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Hohe Schlüsselblume (Primula elatior)

Systematik:

Klasse:
Dreifurchenpollen-
Zweikeimblättrige (Rosopsida)
Unterklasse:
Asternähnliche (Asteridae)
Ordnung:
Heidekrautartige (Ericales)
Familie:
Primelgewächse (Primulaceae)
Gattung:
Primeln (Primula)
Art:
Hohe Schlüsselblume
(Primula elatior L Hill)

 

Hohe- oder Wald-Schlüsselblume

Aufgeschnittene Blüte

Blütenunterschiede

Abbildung der Schlüsselblume in Otto Wilhelm Thomés „Flora von Deutschland, Österreich und der Schweiz“, das 1885 in Gera erschien.

 
 

Kleines Schlüsselblumen-Biotop.

Namenerklärung:
Lat. primula ist die Verkleinerungsform von lat. primus, der Erste. Der Artname lat. elatior heißt soviel wie die höhere, was im Gegensatz zur Wiesen-Schlüsselblume zu sehen ist, die nicht so hoch wächst.
Sowohl die Hohe als auch die Wiesen-Schlüsselblume erfreuten sich großer Beliebtheit. Im Volksmund hat sie eine ganze Reihe anderer Namen bekommen: Wald-Schlüsselblume, Himmelsschlüssel. Weil sie in kleinen Horsten wächst, glaubte man, darin ein Ähnlichkeit mit einem Schlüsselbund zu sehen, was ihr diesen deutschen Namen eingebracht hat.

Vorkommen:
Bereits im zeitigen Frühjahr ist die Hohe Schlüsselblume bei uns zu finden. Sie wächst auf  feuchten, nährstoffreichen, krautigen Wiesen,. in Auwäldern und hellen halbschattigen Laubwäldern. Ihr großes Verbreitungsgebiet reicht von Europa bis ins östliche Asien. In den Bergen klettert sie bis in Höhen von 2500 m. In Deutschland erstreckt sich ihr Verbreitungsgebiet von Mitteldeutschland bis Süddeutschland. In Norddeutschland (Tiefland) kommt sie fast nicht vor.

Vorkommen in Wüsten:
Bisher wurde sie nur in wenigen Exemplaren in der Waldemeine und in der Nähe des Hühnerwiems bemerkt. Der frühere größere Bestand kann durch Veränderung des Biotops, aber auch durch Ausgrabung stark dezimiert worden sein.

Blüten:
Die 5 Kronblätter sind flach ausgebreitet und blassgelb, während sie bei der Wiesen-Schlüsselblume dottergelb sind und  sich halbkugelig Zusammen-neigen. Die Hohe Schlüsselblume sichert sich die Fremdbestäubung durch Heterostylie:
Von der jeweils selben Art kommen nebeneinander 2 Formen vor (siehe Grafik), die sich durch die Länge des Griffels und die Anordnung der Staubblätter unterscheiden. Bei der Form mit dem langen Griffel erscheint die Narbe im Eingang der Kronröhre. Die fünf Staubblätter sind in der halben Höhe der Kronröhre eingefügt. Die 2. Form hat einen kurzen Griffel, dessen Narbe etwa die Hälfte der Kronröhre erreicht, wobei die 5 Staubblätter am Eingang der Kronröhre angeordnet sind. Der lange Griffel hat lange Papillen, zwischen die die großen Pollenkörner der kurzgriffeligen Form passen. Umgekehrt bilden die tiefsitzenden Staubblätter der langgriffeligen Form Pollenkörner, die noch nicht einmal halb so groß sind wie die der Pflanze mit kurzem Griffel. Der wiederum hat Papillen, die nur ein Fünftel der Länge jener der anderen Form erreichen. Daraus ergibt sich eine Selbstinkompatibilität bei den Blüten.
Als Mittel zum Anlocken der Bestäuber dient neben der Farbe und dem bei dieser Art sehr schwachen Duft Nektar, der am Grund des Fruchtknotens ausgeschieden wird. Nur Insekten mit einem langen Rüssel, also Hummeln, Schwebfliegen und Schmetterlinge, können ihn erreichen.

Bei Bienen kann man manchmal beobachten, dass sie die Kronröhre von außen aufbeißen um an den Nektar zu kommen.

