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Das Wüstener Wappen

Am 26. Juni 1961 wurde vom Innenminister des Landes Nordrhein-Westfalen
der Gemeinde Wüsten ein Wappen verliehen.

Geschichtlicher Rückblick

"Unter Wappen versteht man nach bestimmten Regeln mit Farben und Zeichen versehene Schilde.
Sie stammen aus einer Zeit, in der die Ritter Schilde führten und durch ihre das Gesicht verdeckenden Helme so unkenntlich wurden, daß es zur Kenntlichmachung anderer Mittel bedurfte. Wäre es dabei geblieben, so wäre diese Mode mit dem Rittertum verschwunden. Das geschah aber nicht, weil diese schmückenden Symbole sich trefflich dazu eigneten, Besitz und Herrschaft des Wappeninhabers zu kennzeichnen. Das traf insbesondere auch für den hohen Adel zu, und so sind im Laufe der Zeit die Wappen der landesherrlichen Familien zu Staats- und Landeswappen geworden, z.B. die Rose der Edelherrn zur Lippe zum Lippischen Landeswappen."
[1] 

Städte, Stände, niederer Adel und Bürger übernahmen schon bald diese Symbole und schufen eigene Wappen. Beliebtes Motiv der Städte war eine symbolische Darstellung einer Stadt mit Mauern, Türmen und Tor und dazu das Wappen des Landesherrn.


Drei Beispele altlippischer Städte-Wappen.[2]

Seit Anfang der 1950er Jahre ließen vermehrt auch die lippischen Gemeinden Wappen entwerfen. Sie wurden vom Regierungspräsidenten in Detmold genehmigt und vom Innenminister des Landes Nordrhein-Westfalen verliehen.
Das Wappenrecht in NRW beruhte jetzt auf § 11 der Gemeindeordnung vom 21./28. Oktober 1952

Das Wappenrecht der Gemeinden

"1.

Nach Absatz 1 ist jede Gemeinde zur Führung eines Dienstsiegels verpflichtet. ...

2.

Für die Verleihung und Änderung von Wappen werden folgende Richtlinien gegeben

 

a)

Die Wappen der Gemeinde dürfen in Ihrer äußeren Form und Anlage nicht gegen solche Regeln der Wappenkunde verstoßen, die auf historischen, künstlerischen und praktischen Gesichtspunkten beruhen (Bedeutung, Einfachheit, Klarheit, Übersichtlichkeit). Das schließt jedoch nicht aus, daß an Stelle alter Symbole auch solche Formen und Bilder verwendet werden, die der modernen Umwelt entlehnt, gemeinverständlich und für die betreffende Gemeinde charakteristisch sind. Das Wappen des Bundes, des Landes oder von Gemeindeverbänden darf im Gemeindewappen nicht verwendet werden.

 

b)

Den Gemeinden wird empfohlen, sich vor der Aufstellung neuer oder der Änderung bestehender Wappen mit dem zuständigen Staatsarchiv in Verbindung zu setzen. Dieses wird auf Wunsch den Gemeinden geeignete Künstler namhaft zu machen, die die Aufstellung einwandfreier Entwürfe gewährleisten

 

c)

Vor der Verleihung oder Änderung eines Gemeinde-wappens ist in jedem Fall dem zuständigen Staatsarchiv Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben. Die Stellungnahme wird durch die obere Aufsichtsbehörde, bei kreisfreien Städten durch den Regierungspräsidenten, eingeholt. Nach Verleihung des Wappens werden dem zuständigen Staatsarchiv zwei farbige Abbildungen übersandt

3.

Soweit Gemeinden das Recht zur Wappenführung besitzen, sind sie ohne weiteres berechtigt, ihr Wappen auch im Dienstsiegel zu führen. Soweit Gemeinden das Recht zur Wappenführung nicht besitzen, gelten für die Verleihung und Änderung besonders ausgestalteter Dienstsiegel die gleichen Vorschriften wie für die Verleihung und Änderung von Wappen.

4.

