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Uferschwalbe (Riparia riparia)

Systematik:

Ordnung:
Sperlingsvögel (Passeriformes)
Unterordnung:
Singvögel (Passeri)
Familie:
Schwalben (Hirundinidae)
Gattung:
Riparia
Art:
Uferschwalbe (Riparia riparia)

 

Abb. 3 Drei junge Uferschwalben warten am Ausgang der Brutröhre auf Futter

Abb. 4 Nach Futter bettelnder Jungvogel

Abb. 4 Frühes Foto einer Uferschwalbe

Abb. 5 Die Uferschwalbe war Vogel
des Jahres 1983
Abb. 6 Uferschwalben aus Neumann, Naturgeschichte der Vögel Mitteleuropas

Abb. 1 Uferschwalbe füttert Junge in der Steinbecker Sandgrube

Abb. 2 Kleine Brutkolonie in der Steinbecker Sandgrube [3]

Kennzeichen:
Die Uferschwalbe (Riparia riparia) ist mit 12-15 cm die kleinste unserer heimischen Schwalbenarten. Ihr Schwanz ist nicht sehr lang und weniger tief gegabelt als bei den anderen Schwalben, schmale Flügel.

Färbung:
♂ = ♀ Oberseite braun, Unterseite weiß mit braunem Brustband

Fortpflanzung:
Kolonienbrüter. Nest in einer selbst gegrabenen bis zu 70 cm tiefen, waagerechten Röhre in Sandgruben oder steilen Uferböschungen. Am Ende ist die Brutröhre erweitert und mit Nistmaterial ausgepolstert. Brutzeit ist von Mai bis Juli. 4-6 einfarbig weiße Eier, die von beiden Eltern 12-15 Tage bebrütet werden. Die Jungen werden von beiden Altvögeln gefüttert und verlassen das Nest bzw. die Brutröhre etwa nach 20 Tagen. Häufig 2 Jahresbruten.

Nahrung:
Die Uferschwalbe fliegt sehr niedrig über Teiche und Flüsse und schnappt dabei nach fliegenden Kleininsekten. Sie kann dabei bis zu 50 km/h erreichen.

Biotop:
Sand- und Tongruben oder an Flussufern, immer in der Nähe von Gewässern.

Verbreitung:
Seltener Brutvogel, der in ganz Europa und Eurasien vorkommt. Schon Heinrich Schacht schreibt 1931: "Auch diese Schwalbenart verschwindet von Jahr zu Jahr immer mehr. Ich habe oft in Lehm- und Kiesgruben 10-20 Paare getroffen; heute findet man dort höchstens 3-5 Pärchen."

Vorkommen in Wüsten:
Es gab in Unterwüsten bis in die 1980er Jahre nur eine kleine Brutkolonie in der kleinen Steinbecker Sandgrube an der Alten Vlothoer Straße auf der linken Seite in Richtung Bad Salzuflen.

Wanderung:
Langstreckenzieher. Winterquartier von September bis April in Ost- und Südafrika.

Verhalten:
An den Brutröhren sehr kommunikativ, ein ständiges Zwitschern und Geschrei der Altvögel, dazwischen die Bettelrufe der Jungen. Falls ein Greifvogel gesichtet wird, herrscht augenblicklich Totenstille. Alle Uferschwalben verschwinden in ihren Höhlen. Erst nach einer geraumen Weile erhöht sich der Lärmpegel langsam wieder.

Rote Liste:
In der Roten Liste gefährdeter Arten der IUCN als gefährdet eingestuft. (IUCN = International Union for Conservation of Nature and Natural Resources, deutsch: Weltnaturschutzunion).
Auch in der Roten Liste der gefährdeten Vogelarten in Nordrhein-Westfalen ist die Uferschwalbe als gefährdet aufgeführt und, dass ihr Überleben stark von Naturschutzmaßnahmen abhängig ist.  
Die Uferschwalbe war Vogel des Jahres 1983.

Eine eher traurige Geschichte

An der Alten Vlothoer Straße in Höhe des Stumpfen Turms befanden sich ursprünglich drei Sandgruben:
Die große Steinbecker Sandgrube unterhalb des Stumpfen Turms, die Mitte der 1970er Jahre erschöpft war, wurde renaturiert und ein Teil des Bad Salzufler Landschaftsparks.
Die städtische Sandgrube auf der gegenüberliegenden Straßenseite, die nie sehr ergiebig war, wurde aufgefüllt und zu einem Kinderspielplatz gestaltet.
Und zum Dritten: Eine Sandgrube, ebenfalls auf der linken Seite der Straße von der Waldemeine in Richtung Bad Salzuflen, die zum nahe gelegenen Gut Steinbeck gehörte.

