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Eine Grenzmarkierung auf der Loose

Radwege an unseren Landstraßen sind in. Von Exter (Vlotho) bis nach Bad Salzuflen ist an der Landstraße (auf Vlothoer Seite Detmolder Straße, auf Bad Salzufler Seite Extersche Straße) ein Radweg, z.T. im Bau, z.T. bereits fertiggestellt.
Bachläufe mussten durch Brückenerweiterung überwunden werden. So auch der Finnebach an der Loose. Von alters her die Grenze zwischen Lippe und Ravensberg, später Brandenburg, dann Preußen.1 Nach 1818 und der Abschaffung der Monarchien in Deutschland wurden Freistaaten gegründet, so auch der Freistaat Lippe2 und der Freistaat Preußen. Das Rinnsal Finnebach war nun ein Stück Grenze zwischen den beiden Freistaaten. Dieses wurde im Brückengeländer des Finnebaches dokumentiert, der hier auf der Loose von der besagten Landstraße und dem neuen Radweg überquert werden muss.

Brückengeländer mit Hinweisstein auf der Loose.
Freistaat Lippe
Freistaat Preus[ß]en Kreis Herford

Jetzt (April 2005) bei der Anlage des Radweges und der Verbreiterung der Brücke, wurde vom Tiefbauamt in Bad Salzuflen eine Konstruktion gewählt, die diesen Stein nicht mit einbezieht. Bauleiter Herr Drees ist der Ansicht, dass der Stein erst bei Straßenarbeiten Anfang der 1960er Jahre dort in Waschbeton-Manier eingebaut wurde. "Der Stein wird zum Bauhof transportiert, mit einer 'Flex' wird die Platte herausgeschnitten und irgendwo (?) wieder angebracht." so der Bauleiter Drees. 
Vieles aber deutet darauf hin, dass dieser Stein Mitte der 1920er Jahre angebracht wurde. Warum sollte in den 1960er Jahren noch auf die kurze Episode der Freistaaterei in Deitschland hingewiesen werden? Lippe und der angrenzende Teil von Preußen waren längst in dem Land Nordrhein-Westfalen verschmolzen. Stil und Schrift sind eindeutig den 1920er Jahren (Übergang vom Jugendstil zum Art déco) zuzuordnen. Dass 'Preusen' fälschlicherweise nur mit einem 'runden s' geschrieben wurde, macht den Stein nur noch interessanter.

Von Brennnesseln überwuchert liegt der Hinweisstein an der Böschung des Finnebaches.

 
Der Stein liegt nun achtlos von Brennnesseln überwuchert an der Bachböschung.
Wir werden sehen, welches Ergebnis meine Eingabe beim Leiter des Stadtarchivs, Herrn Franz Meyer, haben wird. In einer Fortsetzung wird hier darüber berichtet.

Das heutige Brückengeländer läßt die Integration des alten, aus den 1920er Jahren (!) stammenden Erinnerugsteins, nicht mehr zu.

Herr Franz Meyer, Leiter des Stadtarchivs und des Bädermuseums in Bad Salzuflen, schreibt nachstehende Zeilen:
"Die Steintafel mit den eingemeißelten Landesbezeichnungen "Freistaat Lippe" und "Freistaat Preußen", stammt, wie Sie ja selbst vermuteten, aus den 1920er Jahren. Dies ist schon wegen des Hinweises auf die beiden Freistaaten unstreitig. Sie sollte jeden Passanten darauf hinweisen, dass an dieser Stelle Lippe endet und Preußen beginnt (bzw. umgekehrt). Ob die Tafel einst als "offizielle" Grenzmarkierung, als Messpunkt, gedient hat, möchte ich allerdings mit einem großen Fragezeichen versehen. Nichtsdestotrotz ist die Tafel aber wegen ihres Inhalts und der Machart ein schützenswertes Kulturgut. Dies trifft aber in keinem Fall auf den Betonsockel zu, in den die Tafel eingelassen ist. Selbiger stammt nämlich in keinem Fall aus den 1920er Jahren. Meiner Einschätzung nach ist der Sockel in den 1960er Jahren entstanden, als die Schienentrasse der Kleinbahn entfernt und die Verrohrung des Baches erneuert worden ist.
Mit Herrn Drees habe ich vereinbart, dass die Steintafel nicht demontiert wird, sondern auf dem fachmännisch verkleinerten Betonsockel verbleibt und dann selbiger auf der Brücke fest verankert wird. Die Tafel wird dann wieder ihre ursprüngliche Funktion als "Grenzweiser" einnehmen können."
Für die von Herrn Meyer und Herrn Drees nach einem Ortstermin gefundene Lösung sollten wir sehr dankbar sein! Gilt es doch, die vorhandenen Zeugen unserer Geschichte, der Nachwelt zu erhalten.
Nachtrag:
Das kleine Kulturdenkmal auf der Loose steht wieder! 
Sehr fachmännisch wurde es im Sommer 2005 auf der Brücke über dem Finnebach wieder aufgestellt. Wenn der Stein durch Transport oder Bearbeitung auch etwas Schaden genommen hat, so tut das dem 'Kunstwerk' keinen Abbruch.
Dank an den Bauleiter von Bad Salzuflen Herrn Drees, der dafür Sorge getragen hat, dass der Stein, wenn auch in etwas veränderter Form, wieder seinen alten Platz einnimmt. Sollte mein obiger Aufruf dazu beigetragen haben, so würde mich das freuen.
 

 
Quellen: 1 1539 Grenzvertrag zwischen der Grafschaft Ravensberg und der Grafschaft Lippe.
2 Freistaat Lippe. Verfassung vom 21.Dezember 1920.