Eine eigene Flagge soll einer Gemeinde nur verliehen werden, wenn sie das Recht zur Wappenführung besitzt. In diesen Fällen kann eine Gemeindeflagge in Farben verliehen werden, die den Wappenfarben entsprechen."[3]

"Das gemeindliche Dienstsiegel wird als Prägesiegel, Siegelmarke oder Farbdruckstempel (aus Metall oder Gummi) benutzt. Die Dienstsiegel sind kreisrund, haben einen Durchmesser von 3½ cm und führen die Beschriftung als Umschrift, wobei aus künstlerischen Gründen die Umschrift gegen das innere Siegelfeld durch eine Rundlinie abgegrenzt werden kann. Die Beschriftung lautet "Gemeinde N.", oder "Stadt N.". Zulässig ist die Angabe des Kreises hinter dem Namen der Gemeinde und bei ungünstig kurzen Gemeindenamen im Einzelfall auch die Form: "Siegel der Gemeinde N." Unzulässig ist dagegen die Angabe der einzelnen siegelführenden Stelle, wie etwa "Der Bürgermeister", Die Gemeindekasse" usw. ..."[4]

Die vorstehenden Bestimmungen des Wappenrechts der Gemeinden waren nun die Grundlage, auf der die Gemeinde Wüsten im Februar 1961 ein Wappen und eine Änderung des Dienstsiegels beantragte.


Ein eigenes Wappen ist ein schmückendes Symbol der Gemeindebürgerschaft und geeignet, das Zusammengehörigkeitsgefühl und den Stolz auf die eigene Geschichte und Sonderart zu wecken und zu festigen.

                                                          Erich Kittel

Sprießender Eichenstumpf und Lippische Rose

Der Gedanke, Wüsten und den Wüstener Bürgern ein Wappen zu geben, muss schon längere Zeit in den Köpfen der Wüstener Ratsherren geschwelt haben, denn es lagen seit einiger Zeit Entwürfe vor.
Als sie am Freitagabend, den 10. Februar 1961, zu einer Ratssitzung zusammenkamen, war die Beantragung eines Wappens und eines Dienstsiegels der erste, und auch wohl der wichtigste Tagesordnungspunkt.
Aber lassen wir das Protokoll selbst sprechen, von dem eine Abschrift erhalten geblieben ist:

"Niederschrift
über die öffentliche Sitzung des Rates vom 10. Februar 1961, 20.00 Uhr im Gemeindebüro.

Anwesend:
1.) Bürgermeister Rauchschwalbe
2.) Gemeindedirektor Brinkmeier als Schriftführer
3.) Ratsmitglied Schwarze
4.) '' Linnemann
5.) '' Sundermann
6.) '' Hanke
7.) '' Sievert
8.) '' Brokmeier
9.) '' Herde

Entschuldigt fehlten die Ratsmitglieder Sprick und Güse, unentschuldigt das Ratsmitglied Klocke.

Um 20.00 Uhr wurde die öffentliche Sitzung durch Bürgermeister Rauchschwalbe eröffnet. Es wurde Beschluß-fähigkeit festgestellt und die Tagesordnung bekanntgegeben.

Punkt 1:
Beratung und Beschlußfassung über die Einführung eines Wappens und die Einführung eines Dienstsiegels

a)

 

Zu den bisherigen Entwürfen wurde ein weiterer Entwurf durch Herrn Kurt Herold aus Detmold eingereicht und zwar auf Grund einer Rücksprache mit dem Landesarchiv.
Im Laufe der Beratung wurden nachstehende Anträge gestellt.

  aa)

Ratsmitglied Sievert stellte den Antrag, den neuen Entwurf, der durch Herrn Herold eingereicht wurde, anzunehmen.

  bb)

Ratsmitglied und stellvertr. Bürgermeister Linnemann stellte den Antrag den bisherigen Entwurf II (Eingereicht vor Jahren durch Herrn Günter) anzunehmen.

 

Mit 7 gegen 1 Stimme wurde der Antrag des Ratsmitgliedes Sievert angenommen. Der Antrag des Ratsmitgliedes und stellvertr. Bürgermeisters Linnemann erhielt eine Stimme.

b)

Mit 7 Stimmen bei 1 Stimmenthaltung wurde beschlossen, Herrn Herold aus Detmold den Auftrag zur Fertigung der entsprechenden Ausfertigungen zu erteilen. Die entstehenden Kosten sollen außerplanmäßig verausgabt und in einem späteren Nachtragshaushaltsplan aufgenommen werden.

pp.       Gemeindeverwaltung            Wüsten, den 12. April 1961

Die Richtigkeit der vorstehenden Abschrift wird hiermit beglaubigt. -  Dienstsiegel - Rauchschwalbe

Aus dem Ratsprotokoll geht hervor, dass wenigstens zwei Entwürfe zur Entscheidung vorlagen. Der "vor Jahren durch Herrn Günther"[6] eingereichte Entwurf und ein Entwurf von Herrn Herold[7], der schließlich zum Wüstener Wappen führte. Trotz intensiver Recherche, konnten diese Entwürfe nicht ausfindig gemacht werden. Sie sind wohl bei oder nach der Eingemeindung verloren gegangen.