Früchte:
Die Pflanze gehört zu den so genannten „Austrocknungsstreuern“. Die Frucht ist eine kleine Kapsel, die sich bei trockenem Wetter zurückrollt, so dass die Samen ausgestreut werden. Bei feuchtem Wetter krümmen sich die Kapselzähne wieder nach innen und verschließen die Kapseln.

Ausbreitungsstrategie:
Bedingt durch die nicht sehr große Streuwirkung bilden sich kleine Horste. Größere Entfernungen werden nur mit Hilfe des Windes erreicht.

Gefährdung:
Bereits seit 1999 steht die Hohe Schlüsselblume für NRW auf der Vorwarnliste. Besonders gefährdet ist sie im Tiefland. Auch in den meisten europäischen Ländern steht sie mittlerweile auf der Roten Liste und ist besonders geschützt. Sie ist eine beliebte Heilpflanze, die wild gesammelt wird. Da sie für die Pharmaindustrie noch nicht im größeren Stil angebaut wird, gehen die Bestände immer weiter zurück. Besonders in den südlichen Mittelmeerländern wird sie wegen der niedrigen Rohdrogenpreise und der großen Handelsmengen rücksichtslos gesammelt.
Die Pflanze dient u.a. auch den Raupen der gefährdeten Schmetterlingsarten Perlbinde und Schlüsselblumen-Würfelfalter als Futterpflanze.

Verwendung in der Pflanzenheilkunde:
Es werden die Blüten und die Wurzeln verwendet.
Die Blüten
werden als mildes Expectorans (auswurfförderndes Mittel) und Sekretolytikum (Schleimlöser) bei Husten und Erkältung genutzt. Auch zur Entwässerung werden Schlüsselblumenblüten eingesetzt (Tee).
Die Wurzeln
werden ebenfalls wie die Blüten in Arzneien zur Bekämpfung von Erkältungskrankheiten genutzt. Abhusten bei Bronchitis, Katarrhen der Atemwege usw. In der Volksmedizin wird die Primelwurzel auch bei Asthma, Gicht und neuralgischen Beschwerden eingesetzt. Außerdem wirkt die Wurzel leicht harntreibend und abführend. Bei einer Überdosierung ist mit Brechreiz, Übelkeit und Durchfall zu rechnen.

Die Hohe Schlüsselblume im Aberglauben:
Da in früherer Zeit noch kein Differenzierung der zwei Arten stattfand, gilt vieles für beide Arten:
Im Mittelalter galt die Schlüsselblume als magischer Schlüssel zum Heben verborgener Schätze. Einer Legende nach soll ein Jüngling, der mit einem von Geistern gefertigten goldenen Schlüssel die Himmelspforte öffnen wollte, zur Erde herabgestürzt sein. Als er erwachte, war der Schlüssel zur Blume geworden.


Quellen: Oberdorfer, E: Pflanzensoziologische Exkursionsflora für Deutschland und angrenzende Gebiete. 
  Rothmaler, W. (Hrsg.): Exkursionsflora von Deutschland. Bd. 4
  Meier-Böke, August: Flora von Lippe. (Sonderveröffentlichungen des Naturwissenschaftlichen und Historischen Vereins für das Land Lippe, Bd. 29).
  Düll, R. / H. Kutzelnigg: Botanisch-ökologisches Exkursionstaschenbuch, Rote Liste der gefährdeten Pflanzen und Tiere 3.Fassung.
  Freitag, Helmut Dr.: Wiesenblumen und Ackerblumen. Chr. Belser Verlag, Stuttgart, 1966.
  Haustein, Erik: Botanisches Wörterbuch. Lehrmeister-Bücherei, Nr. 903. Minden 1969.
  Heß, Dieter: Die Blüte. Ulmer Verlag 1983.
  Weberling, Focko: Morphologie der Blüten und der Blütenstände. Stuttgart, Eugen Ulmer 1981
  www.wikipedia.org 
  www.natur-lexikon.com
Text: Rolf Dieringer, Landschaftswart in Bad Salzuflen
Fotos: Rolf Dieringer, Landschaftswart in Bad Salzuflen
Dank: Dank an Peter Ulrich Heuer, Naturfotograf, für die Bearbeitung der Fotos und der Durchsicht des Textes.