Geschichtlicher
Rückblick |
"Unter Wappen versteht man nach
bestimmten Regeln mit Farben und Zeichen versehene
Schilde.
Sie stammen aus einer Zeit, in der die Ritter
Schilde führten und durch ihre das Gesicht
verdeckenden Helme so unkenntlich wurden, daß es zur
Kenntlichmachung anderer Mittel bedurfte. Wäre es
dabei geblieben, so wäre diese Mode mit dem
Rittertum verschwunden. Das geschah aber nicht, weil
diese schmückenden Symbole sich trefflich dazu
eigneten, Besitz und Herrschaft des Wappeninhabers
zu kennzeichnen. Das traf insbesondere auch für den
hohen Adel zu, und so sind im Laufe der Zeit die
Wappen der landesherrlichen Familien zu Staats- und
Landeswappen geworden, z.B. die Rose der Edelherrn
zur Lippe zum Lippischen Landeswappen."[1]
|
Städte, Stände, niederer
Adel und Bürger übernahmen schon bald diese Symbole
und schufen eigene Wappen.
Beliebtes Motiv der Städte war eine symbolische
Darstellung einer Stadt mit Mauern, Türmen und Tor
und dazu das Wappen des Landesherrn. |

Drei Beispele
altlippischer Städte-Wappen.[2] |
Seit Anfang der 1950er
Jahre ließen vermehrt auch die lippischen Gemeinden
Wappen entwerfen. Sie wurden vom
Regierungspräsidenten in Detmold genehmigt und vom
Innenminister des Landes Nordrhein-Westfalen
verliehen.
Das Wappenrecht in NRW beruhte jetzt auf § 11 der
Gemeindeordnung vom 21./28. Oktober 1952 |
Das Wappenrecht der
Gemeinden |
"1.
|
Nach Absatz 1 ist jede Gemeinde zur
Führung eines Dienstsiegels verpflichtet. ... |
2. |
Für die Verleihung und Änderung von
Wappen werden folgende Richtlinien gegeben |
|
a) |
Die Wappen der Gemeinde dürfen in
Ihrer äußeren Form und Anlage nicht gegen solche
Regeln der Wappenkunde verstoßen, die auf
historischen, künstlerischen und praktischen
Gesichtspunkten beruhen (Bedeutung, Einfachheit,
Klarheit, Übersichtlichkeit). Das schließt jedoch
nicht aus, daß an Stelle alter Symbole auch solche
Formen und Bilder verwendet werden, die der modernen
Umwelt entlehnt, gemeinverständlich und für die
betreffende Gemeinde charakteristisch sind. Das
Wappen des Bundes, des Landes oder von
Gemeindeverbänden darf im Gemeindewappen nicht
verwendet werden. |
|
b) |
Den
Gemeinden wird empfohlen, sich vor der Aufstellung
neuer oder der Änderung bestehender Wappen mit dem
zuständigen Staatsarchiv in Verbindung zu setzen.
