eos mit Rosenfingern emporsteigt", sein Versteck verläßt, um seine Streifzüge durch sein Gebiet anzutreten. Dieses liegt gewöhnlich tief im Walde, wo sich der Gebirgsbach mühsam durch Fels und Gestein zwängt, dichtes Gebüsch und Gestrüpp die Ufer besäumt und hin und wieder Baumwurzeln und Felsklüfte beliebte und gesuchte Schlupfwinkel bieten. Aber auch in den Gärten und Baumhöfen der Walddörfer, wenn sich nur dichte Hecken, tote Zäune, Reisighaufen, aufgeschichtetes Holz, offene Schuppen usw. vorfinden, ist er ständiger Bewohner. Vermöge seines winzigen Körperbaues ist er imstande, die engsten Spalten zu durchschlüpfen, überall einzudringen, jeden Winkel, jedes Eckchen genau zu durchstöbern. Er hält sich meist verborgen, und nur zeitweilig taucht er empor, erscheint auf einem Zaunpfahle, einem dürren emporstehenden Reise, trillert sein Lied, verneigt sich, dreht sich einigemal mit keck erhobenem Schwänzchen im Kreise herum, lockt auch wohl mit lautem Zerrr oder Zeck, zek, zek!, eilt dann schwirrenden Fluges weiter und verliert sich wieder in seinen Verstecken. Den Spechten ähnlich, durchstreift er sein Revier mit einer gewissen Regelmäßigkeit und erscheint täglich zur bestimmten Stunde wieder an bestimmten Orten.   

Recht spaßhaft sieht er aus, wenn er einmal bei meinen unter dem Fenster im Garten stehenden Stubenvögeln erscheint und ihnen seinen Besuch abstattet. Ohne weitere Umstände spaziert er an der einen Seite in den Käfig hinein, an der anderen hinaus, natürlich zur großen Verwunderung der eingekerkerten Freunde. Sehr oft besucht er auch Scheune und Stallungen, Küche und Keller, wo er mit dem spitzen Schnabel die schlafenden und verborgenen Bruten der Kerfe aus ihren Schlupfwinkeln hervorzieht.

Schon früh im Jahre regen sich in dem Herzen unsers Liliputers "der Liebe zarte Triebe", sah ich ihn doch schon Mitte Januar bei 5° Kälte und tiefem Schnee seine Erkorene mit aufgeblähtem Gefieder und den wunderlichsten Kapriolen umtanzen, wobei er ihr die süßesten Schmeicheleien ins Ohr zwitscherte. Natürlich schreitet er um diese Zeit noch nicht zum Nestbau, jedoch fängt er damit, wie alle Standvögel, schon Ende März an. Der kleine Vogel ist ein ausgezeichneter Baukünstler. Wer hat ihm nicht schon Bewunderung gezollt, dem einfachen Königspalaste, der sich bald im dichtesten Fichtengebüsche und Brombeergestrüpp, bald in den Efeuranken alten Gemäuers, bald in den düsteren Fugen der rußigen Köhlerhütte, bald in dem Bleichhäuschen der Wäscherin, bald unter dem Strohdache des Landmanns vorfindet? Es gibt unter unsern Baukünstlern keinen zweiten, der einen solch praktischen Sinn in der Wahl der verschiedenen Örtlichkeiten bekundet, wie der Zaunkönig. Einmal fand ich sein Nest sogar in einer Höhe von 6 m auf dem herüberhängenden Aste eines knorrigen Birnbaums. Das schönste Exemplar eines Nestes aber, das ich je gesehen habe, stand einst in der Nähe meiner Wohnung, ungefähr 1 m hoch in der moosigen Umhüllung einer alten Eiche. Damit nämlich der zirkelrunde Eingang durch fortgesetzten Besuch des Nestes seitens der Vögel nicht übermäßig erweitert werde, war er durch einige horizontalliegende Reiser gleichsam mit einer Schwelle versehen; über dem Eingange aber war eine etwas abstehende, aus Moos und Reisern hergestellte Bedachung angebracht, so daß weder Zugwind noch Regen die häusliche Gemütlichkeit stören konnte. Der Zaunkönig scheint an der Herstellung des Nestes ein eigenes Wohlgefallen zu haben, denn während die ehrsame Gattin dem Brutgeschäfte obliegt, treibt sich der Herr Gemahl nicht schwelgend und lungernd oder neue Liebesverhältnisse anknüpfend umher, sondern er errichtet nach Art der Webervögel Südasiens und Afrikas in seinem Herrschergebiete sogenannte Vergnügungsbauten. Man kann diese Vergnügungsnester leicht von der eigentlichen Wohnung unterscheiden, denn es fehlt ihnen die warme Federauspolsterung, Daß aber ein solcher Vergnügungsbau auch einmal zur Familienstube eingerichtet werden kann, habe ich auch schon beobachtet. Ich fand nämlich einst ein Vergnügungsnest in einem alten, moosbewachsenen Hainbuchenstamme. Im Jahre darauf blieb der Bau unbesetzt, ward aber im Lenz des nächsten Jahres zur neuen Brutstätte eingerichtet und auch als solche benutzt. Ob diese Vergnügungsbauten später als Schlafkammern der jungen Königskinder dienen können, habe ich noch nicht beobachtet, wohl aber weiß ich aus Erfahrung, daß in den nahe am Boden stehenden Nestern zur Winterzeit gern ein oder das andere Waldmäuschen sein Quartier aufschlägt.        

