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Streifzüge durch das Amt Schötmar

In der Lippischen Landeszeitung wurde 1922 eine Artikelserie "Streifzüge durch das Amt Schötmar" veröffentlicht. Wenn auch nicht erwähnt, so werden diese Beiträge Pastor Butterweck aus Schötmar zugeschrieben. Nachstehend die Wanderung durch Wüsten.

     Meine Wanderungen durch das Amt Schötmar möchte ich schließen mit einem Streifzuge durch die Bauerschaft Wüsten (5. Juli 1922).

     Den Namen Wüsten führte sie ursprünglich nicht. Im 15. Jahrhundert nannte man einen Teil Hellerhausen, er bestand aus 6 [4] Höfen; "die Woiste" war dagegen ein "großer Wald", der sich über den größten Teil von dem heutigen Ober- und Unterwüsten erstreckte. Erst seit 1550 wurden nach und nach Kolonate dort angelegt, wo der Waldbestand von den Ufler Salzsiedern allmählich gelichtet wurde.

     Kirchlich gehörte Wüsten bis 1620 nach Schötmar, wo heute noch auf dem Kirchplatze die Wüstener Ecke gezeigt wird. Allgemein bekannt ist Schemmels Hof in Sundern. Eine dortige Scheune ist zu Anfang des dreißigjährigen Krieges erbaut und trägt die Inschrift: Anno1619 heft Bernd Schemmell und sine Ehelike Hußfrouwe Margarethe (Husemann?) düth Huß lothen buwen. Woe Godt vertruwet, Heth woll gebuwet.

Daß 1745 ein Johann Berndt Schemmel eine Anna Elisabeth Linnemann von der Bega zur Frau hatte, verrät uns eine Hausinschrift; ihr Motto lautetete:

     "Ich aber werde bleiben wie ein grüner Oelbaum im Hause Gottes, verlasse mich auf Gottes Güte immer und ewiglich. Psalm 52, Vers 10. Diesem Ehepaar scheint im Besitz des Hofes ein Johann Bartold Stuckmann aus Biemsen und eine Anna Ilsabein Grotegut um 1774 gefolgt zu sein. Um 1811 saß ein Johann Bartold Schemmel und eine Luise Charlotte Sparbrodt auf dem Hofe. Außer diesen Namen trägt eine Hausinschrift die Worte aus Sprüche Salomonis Kap. 24 Vers 4: "Durch ordentliches Haushalten werden die Kammern voll aller köstlichen, lieblichen Reichtümer."

     Auf dem Hofe Nr. 5 (Thiesmeier): Anno 1776, 6. Juli haben Johann Henrich Meyer und Anna Sophie Möllers dies Haus lassen bauen.
          Der Segen Gottes hat gemacht,
          Daß dieser Bau zu standt gebracht,
          Nun laß uns Herr zu deinem Ruhm
          Hier Wohnen als dein Eigentum.

     Daß man auf dem Buschhofe Nr. 31 in Unterwüsten an Cicero Gefallen fand, beweist die Hausinschrift: Amicus certus in re incerta cernitur = in der Not erkennt man einen gewissen Freund. – Woe Got vertruwet, der hat wohl gebuwet 1631. – – –

     In Wüsten fand ich noch den eigenartigen Spruch vor einem Hause:
          Und ob's gleich war dem Teufel
          Und aller Welt zuwider,
          So bist du es doch, Herr Jesu Christ,
          Der alle schlägt darnieder.

     Ebenso traf ich dort auf Nr. 19 [Sturhahn] die Mahnung:
          Wer in dis Haus will gahn,
          Der sage die Wahrheit und lat
          Die Agen (Augen) stan.
Anno 1633 Johann Hupol und Ilsabein Schupmann.

     Diese Auslese mag genügen!

     Auf dem Weg von der Loose nach Salzuflen liegt der sog. Schwaghof und nicht weit davon entfernt das Gut Steinbeck, beide Eigentum des Schloßhauptmann von Lengerke. Der erstere, früher Schwabedisser Hof genannt, war in früheren Zeiten ein Lehen der Abtei Herford. Um 1712 gehörten dazu 138 Scheffel Saatland, 35 Scheffel Wiesen, 54 Scheffel Waldung. Es war damals der einzige preußische Hof im Amte Schötmar und gehörte seit alter Zeit zu dem Ravensbergischen Amte Vlotho. Mehrere Versuche, ihn zu Anfang des 18. Jahrhunderts auszutauschen, scheiterten. Auf dem Hofe befindet sich eine sog. Bauernburg und der Spruch:
          Zieh Küh' und Pferde selber auf,
          Willst du ein rechter Bauer sein,
          Und traue nicht dem Pferdekauf;
          Dies Haus räumt Stallung dafür ein. 1827.
August Schwabedissen und Henriette Kronshagen aus Biemsen haben dieses Haus lassen bauen.

     "An dem Hause erkennt man, welch Sinnes der Herr ist," sagt Goethe in seiner Balade "Hermann und Dorothea". Dieses Dichterwort fällt mir ein auf meinem Heimwege. Er hat recht, der alte Menschenkenner: was unsere Vorfahren empfanden, was ihr Herz bewegte, dem haben sie oft Ausdruck verliehen in einer Hausinschrift. Es scheint mir daher ein Akt der Pietät zu sein, diese Inschriften zu erhalten und aufzufrischen. Besonders leuchtet uns das starke Gottvertrauen aus den Inschriften entgegen. Möchte dieses auch unser Eigentum und unser persönliches Besitztum wieder werden.


Quellen: Dank an Herrn Harald Deppe, der mir diesen Zeitungsartikel zugänglich machte.
  Streifzüge durch das Amt Schötmar. Aus Lippische Landes-Zeitung, Detmold, 2. November 1922.