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Flora und Fauna in Wüsten
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Grauschnäpper
(Muscicapa striata) |
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Systematik: |
Ordnung:
Sperlingsvögel
(Passeriformes) |
Unterordnung:
Singvögel (Passeri) |
Familie:
Fliegenschnäpper (Muscicapa) |
Unterfamilie:
Eigentliche Fliegenschnäpper (Muscicapa) |
Gattung:
(Muscicapa) |
Art:
Grauschnäpper
(Muscicapa striata) |
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(Abb. 1) Grauschnäpper |
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(Abb.
2) Flugjagd des
Grauschnäppers. |
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(Abb.
3) Junger Grauschnäpper. |
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Kennzeichen:
Der Grauschnäpper oder graue Fliegenfänger ist
etwas kleiner als ein Sperling und ähnlich gefärbt.
Seine Sitzhaltung ist die eines Ansitzjägers,
aufrecht. Männchen und Weibchen sind vom Aussehen
her gleich. Der Gesang ist leise und unauffällig mit Pausen
ohne Strophen. Er ist unauffällig und wird leicht
übersehen. |
Färbung:
Die Oberseite ist dunkel graubraun ohne
auffallende Kennzeichnung, die Unterseite hell,
fast weißlich. Kopf, Kehle und Brust fein dunkelgrau
gestrichelt. Jungvogel gefleckt. |
Fortpflanzung:
Das Nest wird von beiden Altvögeln in Halbhöhlen
oder Nischen gebaut. Häufig in der Nähe von Häusern,
unter Dachvorsprüngen im Gebälk, in Mauerlöchern.
Hier in Wüsten im OT Waldemeine im Willkommenskranz.
Legebeginn Mai-Juni, 4 bis 6 Eier, helle Grundfarbe
bräunlich gefleckt. Das Weibchen brütet meist 12 bis
15 Tage. Wird vom Männchen gefüttert. Beide Partner
füttern die Jungen 12 bis 15 Tage im Nest und noch
mehrere Tage nach dem Verlassen des Nestes.
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Nahrung:
Er unternimmt von einer Sitzwarte aus kurze Jagdausflüge
auf vorbei-fliegende Insekten, auch Wespen und Bienen, und
kehrt meist zum Ausgangspunkt zurück. |
Biotop:
Brütet an Waldrändern und -lichtungen, auch in Gärten und
Parks, häufig an Häusern. Gebiete mit reichlichem
Insektenangebot. |
Verbreitung:
Im europäischen Tiefland und Mittelgebirge. Ostwärts bis
Mittelsibirien. |
Vorkommen im Ortsteil Wüsten:
In Wüsten gibt es keine offizielle Zählung der
Grauschnäpper-Bruten. Die Brutverbreitungskarte im
Buch "Die Brutvögel Nordrhein-Westfalens" sagt für
OWL 1,5 Reviere pro 100 ha aus. Hochgerechnet für
Wüsten mit 18,62 km² ergeben sich daraus etwa 280
Brutpaare. |
Wanderung:
Langstreckenzieher von September bis Mai bis ins
südliche Afrika. |
Verhalten:
Der Grauschnäpper sitzt auf Zäunen oder ähnlichen
halbhohen Sitzwarten. Während der Zeit, in der die Jungen
gefüttert werden, zumeist in der Nähe des Nestes. Selten
weiter als 50 m vom Nest entfernt. |
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(Abb. 4) Grauschnäppernest mit fünf Eiern im Willkommenskranz an
der Haustür (12. Juni 2014). |
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(Abb. 5) Grauschnäpper bei starker Mittagssonne mehrere Minuten auf
dem Nest stehend und hechelnd (13. Juni 2014). |
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(Abb. 6)
Grauschnäpper am Nest (28. Juni 2014). |
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(Abb. 7)
Frischflügger Grauschnäpper bettelt um Futter. |
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Aus der lippischen Vogel-Literatur: |
Heinrich Schacht,
schreibt in der zweiten Hälfte des 19. Jahrh. über
die Fliegenfänger: |
In den
ersten Tagen des Wonnemonats finden sich in unserem
Walde jene unruhigen Kerbtierjäger ein, welche zu
der eigenartigen Gruppe der Fliegenfänger oder