Dieses wird auf Wunsch den Gemeinden geeignete Künstler
namhaft zu machen, die die Aufstellung einwandfreier
Entwürfe gewährleisten |
|
c) |
Vor der Verleihung oder Änderung
eines Gemeinde-wappens ist in jedem Fall dem
zuständigen Staatsarchiv Gelegenheit zur
Stellungnahme zu geben. Die Stellungnahme wird durch
die obere Aufsichtsbehörde, bei kreisfreien Städten
durch den Regierungspräsidenten, eingeholt. Nach
Verleihung des Wappens werden dem zuständigen
Staatsarchiv zwei farbige Abbildungen übersandt |
3. |
Soweit Gemeinden das Recht zur
Wappenführung besitzen, sind sie ohne weiteres
berechtigt, ihr Wappen auch im Dienstsiegel zu
führen. Soweit Gemeinden das Recht zur Wappenführung
nicht besitzen, gelten für die Verleihung und
Änderung besonders ausgestalteter Dienstsiegel die
gleichen Vorschriften wie für die Verleihung und
Änderung von Wappen. |
4. |
Eine eigene Flagge soll einer
Gemeinde nur verliehen werden, wenn sie das Recht
zur Wappenführung besitzt. In diesen Fällen kann
eine Gemeindeflagge in Farben verliehen werden, die
den Wappenfarben entsprechen."[3] |
"Das gemeindliche Dienstsiegel wird
als Prägesiegel, Siegelmarke oder Farbdruckstempel
(aus Metall oder Gummi) benutzt. Die Dienstsiegel
sind kreisrund, haben einen Durchmesser von 3½
cm und führen die Beschriftung als Umschrift, wobei
aus künstlerischen Gründen die Umschrift gegen das
innere Siegelfeld durch eine Rundlinie abgegrenzt
werden kann. Die Beschriftung lautet "Gemeinde N.",
oder "Stadt N.". Zulässig ist die Angabe des Kreises
hinter dem Namen der Gemeinde und bei ungünstig
kurzen Gemeindenamen im Einzelfall auch die Form:
"Siegel der Gemeinde N." Unzulässig ist dagegen die
Angabe der einzelnen siegelführenden Stelle, wie
etwa "Der Bürgermeister", Die Gemeindekasse" usw.
..."[4] |
Die vorstehenden
Bestimmungen des Wappenrechts der Gemeinden waren
nun die Grundlage, auf der die Gemeinde Wüsten im
Februar 1961 ein Wappen und eine Änderung des
Dienstsiegels beantragte. |
Ein eigenes Wappen ist ein
schmückendes Symbol der Gemeindebürgerschaft und
geeignet, das Zusammengehörigkeitsgefühl und den
Stolz auf die eigene Geschichte und Sonderart zu
wecken und zu festigen.
|
Erich Kittel |
|
Sprießender Eichenstumpf
und Lippische Rose |
Der Gedanke, Wüsten und
den Wüstener Bürgern ein Wappen zu geben, muss schon
längere Zeit in den Köpfen der Wüstener Ratsherren
geschwelt haben, denn es lagen seit einiger Zeit
Entwürfe vor.
Als sie am Freitagabend, den 10. Februar 1961, zu
einer Ratssitzung zusammenkamen, war
die Beantragung eines Wappens und eines
Dienstsiegels der erste, und auch
wohl der wichtigste Tagesordnungspunkt.
Aber lassen wir das Protokoll selbst sprechen, von
dem eine Abschrift erhalten geblieben ist: |
"Niederschrift
über die öffentliche Sitzung des Rates vom 10.
Februar 1961, 20.00 Uhr im Gemeindebüro. |
Anwesend: |
1.) |
Bürgermeister
Rauchschwalbe |
2.) |
Gemeindedirektor
Brinkmeier als Schriftführer |
3.) |
Ratsmitglied |
Schwarze |
4.) |
'' |
Linnemann |
5.) |
'' |
Sundermann |
6.) |
'' |
Hanke |
7.) |
'' |
Sievert |
8.) |
'' |
Brokmeier |
9.) |
'' |
Herde |
Entschuldigt fehlten die
Ratsmitglieder Sprick und Güse, unentschuldigt das
Ratsmitglied Klocke. |
Um 20.00 Uhr wurde die öffentliche
Sitzung durch Bürgermeister Rauchschwalbe eröffnet.
Es wurde Beschluß-fähigkeit festgestellt und die
Tagesordnung bekanntgegeben. |
Punkt 1:
Beratung und Beschlußfassung über die Einführung
eines Wappens und die Einführung eines Dienstsiegels |
a) |
|
Zu den
bisherigen Entwürfen wurde ein weiterer Entwurf
durch Herrn Kurt Herold aus Detmold eingereicht und
zwar auf Grund einer Rücksprache mit dem
Landesarchiv.
