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Neuordnung der Parochien
Transkribiert von Axel F. Wilke. |
Gehorsamster Bericht des
Pastors Meyer zu Wüsten die Parochial-Verordnung vom 7.
Octobr. 1857 betr. |
An Hochfürstliches Consistorium. |
In Folge der im Regierungsblatt veröffentlichen verehrl.
Aufforderung Hochfürstlichen Constorii vom 25. Jan. cur.
Berichtet der Unterzeichnete gehorsamst folgendermaßen. |
Am 23. Decbr. 1857 erschien bei
Unterz. der Bauerrichter Meise zu Oberwüsten, Mitglied der
‚neuen evangel. Gemeinde‘, und reichte für sich und 22
andere mit unterschriebene Mitglieder derselben Gemeinde die
schriftliche Erklärung ein: daß sie jetzt Lutheraner seien
und der künftigen Lutherischen Parochie Eikhof, vorläufig
aber der Lutherischen Parochie St. Nicolai zu Lemgo
angehören wollten. |
Da sich in diesem Namensverzeichniß sieben Personen
befanden, welchen es als Witwe oder unselbständigen Kindern
oder Knechten nach dem Gesetzte nicht zustand, ihre Parochie
zu wechseln, so richtete Unterz. unterm 28. Decbr. 1857 an
Hochfürstl. Consistoirum eine gehorsamste Anfrage, worin er
verschiedene Erläuterungen der Parochial-Verordnung sich
erbat. |
Hochfürstliches Consistorium
rescribirte unterm 11. Jan. cur. und verwies den Unterz. auf
„aufmerksame Betrachtung der gesetzlichen Bestimmungen“ mit
der Bemerkung, daß bei etwa noch übrig bleibenden Zweifeln
die genaue Angabe des einzelnen Falles erwartet werde. |
Hierauf ließ Unterz. oben genannten Bauerrichter Meise zu
sich bescheiden und erklärte demselben am 22. Jan. unter
genauester Bezugnahme auf die betreffenden Pragraphen der
Parochial-Verordnung, daß jenes vorn ihm eingereichte
Namensverzeichniß mit dem Gesetze nicht in Einklange stehe,
weil es sieben Personen enthalte, welche wohl die Confession,
nicht aber die Parochie zu wechseln befugt wären, welche
daher, trotz ihrer lutherischen Confession, dennoch für
jetzt noch Kirchspielsgenossen zu Wüsten bleiben müßten.
Bauerrichter M. schien von der Richtigkeit dieses Nachweises
überzeugt zu sein, wollte aber doch nicht das ungesetzmäßige
Namensverzeichniß zurücknehmen, sondern wünschte, daß es an
Pastor Kähler eingesandt werde. Worauf ihm Unterz.
erwiederte, er dürfe und wolle nicht Mitglieder seiner
Parochie einem andern Parochus überweisen, er erwarte
vielmehr die Einreichung eines berichtigten Verzeichnisses.
Zugleich übersandte er zwei Tage später, unterm 24. Jan.,
und sondann abermals unterm 1. Febr., dem Bauerrichter M.
die beiden nachfolgenden schriftlichen Erklärungen. |
Am 24. Jan.
„Ich halte für gut, was ich vorgestern Ihnen mündlich aus
einander setzte, Ihnen heute auch schriftlich zu sagen. Ich
bin nicht im Stande, die unterm 23. Decbr. praet. von Ihnen
bei mir eingereichte Liste an den Pastor Kähler abzusenden,
weil dieselbe ungesetzmäßig ist, wie ich Ihnen das im
Einzelnen nachgewiesen haben. Will man mich in den Stande
setzten, die Sendung an Past. Kähler wirklich auszuführen,
so muß eine gesetzmäßige Liste bei mir eingereicht
werden, welche übrigens wieder mit dem Datum des 23. Decbr.
versehen werden kann.“ |
Am 1. Febr.