Schon vor dem zweiten Weltkrieg wurde hier gelegentlich Sand abgebaut, Füllsand von weniger guter Qualität. Von der Straße war diese nicht sehr tiefe Mulde durch Gebüsch verdeckt und weniger gut einsehbar. In den Vorkriegs- und ersten Kriegsjahren durften hier auch die "Zigeuner", wie diese Volksgruppe seinerzeit genannt wurde, für ein paar Tage ihr Lager aufschlagen.

Während des allgemeinen Baubooms in den 1970er Jahren wurde auch hier wieder in verstärktem Maße Sand abgebaut. In ein paar Jahren entstand eine etwa 15 Meter tiefe Grube. Durch den Salzufler Stadtwald und durch Ackerland angrenzender Bauern waren die Möglichkeiten der Ausdehnung aber begrenzt. Ein paar Jahre lag die Sandgrube brach. Ein Grundwasserteich bildete sich. Bis auf die östliche Steilwand wuchsen an den Hängen Sträucher und auch kleine Bäumchen. Am Eingang war eine Kette gespannt, so dass der Eingang versperrt war. So entstand in aller Ruhe ein artenreiches Biotop.

1979 siedelten sich die ersten beiden Uferschwalbenpaare dort an. Sie gruben in die Steilwand ihre Niströhren und zogen ungestört ihre Jungen dort auf. 1980 waren es bereits fünf  Brutpaare dieser seltenen Vogelart (siehe Foto). Wir können uns heute glücklich schätzen, dass Naturfotografen seinerzeit diese kleine Brutkolonie entdeckt haben und im Foto festhielten. Die Steilwand, der Grundwasserteich und auch die nahe gelegenen Steinbecker Teiche waren  ideale Voraussetzungen für eine sich bildende größere Ansiedlung der Uferschwalben.

Aber soweit sollte es nicht kommen! Kommerzielle Interessen standen dem entgegen!

Die Stadtverwaltung gab diese Grube zum Auffüllen von Bauschutt und Abraum frei. Ein Lastwagen nach dem anderen rollte nun von nah und fern an und füllte dieses geschützte Biotop Meter um Meter auf. Für die seltenen Uferschwalben war kein Platz mehr. Sie verschwanden auf Nimmerwiedersehen.

Vor dreißig Jahren waren Natur- und Artenschutz in unserem eingemeindeten Ortsteil aus höherer Sicht noch Fremdwörter. Heute würde es der Verwaltung sicher nicht mehr so leicht gemacht werden, mit einem Federstrich solche gegen die Natur gerichteten Entscheidungen zu treffen.

Irgendwem muss dann doch ein schlechtes Gewissen gekommen sein. Unterhalb des Stumpfen Turms wurde der dilettantische Versuch unternommen eine künstliche Steilwand zu errichten. Vergeblich, kein Vogel hat dort je versucht zu nisten!

Ähnlich geht  es der einstmals großen Uferschwalbenkolonie am Hartigsee in Holzhausen. Durch Renaturierung wurden einige Steilufer bereits abgeschrägt. Auch dort werden die Uferschwalben bald für immer verschwunden sein.

Diese seltene Vogelart ist in unserer Großgemeinde kaum noch anzutreffen - unsere Umwelt wird wieder ein Stück ärmer sein.

Abb. 7-10 Fotos von Anfang der 1980er Jahre. Die Steinbecker Sandgrube wird durch Abraum aufgefüllt und
damit war die kleine Uferschwalbenkolonie dem Untergang geweiht.


Quellen: Glutz von Blotzheim: Urs N.: Handbuch der Vögel Mitteleuropas. München 1997, Band 14/II.
  Bezzel, E. / B. Gidstam: Vögel. BLV Bestimmungsbuch, München 1978.
  Bezzel, Einhard: Vögel. BLV Handbuch. Sonderausgabe. München.
  Cerny, W. / K. Drchal: Welcher Vogel ist das? Kosmos. Stuttgart, 3. Auflage, 1973.
  http://de.wikipedia.org/wiki/Uferschwalbe
Text: Klaus Pumpenmeier
Fotos Wolff, Gustav: Aus: Das Nachtgespenst und andere Tiergeschichten. Hrsg. vom Lippischen Heimatbund. Detmold 1959: Abb. 4
  Rolf Dieringer, Landschaftswart in Bad Salzuflen: Abb. 2, 7-10
  Klaus Pumpenmeier: Abb. 1, 3, 4 (Anmerkung: Es sind alte Originalaufnahmen aus der Sandkuhle, die heute an diesem Ort leider nicht mehr - und in besserer Qualität - gemacht werden können, da dieses Biotop für die Uferschwalben für alle Zeit verloren gegangen ist.)
  http://de.wikipedia.org/wiki/Vogel_des_Jahres Abb. 5