Fliegenschnäpper gehören. Die bei uns lebenden Arten
haben in ihrem Federkleide nicht viel Bestechendes,
da graue, weiße und schwarze Farben vorherrschend
sind. Was ihre musikalische Begabung anbetrifft, so
dürfen wir unsere Anforderungen nicht zu hoch
stellen. Ursprüngliche echte Waldvögel, ziehen sie
sich doch zeitweilig in die Nähe menschlicher
Wohnungen, oft um dort zu brüten, oft nur, um bei
schlechter Witterung ihre Kerbtierjagden mit
größerem Erfolg betreiben zu können. |
Über den Grauen
Fliegenfänger schreibt er: |
Am
Rande der Nadel- und Laubhölzer, in Baumhöfen und
Gärten, oft dicht an den Wohnungen der Menschen,
bemerken wir zur Sommerzeit häufig einen
sperlingsgroßen und sperlingsgrauen Vogel, der auf
einem erhöhten Gegenstand fußend, oftmals sein
trauriges Tschri, tschri! erschallen läßt, das ist
der graue Fliegenfänger oder Fliegenschnäpper, wegen
beständiger Lüftung der Flügel von dem Volke
Schlappfittich benamset. |
Wo er
keinen Nachstellungen ausgesetzt ist, wird er
ungemein zahm und zutraulich und stellt dicht vor
den Augen der Menschen seine Jagden an, indem er ein
vorbeifliegendes Insekt gewandten Fluges, unter
hörbarem Schnabelklappern, erhascht. Allenthalben
hat er seine Lieblingswarten, und wer nur in der
Nähe der Niststätte, wo er sich gerne aufhält, eine
etwa mannshohe Stange aufstellt, wird bald das
Vergnügen haben, sie von dem kleinen Hausfreunde
besetzt zu sehen. Fliegende Kerfe erwischt er im
Fluge, über sitzenden rüttelt er eine Weile mit den
Flügeln, ergreift sie und trägt sie seiner Warte zu.
Die Bienenväter sind nicht gut auf ihn zu sprechen,
da er von Zeit zu Zeit sich ein Honig schleppendes
Tierchen zu Gemüte führen soll, was aber durchaus
nicht auf Wahrheit beruht, da er nur die
stachellosen Drohnen fängt, und ich weiß sogar, daß
ein solcher erzürnter Imker einen armen
Fliegenfänger, der dicht vor der Bienenhütte sein
Heim auf dem Zweige eines Apfelbaums gegründet, mit
dem wuchtigen Schlage eines mächtigen Knittels samt
seinem Neste zu Boden schlug. So vergilt der
"vernunftbegabte Mensch den kleinsten Eingriff in
sein Eigentum seitens eines unvernünftigen" Tieres.
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In der Wahl des Standortes für
sein Nest geht er mit Überlegung zu Werke, und nicht
jeder scheinbar passende Platz ist ihm wirklich
passend. So hatte ich an meinem Hause zwei Stück
gleich große Brutkästen ausgehängt, den einen nach
der Süd- und den andern nach der Nordseite,
letzteren in der Nähe der Miststätte. Anfangs fiel
die Wahl meines Fliegenfängerpärchens auf den ersten
Kasten, und die Instandsetzung begann sofort; nach
einigen Tagen wurde dieser Bau verlassen und nunmehr
der letzte Kasten bezogen. Häufig richtet sich der
Vogel, wie ein alter Praktikus, nach der
Lebensweisheit des Satzes: Ragt ein Balken in dein
Haus, mach dir einen Tisch daraus! So fand ich schon
sein Nest in einem Apfelpflücker, der am Hause
hing, auf einer Weinrebe im Innern eines
Schulzimmers, auf einer unter dem Dache hängenden
Harke, in Gerüst- und Mauerlöchern, in einem
Buchenbusche, ja einmal gerade meiner Haustür
gegenüber in einem Wacholderstrauche.
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Das Brutgeschäft besorgen beide
Alten abwechselnd. Die Eier haben eine lichtgrüne
Farbe und sind mit rostfarbenen Flecken verziert.
Die Jungen wachsen rasch heran, verlassen in 12 -
14 Tagen das Nest, werden aber noch einen Monat lang
von den Alten gefüttert, ehe sie es erlernen, ihre
Jagden selbständig zu betreiben. Einst beobachtete
ich, daß ein alter Fliegenfänger seinem vollständig
erwachsenen Jungen eine grüne Spinner-raupe brachte.