Das Staatsarchiv in Detmold hatte eine Expertise abzugeben. Herr Dr. Kittel[8] schreibt am 14. April 1961:

"Betr.: Wappen und Siegel der Gemeinde Wüsten.
Gegen die anliegend zurückgegebenen Entwürfe bestehen keine Bedenken.

Wappenbeschreibung:
In Blau über silbernem, mit der roten lippischen Rose belegten Schildfuß ein goldener bewurzelter Eichenstubben, der neue Blätter und Früchte treibt.

Wappenbegründung:
Die "Woiste" war ein zum Amt Varenholz gehörender, Anfang des 16. Jh. durch regelloses Holzhauen verwüsteter Waldbezirk, über den die Aufsicht der Stadt Salzuflen von Graf Simon V. (1511 bis 1536) übertragen wurde. Unter Graf Bernhard VIII. (1536 bis 1563) begann der allmähliche Aufbau des Dorfes Wüsten. Das Wappen versinnbildlicht diese Entstehung einer neuen lippischen Siedlung aus abgeholztem Waldgebiet.

gez. Kittel [9]                    

Der Innenminister des Landes Nordrhein-Westfalen hat daraufhin durch Urkunde vom 26. Juni 1961 der Gemeinde Wüsten das Recht verliehen, ein Wappen und Siegel zu führen.[10] Die Verleihung wurde im Regierungsamtsblatt veröffentlicht. Damit war nun alles amtlich und die Gemeinde Wüsten hatte ein eigenes Wappen, das dann allerdings nur bis 1968, bis zur Bildung der Großgemeinde Gültigkeit hatte.

Wenn auch das ehemalige Wüstener Gemeindewappen seinen offiziellen Charakter verloren hat, so ist es doch immer noch ein Bindeglied für die Bürger des Ortsteils Wüsten in der Großgemeinde Bad Salzuflen. Vereine zeigen das Wappen auf Festschriften, z.T. auf ihren Briefköpfen und an besonderen Tagen leuchtet die gelb-rote lippische Flagge mit dem Wüstener Wappen in der Mitte an manchem Haus. Weithin sichtbar ist das Wappen - wenn auch ein wenig farbverändert - auf dem "Zunftbaum" in der Orts(teil)mitte.


Danksagung: Einen besonderen Dank möchte ich unserem ehemaligen Gemeindedirektor Herrn August Brinkmeier sagen, der mir manchen hilfreichen Rat zu dieser Arbeit über unser Wappen gegeben hat. Dank an Herrn Franz Meyer, Leiter des Stadtarchivs Bad Salzuflen, der mir die einschlägige Literatur über die lippischen Wappen zugänglich machte und an Herrn Thorsten Frigge, Herosdruck, der mir Film- und Druckunterlagen für die Abbildung unseres Wappens zur Verfügung stellte.
Quellen: [1] Kittel, Erich: Neue lippische Gemeindewappen. Die Vorschriften über Wappenverleihung. Aus: Lippischer Dorfkalender 1954. Detmold. S. 72.
  [2] Kittel, Erich: Die Wappen und Siegel der Gemeinden. Repräsentative Symbole der Heimat. Aus: Lippische Heimat Erhaltung und Gestaltung. 31. Jahrbuch des Lippischen Heimatbundes für das Jahr 1954. Detmold, 1955, S. 53
  [3] Dorfkalender 1954, S. 74-75
  [4] Dorfkalender 1954, S. 75
  [5] Staatsarchiv Detmold (StaD), D1 11181, Seite 383
  [6] Fritz Günther, Detmold, Werrestraße 4, Lithograph, Schriftzeichner, Graphiker. * 20. Juni 1875 in Hiddesen.
  [7] Kurt Herold, Detmold, Maler. * 8. Mai 1906
  [8] Erich Kittel, Dr. phil., Staatsarchiv-Direktor. * 30. Dezember 1902 Budweis, † 19. August 1974 Detmold.
  [9] StaD, D1 11181, Seite 384
  [10] StaD, D1 11181, S. 386 und 387