„Es ist heute in meiner
Abwesenheit Plögers Knecht, Rott, hier gewesen und hat die
Absendung der von Ihnen bei mir eingereichten Liste dringend
gewünscht. Da ich aus Ihren Händen die nicht gesetzmäßige
Liste erhalten habe, so richte ich meine Antwort an Sie, und
wiederhole aufs bestimmteste dieselben Worte, die ich unterm
24. Jan. Ihnen geschrieben habe. Ich bin von meiner Behörde
auf aufmerksame Beachtung der gesetzlichen Bestimmungen
hingewiesen worden und finde in diesen klar und bestimmt
ausgesprochen, daß ‚die Pfarrgenossenschaft der
Familienglieder bestimmt wird nach der Pfarrgenossenschaft
des Mannes als Familienhauptes‘, so daß daher abhängige
Familienglieder wohl die Confession, nicht
aber die Parochie wechseln können. — Es ist meine
Pflicht, nur eine gesetzmäßige Liste abzusenden,
welche Sie daher bei mir einreichen wollen.“ |
Trotz dieser beiden Erklärungen ist bis heute die
Einreichung eines anderen, berichtigten Verzeichnisses
nicht erfolgt, und es verlautet nun, man wolle lieber
das Zustandekommen der Parochie Eikhof erst abwarten und das
interimistische Eintreten in die Parochie Lemgo umgehen. |
Inzwischen hat ein
Familienvater des genannten Verzeichnisses seinen Rücktritt
zur Parochie Wüsten erklären lassen, und ein anderer ist
gestorben, so daß jenes Verzeichniß nur noch 14
Familienväter enthält, welche zum Parochiewechsel berechtigt
sind und sämmtlich der Bauerschaft Oberwüsten angehören. Die
Namen derselben sind folgende: |
xxxxxx |
1. |
xxx |
Einlieger F. Plöger |
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2. |
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Neuwohner Meise, N. 71 |
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3. |
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Colon Hiltergerke, N. 62 |
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4. |
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Colon Kaspersmeier, N. 25 |
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5. |
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Colon Krumme, N. 40 |
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6. |
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Colon Segerbarthold, N. 7 |
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7. |
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Colon Güse, N. 19 zu Pillenbruch |
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8. |
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Lehrer Plöger, Besitzer der Colonate N. 74 u. N. 30 |
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9. |
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Einlieger Deppe |
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10. |
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Einlieger Eggertsnolte |
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11. |
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Einlieger Brune |
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12. |
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Einlieger Simon Brune |
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13. |
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Einlieger Fr. Plöger |
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14. |
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Einlieger F. Plöger |
Außer diesen 14 zum Parochiewechsel berechtigten
Familienhäuptern enthält das Verzeichniß noch folgende
Namen, welche Unterz. für nicht berechtigt hält: |
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1. |
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Simon Remmert, der älteste Sohn und Anerbe des Colon Remmert
N. 49, etwa 30 Jahre alt, noch in völliger Kindesstellung
bei seinen Eltern, welche reformirte Mitglieder hiesiger
Gemeinde sind. |
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2. |
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Wilhelm Meise, ein vor etwa zwei Jahren von Cand. Priester
confirmirter Knabe, dessen Eltern reformirte Mitglieder
hiesiger Gemeinde. |
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3. |
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Wilhelmine Schuttmann, eine unverheiratete Nätherin, die in
hiesiger Gemeinde keinen eigenen Herd hat, sondern seit
Jahren im Kirchspiel Talle sich aufgehalten haben soll. |
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4. |
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1. Charlotte
Gelhaus, ein vor drei Jahren durch Priester confirmirtes
Mädchen, deren Vater reformirt war und deren verwitwete
Mutter der hiesigen Gemeinde angehört.
(Dieses Mädchen, wie auch der Knabe sub 2 sind übrigens
darum bei Priester confirmirt worden, weil sie in die
lutherische Privatschule zu Hollenstein geschickt waren, die
ihrer Wohnung ganz nahe lag.) |
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5. |
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Bered Rott, ein Knecht, 40 Jahre alt, dessen noch lebender
Vater reformirtes Mitglied hiesiger Gemeinde. |
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6. |
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Einlieger-Witwe Kuhlenhölter, deren verstorbener Mann
reformirt war, die sich aber als Witwe der neuen evangel.
Gemeinde angeschlossen hat. |
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7. |
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Einlieger-Witwe Segerbarthold, deren verstorbener Mann der
Parochie Wüsten angehörte, aber an die neue evangel.