Dieser ergriff die Raupe an einem Ende, war aber
nicht imstande, sie in den Schlund zu bringen und
legte sie daher auf dem Aste nieder. Als der alte
Vogel diese Ungeschicklichkeit seines Sprößlings
bemerkte, faßte er die Raupe aufs neue in der Mitte
und steckte sie dann dem sperrenden Burschen tief in
den Schnabel.
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Gustav Wolf schreibt 1925 und 1928: |
Sicherlich gehört der graue Fliegenschnäpper
nicht zu den Vögeln, die der Kultur weichen. Hieraus
erklärt sich auch seine allgemeine Verbreitung und
das zahlreiche Vorkommen. Er ist wohl einer unserer
häufigsten Sommer-vögel, der sich sowohl inmitten
der Häusermeere der Städte als auch im lichten Walde
heimisch fühlt. Anfang Mai trifft der Vogel bei uns
ein. Aus meinem Tagebuche möchte ich folgende
Ankunftsdaten mitteilen: 1914 am 3. Mai, 1915 am 5.;
1916 am 2., 1917 am 3., 1918 am 5. und 1919 am 9.
Mai. Am 18. Mai 1919 hatte ein Pärchen bereits ein
fertiges Nest in einer Berlepschen Nisthöhle. Sein
Nest steht häufig in Weinspalieren, auf
Balken-köpfen, in Veranden, Mauerlöchern, aber auch
an dicken Bäumen und selbst auf Zweigen. Seine
geringe Scheu gestattet die eingehenste Beobachtung
beim Futtergeschäft als auch bei der Kerbtierjagd.
Nach dem Flügge-werden der 2. Brut sieht man die
Jungvögel überall auf Einfriedungen und trockenen
Ästen umhersitzen. Kämen nicht vielleicht eine
Menge dieser Vögel auf der Reise oder Winterherberge
um, müßte die Vermehrung eine ganz bedeutende sein. |
Der graue Fliegenfänger, obgleich an sich
Halbhöhlenbrüter, hat es vielfach verstanden, sich
den bestehenden Verhältnissen anzupassen. In
Spalieren am Hause, auf Balkenköpfen, in
Mauerlöchern errichtet er mindestens ebenso ein Nest
wie in Baumhöhlungen. Daß er aber auch auf oft
sonderbare Nistplätze verfällt, ist wiederholt
beobachtet und geschildert worden. Selbst völlig
freistehende Nester an dicken Bäumen und auf
knorrigen Ästen sind mir zu Gesicht gekommen. Ebenso
ist wiederholt festgestellt, daß der graue
Fliegenfänger nicht nur in Veranden, sondern auch in den in
Veranden hängenden Ampeln nistet. Zweimal beobachtete ich
jetzt ein Pärchen, das sein Nest in Blumentöpfen errichtet
hatte. Einmal handelte es sich um einen Blumentopf, der auf
der Brüstung einer Veranda stand, und ein andermal um ein
Gelege in einer auf einem Balkon hängenden blühenden Primel.
Im ersten Falle wurde das Nest durch unachtsame Kinder
zerstört, im zweiten Falle sollen nach zuverlässigen
Berichten die Jungen glücklich ausgeflogen sein.
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Quellen: |
Abb. 1: Andrew Easton, Wikipedia. |
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Abb.
2: aus
Handbuch der Vögel Mitteleuropas. |
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Abb.
3 - 6 Klaus
Pumpenmeier. |
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Texte nach
Bezzel Einhard: Vögel. BLV Handbuch. 3. Auflage
(Sonderausgabe) München 2006, Seite 440f;
Glutz von Blotzheim, Urs
N.: Handbuch der Vögel Mitteleuropas. AULA-Verlag,
Wiesbaden, 1993, Band 13/I, Seite 35ff;
Grüneberg, C. und Autorengemeinschaft: Die Brutvögel
Nordrhein-Westfalens. NWO & LANUV (Hrsg.), LWL-Museum für
Naturkunde, Münster, 2013. |
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Schacht,
Heinrich: Die Vogelwelt des Teutoburger Waldes. Verlag
der Meyerschen Hofbuchhandlung (Max Staercke). Detmold 1931,
Seite 169ff. |
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Wolff, Gustav:
Die lippische Vogelwelt. Druck und Verlag: Kunstdruckerei
Dröge, Schötmar, o.D. |
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Wolff, Gustav:
Vögel am Nest. Herausgegeben von der Staatlichen Stelle
für Naturdenkmalpflege in Preußen. Verlag von J.
Neumann-Neudamm,1928. |
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