Im Laufe der Beratung wurden nachstehende Anträge
gestellt. |
|
aa) |
Ratsmitglied Sievert stellte den Antrag, den neuen
Entwurf, der durch Herrn Herold eingereicht wurde,
anzunehmen. |
|
bb) |
Ratsmitglied und stellvertr. Bürgermeister Linnemann
stellte den Antrag den bisherigen Entwurf II
(Eingereicht vor Jahren durch Herrn Günter)
anzunehmen. |
|
Mit 7
gegen 1 Stimme wurde der Antrag des Ratsmitgliedes
Sievert angenommen. Der Antrag des Ratsmitgliedes und stellvertr. Bürgermeisters Linnemann erhielt eine
Stimme. |
b) |
Mit 7
Stimmen bei 1 Stimmenthaltung wurde beschlossen,
Herrn Herold aus Detmold den Auftrag zur Fertigung
der entsprechenden Ausfertigungen zu erteilen. Die
entstehenden Kosten sollen außerplanmäßig verausgabt
und in einem späteren Nachtragshaushaltsplan
aufgenommen werden. |
pp.
Gemeindeverwaltung
Wüsten, den 12. April 1961 |
Die
Richtigkeit der vorstehenden Abschrift wird hiermit
beglaubigt. - Dienstsiegel -
Rauchschwalbe |
Aus dem Ratsprotokoll
geht hervor, dass wenigstens zwei Entwürfe zur
Entscheidung vorlagen. Der "vor Jahren durch Herrn
Günther"[6]
eingereichte Entwurf und ein Entwurf von Herrn Herold[7],
der schließlich zum Wüstener Wappen führte. Trotz
intensiver Recherche, konnten diese Entwürfe nicht
ausfindig gemacht werden. Sie sind wohl bei oder nach
der Eingemeindung verloren gegangen. |
Das Staatsarchiv in
Detmold hatte eine Expertise abzugeben. Herr Dr.
Kittel[8]
schreibt am 14. April
1961: |
"Betr.:
Wappen und Siegel der Gemeinde Wüsten.
Gegen die anliegend zurückgegebenen Entwürfe
bestehen keine Bedenken. |
Wappenbeschreibung:
In Blau über silbernem, mit der roten lippischen
Rose belegten Schildfuß ein goldener bewurzelter
Eichenstubben, der neue Blätter und Früchte treibt. |
Wappenbegründung:
Die "Woiste" war ein zum Amt Varenholz gehörender,
Anfang des 16. Jh. durch regelloses Holzhauen
verwüsteter Waldbezirk, über den die Aufsicht der
Stadt Salzuflen von Graf Simon V. (1511 bis 1536)
übertragen wurde. Unter Graf Bernhard VIII. (1536
bis 1563) begann der allmähliche Aufbau des Dorfes
Wüsten. Das Wappen versinnbildlicht diese Entstehung
einer neuen lippischen Siedlung aus abgeholztem
Waldgebiet. |
gez. Kittel [9]
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Der Innenminister des
Landes Nordrhein-Westfalen hat daraufhin durch
Urkunde vom 26. Juni 1961 der Gemeinde Wüsten das
Recht verliehen, ein Wappen und Siegel zu führen.[10]
Die Verleihung wurde im Regierungsamtsblatt
veröffentlicht. Damit war nun alles amtlich und die
Gemeinde Wüsten hatte ein eigenes Wappen, das dann
allerdings nur bis 1968, bis zur Bildung der Großgemeinde
Gültigkeit hatte. |
Wenn
auch das ehemalige Wüstener Gemeindewappen seinen
offiziellen Charakter verloren hat, so ist es doch
immer noch ein Bindeglied für die Bürger des
Ortsteils Wüsten in der Großgemeinde Bad Salzuflen.
Vereine zeigen das Wappen auf Festschriften, z.T.
auf ihren Briefköpfen und an besonderen Tagen
leuchtet die gelb-rote lippische Flagge mit dem Wüstener
Wappen in der Mitte an manchem Haus. Weithin sichtbar ist das
Wappen - wenn auch ein wenig farbverändert - auf dem
"Zunftbaum" in der Orts(teil)mitte. |
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