Gemeinde sich angeschlossen hatte. |
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Sollte Unterz. in der Zurückweisung dieser sieben Personen
vom Parochiewechsel irren, so bittet er um Zurechtweisung. |
Was nun die persönliche Stellung des Unterzeichneten
zu diesen jetzt lutherisch gewordenen Familien betrifft, so
hat er dieselben bei seinem Amtsantritt zu Wüsten als
Mitglieder der neuen evangel. Gemeinde vorgefunden, die
sämmtlich zur Zeit des Pastors Knoll übergetreten waren, und
außer diesen noch fünf andere angesehene Colonatsbesitzer,
welche aber gegenwärtig zur Landeskirche zurückgetreten
sind. Der Rücktritt dieser fünfe (worunter auch der bekannte
Jobstharde) zu unserer Gemeinde und Landeskirche mag es wohl
hauptsächlich bewirkt haben, daß der beabsichtigte
Parochiewechsel von jenen 14 schon früher der Gemeinde
entfremdeten Familien kein sonderliches Interesse erweckt,
so daß kaum davon geredet wird. Persönlich kann sich auch
der Unterz. nicht verletzt fühlen durch den
Confessionswechsel einiger Familien, die eigentlich nie zu
seiner Gemeinde gehörten. Freundlichen Verkehr hat er
dennoch mit den meisten dieser Familien halten können, und
persönliche Kränkungen sind niemals vorgekommen. |
Diese gewordenen — vielleicht mehr gemachten — Lutheraner
sind übrigens fast alle achtbare, gottesfürchtige Leute,
welche unter der früheren pfarramtlichen Leitung der
hiesigen Gemeinde sich unwohl fühlten und darum sich ihr
entzogen, allmählig aber in lutheranisierende Hände gerathen
sind. Zwei oder drei von ihnen haben jetzt wirklich ein
confessionelles Bewußtsein; andere halten wohl nur darum zu
Eikhof, weil sie ihrem Seelsorger Priester und ihrem Lehrer
Plöger nicht abfallen wollen; einzelne fühlen sich auch wohl
hauptsächlich durch ein separatistisches Gelüst gehalten.
Käme die Parochie Eikhof nicht zu Stande, so würde
jedenfalls die große Mehrzahl der genannten 14 Familien zur
Parochie Wüsten wieder zurückkehren. |
Seither hat Unterz. das Zustandekommen einer lutherischen
Parochie Eikhof als etwas Wünschenswerthes, als die
gesundeste Schlußentwicklung der einmal vorhandenen
Separation angesehen. Er ist aber in dieser Ansicht jetzt
schwankend geworden, im Hinblick auf die geringe Zahl der in
der Separation verharrenden Familien der hiesigen Gemeinde,
indem wirklich die bedeutendsten Persönlichkeiten der
Separation (darunter zwei Priester’sche Kirchenälteste und
ein Schulvorsteher) zur hiesigen reformirten Gemeinde wieder
zurückgekehrt sind. |
Wüsten, d. 8. Februar 1858 |
G. Meyer,
Pfarrer das. |
Verzeichniß
derjenigen Mitglieder der neuen evangelischen Gemeinde zu
Eikhof, welche unterm 23sten Decbr. v.J. ihren Entschluß,
sich der lutherischen Gemeinde anzuschließen, dem Herrn
Pastor Meyer in Wüsten schriftlich erklärt haben. |
Col. Meise Nr. 52 in Oberwüsten |
Col. Neuwohner Meise Nr. 71 das. |
Wilhelm Meise von Nr. 52 das |
Einl. Bernd Deppe das. |
Wilhelmine Schüttmann, Nätherinn das. |
Col. Krumme Nr. 40 das. |
Einl. Eggertsnolte bei Nr. 9 das. |
Col. Hiltegerke Nr. 62 das. |
Lehrer Plöger das (auch Besitzer von Nr. 30 u. 74
das.) |
Bernd Rott das. |
Einl. Friedrich Hollensteiner (Topehlen) bei Nr. 30
das. † den 2. Febr. 1858 |
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Einl. Simon Brune bei
Nr. 30 das. |
Col. Kaspersmeier Nr. 25 das. |
Einl. Friederich Brune
bei Nr. 25 das. |
Col. Segerbartold Nr. 7 das. |
Col. Kuhlenhölter Nr. 6 das. |
Einl. Witwe
Segerbartold bei Nr. 1 das. |
Einl. Friedrich Plöger
sen. bei Nr. 10 das. |
Einl. Friedrich Plöger jun. bei Nr. 76 das. |
Simon Remmert von Nr. 49 das. |
Charlotte Gelhaus bei Nr. 34 das. |
Col. Güse Nr. 19 zu Pillenbruch |
Einl. Witwe Kuhlenhölter bei Nr. 19 zu Pillenbruch |
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Die Richtigkeit des Verzeichniß bescheinigt der
Kirchenälteste: Meise |
Oberwüsten, den 5. Febr. 1858 |
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Quellen: |
Dank an Axel F.
Wilke, der die Konsistorialakten durcharbeitete, diese Briefe
fand, transkribierte und zur Verfügung stellte. |
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Archiv der Lippischen
Landeskirche. Konsistorialakten Nr. 222 [Parochianenwechsel
in den Gemeinden des hies. Landes, 1858] |
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ebd.
Namensliste, die der Bauerrichter Meise aufgestellt hat |
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