Sobald die Jungen, gewöhnlich 6-8 an der Zahl, unter der sorgsamsten Pflege herangewachsen sind, verlassen sie das enge Häuschen und verstecken sich im nahen Gebüsche, das eine hier, das andere dort. Aber schon nach wenigen Stunden hat sie der Eltern sorgender Ruf wieder vereinigt, und nun bietet sich dem Beobachter das schönste Naturbild dar. Auf einem waagerechten Zweige, vom duftenden Grün umschattet, sitzt, eins ans andere gereiht, die kleine Schar, das allerliebste Stumpfschwänzchen emporgestreckt und mit munteren Augen keck in die Welt hineinschauend. Kaum aber ertönt der Eltern Warnungsruf, da stürzen sich alle ins Gebüsch hernieder. Nur eins bleibt vielleicht noch ein Weilchen sitzen, richtet sich hoch auf, schaut ängstlich spähend umher, um bald auf gleiche Weise zu verschwinden.

Zur Nachtruhe sucht sich der Zaunkönig im Winter gern ein warmes Plätzchen, schläft auch gern mit seinesgleichen zusammen, wie aus folgender Beobachtung hervorgeht: Neben meinem Stubenfenster standen einst zwei Hausschwalbennester. Im Anfange des Winters bezog ein Zaunkönig eins derselben als Schlafgemach. Nach einiger Zeit brachte er sich eine Gesellschafterin mit. Ungefähr eine Woche später, als der Schnee mehrere Fuß tief lag, stand ich abends am Fenster, um die beiden Hausfreunde, die sich regelmäßig einstellten, zu erwarten, und siehe da!, es erschienen nicht zwei, sondern fünf Stück meiner Troglodyten, die alle, wie auf Kommando, in die Schwalbennester schlüpften."


Quellen: Bezzel, Einhard: Vögel. BLV Handbuch. Sonderausgabe. München.
  Gattiker, Ernst und Luise: Die Vögel im Volksglauben. AULA Verlag, Wiesbaden 1989
  Glutz von Blotzheim: Urs N.: Handbuch der Vögel Mitteleuropas. München 1997,
  Heuer, Peter Ulrich: Zaunkönig (Troglodytes troglodytes), Unveröffentlichtes Manuskript.
  Schacht, Heinrich: Die Vogelwelt des Teutoburger Waldes. Verlag der Meyerschen Hofbuchhandlung (Max Staercke). Detmold 1931.
Text: Klaus Pumpenmeier
Fotos: Peter Ulrich Heuer, Bad Salzuflen. Abb. 1, 2, 3, 4
  Klaus Pumpenmeier Abb. 5